Dass Krisen immer auch Chancen bergen, ist eine Binsenwahrheit. Doch fürs Bankfach trifft dies beim Coronavirus tatsächlich zu, findet finews.ch. Umso weniger dürfen sich die Institute jetzt Fehler leisten.
«Bankster» – seit der letzten Finanzkrise geht die Verballhornung von Gangster und Banker um, und ist trotz allen Image-Bemühungen der Branche nicht aus den Köpfen des Publikums zu bringen. Im Gegenteil. Fortwährende Bonusexzesse an der Spitze grosser Finanzkonzerne und zuletzt der unsägliche Spitzelskandal bei der Credit Suisse (CS) sorgen dafür, dass der Ruf des Bankfachs bleibt, wo er ist: auf ziemlich tiefem Niveau.
Doch das Coronavirus, so hart es die von der Krankheit Betroffenen, das öffentliche Leben und die Wirtschaft trifft, bietet für die Banken eine wohl einmalige Chance. Jetzt können die Institute zeigen, dass sie dem hohen Anspruch, die Lebensader der Volkswirtschaft zu sein, gerecht werden.
Kollateralschaden der Gesundheitskrise
Die Banken haben dabei aktuell gleich mehrere Vorteile. Zum einen sind sie nicht von den Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung betroffen. Während Schulen, der Handel, Restaurants schliessen, bleiben die Bankfilialen in der Regel offen. Die Branche hat also weitgehend freie Bahn, das Wirtschaftsgeschehen in den nächsten Wochen zu gestalten. Allerdings steht sie dabei auch unter verschärfter Beobachtung.
Ein weiterer Vorteil: Experten wie Stefan Gerlach, Chefökonom der Zürcher Privatbank EFG, sind sich sicher, dass der Coronavirus-Schock im Kern noch keine Liquiditätskrise ist. Das eigentlich Problem ist das Virus an sich, findet Gerlach, und nicht das Bankensystem – der Crash der Märkte ist aus dieser Warte ein Kollateralschaden der Gesundheitskrise.
Anders gesagt: Die Banken müssen anders als in der Finanzkrise nicht um ihr eigenen Überleben kämpfen, sondern um das ihrer Kunden, namentlich der Firmen und KMU.
Was man von einer «Unternehmerbank» erwartet
Diesbezüglich haben Schweizer Exponenten bereits löbliche Aktivitäten entwickelt. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) legte 100 Millionen Franken auf die hohe Kante, um Firmen mit Liquiditäts-Engpässen beizuspringen. Die Luzerner Kantonalbank stellt immerhin 50 Millionen Franken bereit, wie auch die BEKB – und auf Anregung der CS könnte diverse Schweizer Platzhirsche ein Kreditprogramm mit über 20 Milliarden Franken lancieren. Das ist genau das, was man von einen Institut, das sich dem Slogan der «Unternehmerbank» verschrieben hat, erwarten würde.
Doch nicht nur das Firmenkunden-Geschäft ist im jetzigen Umfeld gefordert. Private Banker müssen trotz «Social Distancing» ihre superreichen Kunden an der Hand nehmen und ihnen bei der Sicherung des Vermögens zur Seite stehen. Retailbanker dürfen die Glastüren ihrer Filialen nicht vor den Ängsten der Kleinsparer verschliessen; auf der Kreditseite haben sie das ihrige dazu beizutragen, dass der Immobilienmarkt nicht in eine Abwärtsspirale aus Preiszerfall und Nachschusspflicht gerät.
Flüchtiger Goodwill
Das ist viel verlangt, und die Tücke liegt wohl auch in dieser Krise im Detail, sprich in der Ausführung. Wenn die Banken die Bedingungen für zusätzliche Liquidität zu eng setzten, wenn Privatbanken die «Margin Calls» auf Lombardkrediten zu rigoros ausrufen, und wenn im Privatkundengeschäft sinkende Erträge postwendend in höhere Gebühren umgelegt werden: Dann ist der Goodwill der Kundschaft schnell verflogen.
Gleichzeitig besteht die Gefahr, wieder ins alte Fahrwasser zu geraten. Trotz Verschiebungen wegen des «Lockdown» stehen auch im Swiss Banking unweigerlich die Generalversammlungen an. Dann wird wieder über die «alte Welt» des Banking diskutiert: Überdurchschnittliche Löhne bei oftmals unterdurchschnittlicher Performance. Bleibt zu hoffen, dass die Banken auch in dieser Beziehung die Zeichen einer neuen Zeit erkennen.