Zwei Verantwortliche für die Beschattung Iqbal Khans sind weg, die Integrität von CEO Tidjane Thiam und die Reputation der Bank sind intakt: Bei der Credit Suisse herrscht wieder Normalität, will Präsident Urs Rohner glauben machen. Doch so einfach ist das nicht, kommentiert finews.ch-Chefredaktor Peter Hody.

Es ist ein klassischer Auftritt des Credit-Suisse-Präsidenten: Genau 32 Minuten nahm sich Urs Rohner am Dienstag, um den anwesenden Medien sachlich, zackig und unaufgeregt einen der grössten Skandale der jüngeren Bankengeschichte der Schweiz auszureden.

In dieser Zeitspanne gelang es Rohner, die Ausgangslage mit der schief gelaufenen Beschattung des ehemaligen CS-Managers Iqbal Khan und der anschliessend angeordneten Untersuchung durch die Anwaltskanzlei Homburger zu schildern sowie ihre wesentlichen Ergebnisse und die Konsequenzen mit den Rücktritten von COO Pierre-Olivier Bouée und des Sicherheitschefs der CS.

Rohner räumte ein, die Überwachung sei falsch gewesen und entspreche nicht den Gepflogenheiten der CS. Er hielt fest, dass CEO Tidjane Thiams Integrität nicht angetastet sei und dieser sein volles Vertrauen geniesse.

Reihum Entschuldigungen

In sachlichem Ton fuhr Rohner dann fort, die Reputation der CS habe Schaden genommen und er entschuldige sich dafür – auch bei Iqbal Khans Familie –, um anschliessend seine Trauer und Betroffenheit wegen des Selbstmordes des für die CS tätigen externen Sicherheitsexperten auszudrücken. An Verwaltungsrat John Tiner war es dann, auf die Ergebnisse der Homburger-Untersuchung detaillierter einzugehen, wobei diese bereits seit dem frühen Morgen bekannt waren.

Einige Journalistenfragen wurden beantwortet, dann eilten Rohner, Tiner und der anwesende Homburger-Anwalt Flavio Romerio davon.

Mehr Schaden wurde abgewendet, Zweifel bleiben

End of Story? Wenn es nach Rohner, dem CS-Verwaltungsrat, CEO Thiam und Homburger-Anwalt Romerio geht, ja. Die Bespitzelung Khans ist aufgeklärt, die Konsequenzen sind gezogen, die Entschuldigungen gesprochen und der CEO sitzt fest im Sattel.

Doch so einfach ist das nicht. Es bleiben offene Fragen und Zweifel, wie viel Transparenz Rohner und der Verwaltungsrat in die Affäre wirklich bringen wollten.

Warum hatte Khan Angst?

Der Untersuchungsauftrag an Homburger war so angelegt, dass der handfeste Streit zwischen Thiam und Khan und die Ursachen dafür nicht Gegenstand waren – ergo auch nicht der Grund für den Einsatz von Privatdetektiven gewesen sein können.

So umschiffte man auch die ungeklärte Frage, warum Khan bereits nach seiner Kündigung am vergangenen 1. Juli sich von Sicherheitsleuten beschützen liess.

Klassisch: Es war eine Geheimaktion

Das Ergebnis der Untersuchung ist für einen solch pikanten wie unübersichtlichen und mit vielen gestreuten Fehlinformationen gespickten Skandal nach dem klassischen Drehbuch: Es war eine Geheimaktion von zwei Einzeltätern, die sich über einen verschlüsselten Messenger-Dienst verständigt haben, nichts Schriftliches hinterliessen und andere kommunikativen Zeugnisse gelöscht haben.

Mit ihrem Vorgehen wollten sie zwar die Interessen der Bank wahren, verstiessen dabei jedoch gegen Kultur und Gepflogenheiten. Dazu passt, dass Homburger zum Schluss kam, dass die Interessen der Bank zu keiner Zeit gefährdet waren, Khan also keine Abwerbungsversuche unternommen habe.

Privatangelegenheit – dann aber doch nicht

CEO Thiam wurde keine Verantwortung in dem Fall angelastet. Die CS hatte die Beschattung Khans zwar zunächst als «Privatangelegenheit» bezeichnet und damit die Fährte zu dem ominösen Nachbarschaftskrach zwischen den beiden ausgelegt. Sie hatte anschliessend auch das Beschattungs-Protokoll eines Privatdetektivs in diversen Medien gestreut – doch nun soll Thiam derjenige sein, der von seinen zwei Getreuen hintergangen wurde.

Es ist offensichtlich, dass Rohner seinem CEO nun den Rücken stärken musste, um die Interessen einiger Grossaktionäre zu wahren und einen noch erheblicheren Reputationsschaden für die CS zu verhindern.

Die Mitverantwortung bleibt

Es klingt nach kommunikativer Taktik, wenn sich der Verwaltungsratspräsident «erzürnt und betroffen» gibt, dass ein einzelnes Mitglied der Geschäftsleitung eine Geheimaktion orchestriert und gegen die Unternehmenskultur verstossen hat.

Und es lenkt davon ab, dass er einen CEO stützt, der mit seinem Managementstil, mit seiner Entourage und durch die Tatsache, dass er sich mit Khan innerhalb der CS einen giftigen Streit um Macht und Einfluss geliefert hat, durchaus eine Mitverantwortung für den vorauseilenden Gehorsam seine Adjutanten Bouée trägt.