Die Geldwäschereifälle bei Julius Bär und das Vergütungssystem hatten einen engen Zusammenhang. CEO Philipp Rickenbacher bricht mit der Vergangenheit und führt für die Kundenberater ein neues Bonussystem ein, wie finews.ch erfahren hat.
Diese Woche haben die 1'456 Kundenberater von Julius Bär Post erhalten. Darin teilte ihnen CEO Philipp Rickenbacher mit, dass die Höhe ihrer Boni künftig stärker an die Rentabilität ihrer Kundenbücher geknüpft sein werde, wie finews.ch erfahren hat.
Die Bank bestätigte den neuen Bonusplan. Das Programm ersetzt zwei frühere Bonussysteme. Eines davon war in der Vergangenheit stark auf das Netto-Neugeld ausgerichtet gewesen, das Kundenberater herein geholt hatten.
Die Finma machte Vorgaben
Der Schritt, der für die Kundenberater in der Schweiz, in Asien und im Nahen Osten ab 2021 wirksam wird, stellt einen weiteren Versuch von Rickenbacher dar, mit der Vergangenheit von Julius Bär zu brechen.
Rickenbacher, der bei Julius Bär die Zügel vor rund einem Jahr übernommen hatte, folgt dabei auch Vorgaben der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Diese hatte im vergangenen Februar die Zürcher Privatbank scharf gerügt und verschiedene Auflagen gemacht.
Fehlanreize führten zu schlechten Kontrollen
Während der Ära unter CEO Boris Collardi hatte Julius Bär Millionen von Kundengeldern aus fragwürdigen Quellen, vielfach aus Venezuela, angenommen und dabei Vorkehrungen gegen Geldwäscherei systematisch vernachlässigt. Betreffende Kundenberater hatten sehr hohe Boni kassiert. Die Finma machte bei Julius Bär Fehlanreize im Vergütungssystem aus.
Unter Rickenbacher führt die Bank nun ein System ein, dass Kundengelder und Erträge sowie dabei den Kundenberater entstehende Kosten besser ausgleicht. Sowohl die Schweizer Finma als auch die Finanzaufsicht MAS in Singapur waren bei der Ausarbeitung beteiligt.
«Verdienen wir damit etwas?»
«Wir wollen, dass sich unsere Kundenberater in einem Masse mit der Profitabilität der Bank beschäftigen, das vorher einfach nicht relevant war», sagte Rickenbacher gegenüber finews.ch. «Wir wollen auch, dass sie über die strukturelle Qualität und Entwicklung ihres Kundenbuchs nachdenken: Bieten wir den Kunden die für ihre Bedürfnisse besten Dienstleistungen und verdienen wir damit etwas oder nicht?».
Rickenbacher hatte bereits im Frühling angekündigt, dass bei Julius Bär künftig die Profitabilität höhere Priorität geniessen werde als das Neugeldwachstum.
In der Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass die Berater nun stärker prüfen müssen, ob und wann komplexere Dienstleistungen, wie etwa die Kreditaufnahmen gegen hochgradig illiquide Assets, nicht nur für den Kunden, sondern auch für die Bank sinnvoll sind. Zudem besteht für die Banker kein Anreiz, Bär-Produkte gegenüber solchen von Drittanbietern zu bevorzugen.
Einführung erfolgt schrittweise
Rickenbacher weiss, wie heikel diese Änderungen sind und nicht jedem Kundenberater gefallen werden. Darum will er die festen Bezüge vorerst unverändert lassen und das Bonussystem über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren einführen. Die einflussreichen Senior Berater machen mehr als ein Fünftel der Gesamtbelegschaft von Julius Bär aus.
«Das neue System wird erfolgreichen Beratern weiterhin ein gutes, leistungsorientiertes Gehalt bieten», sagte Rickenbacher. «Es gibt andere, die ihm wahrscheinlich nicht gewachsen sind.» sagte Rickenbacher. Julius Bär legt nicht offen, wie hoch der Bonustopf für die Kundenberater jeweils ist.
Vergangenes Jahr hatte die Bank eine Kürzung des gesamten Bonuspools vorgenommen. Allerdings musste Bär auch relativ hohe Abfindungszahlungen für entlassene Banker leisten.
Qualität der Kundendokumentation bewerten
Neben der Rentabilität spielen künftig auch qualitative Faktoren für die Bonusbemessung eine Rolle, wie die operative Arbeit der Banker. So soll zum Beispiel die Sorgfalt der Dokumentation der Kundendaten belohnt werden, bevor diese von der Compliance-Abteilung geprüft werden.
Bewertet werden die Kundenberater auch, wie gut sie mit internen Experten und Spezialisten arbeiten, damit Kunden möglichst umfassende und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Dienstleistungen erhalten; eines der grossen Anliegen Rickenbachers.
Julius Bär treibt die Idee nun mit mehr Nachdruck voran, indem sie an die Bezahlung geknüpft wird. «Die Vielfalt und Komplexität der Kundenbedürfnisse ist so gross, dass niemand diese alleine als 'einsamer Wolf' bedienen kann», sagte Rickenbacher. «Ich möchte, dass unsere Privatbankiers die 1'000 Produktspezialisten nutzen, die wir intern haben.»