Die Credit Suisse könnte bei der Neupositionierung Asset Managements viel weiter gehen als angekündigt. Wirft CEO Thomas Gottstein wegen des Greensill-Debakels eine über Jahre verfolgte Strategie über Bord?
Das Debakel um die geschlossenen Greensill-Fonds lässt die Credit Suisse (CS) nicht zur Ruhe kommen. Im Gegenteil: Am Montag erklärte Bankchef Thomas Gottstein gegenüber dem TV-Sender der Agentur «Bloomberg», dass die zweitgrösste Bank bei der Neupositionierung des Asset Management (CSAM) weitergehen könnte als bisher angekündigt. Der CS-CEO überlegt sich nämlich, ob die Fondssparte nicht in einer eigenen Holding abseits der Bank geführt werden könnte.
«Das Thema UBS ist nicht mal ein Thema»
Dies, nachdem Gottstein letzte Woche die Ausgliederung der Einheit aus der Internationalen Vermögensverwaltung (IWM) angekündigt hatte. Per 1. April wird das CSAM als eigene Division unter dem erfahrenen Grossbanker Ulrich Körner geführt. Dieser hat dem CS-Chef zufolge den Aufrag erhalten, die Sparte aufs «nächste Level» zu führen.
Wie dieses aussehen könnte, darüber darf mit dem Hinweis auf die Holding-Struktur eifrig spekuliert werden. Schon seit Monaten gehen Gerüchte, das Fondsgeschäft, dem die kritische Grösse nach wie vor fehlt und das nun mit Greensill ein gröberes Problem hat, verkauft werden könnte. Als Interessent dafür tauchte in diesen Spekulationen wiederholt die Schweizer Erzrivalin UBS auf; Gottstein sagte nun aber gegenüber «Bloomberg-TV», dass die UBS kein Thema sei.
Aktive Rolle in der Konsolidierung
Hingegen wolle die CS nach wie vor eine aktive Rolle in der Konsolidierung des europäischen Banking spielen. Das Augenmerk Gottsteins gilt dabei insbesondere Kaufgelegenheiten im Private Banking. Vom Fondsgeschäft sprach der Konzernchef in diesem Zusammenhang nicht. Wie aber das Beispiel der Deutschen Bank zeigt, die ihre Fondstochter DWS als separate Holding führt, schüren solche Strukturen immer wieder Verkaufsgerüchte.
Und nicht nur das. Marktbeobachter sprechen bereits davon, dass Gottstein wegen Greensill die über Jahre verfolgte Strategie der «One Bank» über Bord wirft: Das ist etwa die Meinung von John Hempton, dem Gründer von Bronte Capital – jenem australischen Hedgefonds, der im Zuge der Greensill-Turbulenzen dazu übergegangen ist, die CS-Aktie leer zu verkaufen.
Fatale Verstrickungen
Klar: als Leerverkäufer hat Hempton Interesse an schlechten Nachrichten rund um die Schweizer Grossbank. Dennoch regt sein Einwurf zum Nachdenken an. Die CS fördert die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Divisionen nach Kräften, gemäss ihrem Credo als selbsternannte «Unternehmerbank» bedienen Investmentbanking und Vermögensverwaltung reiche Entrepreneure aus einer Hand.
Diese Verflechtung hat sich im Fall von Greensill allerdings als fatal erwiesen: Die CS arbeitete mit dem australischen Financier Lex Greensill nicht nur im Fondsbereich zusammen, sondern vergab via Firmenkunden-Geschäft auch einen Kredit von 160 Millionen Dollar an dessen mittlerweile insolvente Finanzboutique Greensill Capital. Medienberichten zufolge soll Lex Greensill zudem selber Kunde des CS-Private-Banking gewesen sein. Vieles deutet zudem daraufhin, dass die Greensill-Fonds an die betuchte Klientel im IWM verkauft worden sind.
Kategorie Wunschdenken
Dass Greensill ein isoliertes Problem des CS Asset Management ist, wie Chef Gottstein nun gegenüber «Bloomberg-TV» behauptete, ist vor diesem Hintergrund wohl Wunschdenken.
Währenddessen hält der Fall die Grossbank weiter auf Trab. Wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, zeigen die CS-Banker offenbar mit dem Finger auf den weltgrössten Versicherungs-Broker Marsh & McLennan, der bei der Vergabe der Versicherungsschutzes für die Greensill-Fonds-Investments eine zentrale Rolle gespielt haben soll. Wie auch finews.ch berichtete, waren es Lücken in diesem Schutz, welche die Bank zur Schliessung der Fonds mit über 10 Milliarden Dollar an Vermögen zwangen.
Durchlässige Verteidigung?
Die kolportierte Untersuchung zu Marsh & McLennan sind Teil einer vom CS-Verwaltungsrat befohlenen internen Prüfung des Greensill-Debakels. Diese analysiert mit offenem Ausgang, ob «unsere erste und zweite Verteidigungslinie durchlässig waren», wie CEO Gottstein am Montag erklärte.
Damit ist wohl auch ans Risikomanagement des Instituts unter Chefin Lara Warner gemeint. Jedenfalls muss sich die CS die Frage gefallen lassen, ob bei der «One Bank» die eine Hand stets wusste, was die andere tat.