Der am Donnerstag präsentierte unabhängige Bericht zum Skandal rund um den US-Hedgefonds Archegos Capital Management stellt der Schweizer Grossbank Credit Suisse ein äusserst schlechtes Zeugnis aus. Was jetzt geschieht.
Wie es in der Untersuchung heisst, kam es im Prime-Services-Geschäft der Credit-Suisse-Investmentbank zu Versäumnissen bei der Steuerung der Risiken durch die erste und die zweite Verteidigungslinie.
Zudem stellt der Bericht fest, dass im gleichen Geschäftsbereich, die Kontrolle hinsichtlich Limitenüberschreitungen über beide Verteidigungslinien hinweg unzureichend war – aufgrund einer ungenügenden Erfüllung der Aufsichtspflichten in der Investment Bank.
Zehn Millionen Dokumente und Daten beschafft
Die vom CS-Verwaltungsrat in Auftrag gegebene Untersuchung erfolgte durch die New Yorker Anwaltskanzlei Paul, Weiss, Rifkind, Wharton & Garrison. Auslöser dafür war der Kollaps des US-Hedge-Fonds am 25. März 2021.
Im Rahmen der Überprüfung wurden mehr als 80 Interviews mit gegenwärtigen und ehemaligen Mitarbeitenden der CS geführt sowie über zehn Millionen Dokumente und weitere Daten beschafft.
Klare Ansage des Präsidenten
«Die Bank hat bereits eine Reihe entschiedener Massnahmen getroffen. Wir wollen eine von Verantwortung und Rechenschaftspflicht geprägte Unternehmenskultur entwickeln, in deren Rahmen die Mitarbeitenden grundsätzlich Risikomanager sind, klar wissen, was sie tun müssen, allfällige Bedenken eskalieren und für ihre Handlungen verantwortlich sind», sagte António Horta-Osório (Bild oben), Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse.
Unter der Leitung des «Tactical Crisis Committee» des Verwaltungsrats hat die Bank bereits verschiedene wichtige Empfehlungen umgesetzt. Dazu zählen mehrere Führungswechsel in der Investment Bank, darunter auch im Prime-Services-Geschäft, und die Einleitung der Rekrutierung von zusätzlichen Mitarbeitenden für die Risk-Funktion.
Risikobereitschaft gesenkt
Zudem wurden in den vergangenen Monaten sämtliche grossen gruppenweiten Risikopositionen überprüft sowie die Kontrollen hinsichtlich Limitenüberschreitungen und die Eskalationsanforderungen überarbeitet.
Darüber hinaus wurden mehrere Risiko-Governance-Gremien überprüft und verstärkt; zudem wurde die Risikobereitschaft in der gesamten Organisation gesenkt, wobei zusätzliche Anforderungen für die Genehmigung aller wesentlichen Transaktionen eingeführt wurden.
Überprüfung von Doppelfunktionen
Dadurch gelang es der Bank, die risikogewichteten Aktiven und die Leverage-Risikoposition im Prime-Services-Geschäft deutlich zu reduzieren und gleichzeitig die Margenanforderungen zu erhöhen; zudem wurden alle Hedge-Fonds-Kunden auf eine dynamische Margenhinterlegung umgestellt.
Ausserdem hat die Bank eine Überprüfung von Rollen mit Doppelfunktionen in Auftrag gegeben.
Insgesamt 23 Personen betroffen
Ein wesentlicher Aspekt der gesamten Überprüfung war die individuelle Rechenschaftspflicht; die anschliessend umgesetzten Massnahmen betrafen 23 Personen. Diese Massnahmen umfassten:
- die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (neun Personen)
- hohe finanzielle Einbussen von insgesamt rund 70 Millionen Dollar mittels Massnahmen zur Anpassung der Vergütung, darunter die Anwendung eines Malus von bis zu 100 % (Streichung ausstehender aufgeschobener Ansprüche)
- einige Rückforderungen (Rückzahlung von zuvor ausgeschütteten Beträgen)
Die Bank wird die impliziten und expliziten Auswirkungen der Archegos-Angelegenheit auf die Vergütung nach Abschluss des Geschäftsjahres im Vergütungsbericht vollumfänglich darlegen.
Aus der Untersuchung ging jedoch auch hervor, dass es sich hierbei nicht um eine Situation handelte, in der sich das Personal aus den Geschäfts- und Risk-Bereichen betrügerisches oder rechtswidriges Vorgehen oder böswilliges Verhalten zuschulden kommen liess.
- Der vollständige Bericht ist hier abrufbar.