Die Credit Suisse hat im Asset Management zwölf katastrophale Monate hinter sich und büsst nun dafür. Ein Grund ist Corona. Ein anderer ist: Die Bank hat nach der Finanzkrise im Asset Management zu viele Risiken aufgebaut.
Das Greensill-Debakel der Credit Suisse (CS) hat weitere Fondsschliessungen zur Folge, wie auch finews.ch am Donnerstag berichtete. Davon sind weitere 1,2 Milliarden Franken Kundengelder betroffen.
Ein Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate und das CS Asset Management offenbaren einen katastrophalen Leistungsausweis: Die zum International Wealth Management (IWM) gehörende Einheit verlor im Vergleich zu 2019 ein Drittel ihrer Erträge und schrieb einen Verlust; die Schliessung der Greensill-Fonds und die finanziellen Folgen werden sich erst in den Ergebnissen von 2021 niederschlagen.
Häufung von Exits in einem Jahr
Der Rückblick zeigt auch eine auffällige Häufung von Exits und Produkteschliessungen: Im Mai schloss die CS relativ unbeachtet ihren sogenannten QT Fund, auf den die Bank einst grosse Stücke gehalten hatte. Aber quantitative Strategien hielten den Marktturbulenzen im Frühling 2020 nicht stand. Dies erfuhr auch die Simag, ein von der CS mitfinanziertes Quant-Startup in Zürich, das ebenfalls die Segel streichen musste.
Weiter schloss die CS einen Immobilienfonds, dann musste sie 1,4 Milliarden Dollar an Kapital im Bereich von Insurance Linked Securities (ILS) an Investoren zurückzahlen und auf ihrer Beteiligung am Hedgefonds York Capital einen Abschreiber von 450 Millionen Dollar vornehmen.
Beim ersten Standfestigkeitstest implodiert
Diese Häufung hat einen gemeinsamen Nenner, nämlich die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Marktverwerfungen. Ein vorläufiges Fazit ist ernüchternd: Hat das Asset Management in den Jahren der Bullenmärkte sehr gut performt und den Gewinnbeitrag stetig erhöht, ist es nun beim der ersten Standfestigkeitsprüfung am Implodieren.
Um die Gründe dafür zu finden, muss man einige Jahre zurückgehen – in die Zeit nach der Finanzkrise: Die Regulatoren hatten das globale Investmentbanking und die dünnen Kapitaldecken als Hauptgrund für die Finanzkrise ausgemacht und dementsprechend neue Einschränkungen und Vorschriften erlassen, um den latenten Risikohunger in der Finanzindustrie einzudämmen.
Immer haben die Investmentbanker das Sagen
Die Reaktion der Schweizer Grossbanken UBS und CS war exemplarisch: Erst die UBS und dann auch die CS fuhren ihre Investmentbank-Aktivitäten massiv herunter und fokussierten ihre Geschäftsmodelle auf die Vermögensverwaltung.
Die CS vollzog diesen strategischen Schritt zwar erst unter CEO Tidjane Thiam ab 2015. Doch im Asset Management der zweitgrössten Schweizer Bank hatte mit Eric Varvel weiterhin ein Investmentbanker das Sagen, wie dies in den zehn Jahren zuvor der Fall gewesen war.
Im Jahr 2007 hatte Robert Shafir, ein Investmentbanker von Lehman Brothers, in der Einheit das Ruder übernommen; 2012 ging die Leitung an Bob Jain über, auch er ein in der Wolle gefärbter Investmentbanker, der bei der CS den Eigenhandel geleitet hatte.
Transfer von Aktivitäten
Unter Shafirs und Jains Leitung vollzog sich ein Wandel im Asset Management, der vom Transfer von gewissen Aktivitäten aus der Investmentbank begleitet war. Die inzwischen «arbeitslosen» Trader der CS rund um Jain, unter der Volcker-Regel wurde der Eigenhandel in den Investmentbanken verboten, fanden im Asset Management eine neue Heimat: Die Systemic Trading Group sollte auf der im Eigenhandel bewährten Infrastruktur nun quantitative Produkte für institutionelle Investoren aufbauen und wurde Teil des Bereich Alternative Investments.
Was diese Truppe von früheren Tradern, Hedgefonds-Managern und Prop-Tradern genau tat, blieb relativ intransparent. Doch einige Jahre später, am Investorentag von 2016, kam Investmentbank-Chef Brian Chin auf eine weitere Einheit zu sprechen, die Quant-Strategien verfolgte: Die Systemic Market-Making Group (SMG). Diese hatte bislang das für ihre hochvolumigen Handelsstrategien benötigte Kapital aus der Investmentbank und der Asien-Pazifik-Einheit der CS bezogen.
Kapital kam dann von den Investoren
Künftig sollte das weitere Kapital aus dem Asset Management beziehungsweise von Kunden kommen und die Produkte dort auch angeboten werden; kapitaleffiziente Ertragsströme würden so geschaffen, sagte Chin den Investoren. «Der gigantische interne Hedgefond der CS» kommentierten damals Beobachter den Schachzug, ein aus regulatorischen Gründen zunehmend unattraktives Geschäft in ein regulatorisch weniger beachtetes Umfeld wie das Asset Management zu zügeln.
Der inzwischen geschlossene QT Fund ist aus dieser Einheit entstanden. Im Jahr 2017 hatte die CS einen anderen Hedgefonds, den Qube Fund, aus der SMG-Einheit abgespalten.
Die Greensill-Fonds, mit denen die CS gerade in eine veritable Reputations- und Führungskrise schlittert, sind ebenfalls Aktivitäten geschuldet, die eher dem Investmentbanking zuzuordnen sind. Greensill Capital funktionierte als globale Drehscheibe für Kredite und Kapital und nutzte das ganze Corporate-Finance-Spektrum.
Bezüglich der Greensill-Fonds und der Verflechtungen war das Risiko- und Compliance-Management der CS miserabel, und es ist völlig unklar, welche Risiken sonst noch im CS Asset Management schlummern.
In der Bilanz schlummern Risiken
Etwas Aufschluss geben die Angaben zu den Goodwill-Positionen in der Einheit, die sich noch auf gut 1,3 Milliarden Franken belaufen, nachdem sie 2019 noch über 1,5 Milliarden Franken betragen hatten. Der Goodwill geht auf die diversen Übernahmen zurück, welche die CS unter Investmentbanker Shafir in früheren Jahren im Asset Management getätigt hatte, beispielsweise Hedging Griffo in Brasilien oder eben York Capital.
Die CS kommentierte dazu, dass sich das Investment in York Capital über die Jahre für die Bank ausbezahlt habe.
Nach den jüngsten Ereignissen ist überdeutlich geworden, dass das CS Asset Management repositioniert werden muss und eine andere Kultur mit einer klaren Abtrennung von der Investmentbank benötigt.