Bei Julius Bär startet kommenden Montag mit Philipp Rickenbacher der neue CEO. Der Überraschungsmann hat einen Plan, wie er im Gespräch mit finews.ch deutlich macht – und liess sich etwas in die Karten blicken.

Philipp Rickenbachers Start bei Julius Bär im Jahr 2004 war der sprichwörtliche Stoss ins kalte Wasser. Der damals 33-Jährige wurde in den Handelsraum der Bank geführt und mit den Worten vorgestellt: «Das ist Philipp und er wird hier das Business Development machen. Er kommt von McKinsey.»

15 Jahre später ist Rickenbacher an der Spitze der inzwischen auch international bedeutenden Privatbank angelangt. Im Rennen um den CEO-Job stach er interne Kandidaten wie Yves Robert-Charrue aus wie auch Iqbal Khan; der Ex-Credit-Suisse-Star übernimmt nun eine führende Rolle im Wealth Management der UBS.

Karriere abseits des Scheinwerferlichtes

Die Ernennung Rickenbachers zum Nachfolger von Bernhard Hodler überraschte. Er selber räumte im Gespräch mit finews.ch ein, dass er in der Investorengemeinde nicht besonders bekannt ist. Den grössten Teil seiner Laufbahn verbrachte Rickenbacher zwar auch in einflussreichen Positionen, wie zum Beispiel Leiter für Strukturierte Produkte. Doch das Scheinwerferlicht galt jeweils anderen.

Weniger informierte Beobachter machten aus Rickenbacher schnell einen Chef, der ins übliche, eher unauffällige Private-Banking-Schema passe. Aber der Ex-Berater überzeugte den Verwaltungsrat mit einer Reihe von kreativen strategischen Ideen, mit welchen er die 129 Jahre alte Bank erfolgreich durch das nächste Jahrzehnt führen wolle.

In der Private-Banking-Falle

Rickenbacher, der im Gespräch die Bank immer nur «der Bär« nennt, übernimmt die Leitung zwar nicht in einer dramatischen Situation. Doch auch Julius Bär steckt in der Private-Banking-Falle: Sie gibt mehr aus, um weniger zu verdienen. Die Bruttomarge ist innerhalb der vergangenen fünf Jahr um 10 Basispunkte gesunken. Die Cost-Income-Ratio steigt – entgegen den Absichten. Zum Jahresbeginn kündigte Julius Bär einen Stellenabbau an und tiefere Bonuszahlungen.

Das Zürcher Traditionsinstitut befindet sich dabei mitten in einem Kampf um die Vorherrschaft um die führende unabhängige Privatbank mit der nicht minder traditionellen Genfer Privatbank Pictet. Diese gilt als «Gold Standard» des Swiss Banking und ist mit rund 500 Milliarden Franken verwalteten Vermögen auch grösser als Julius Bär mit 412 Milliarden Franken – wobei bei Pictet mehr als die Hälfte der Gelder im Asset Management verwaltet werden.

Vespa-Fahrer ohne Showman-Qualitäten

Die Rivalität hat sich insbesondere entzündet, seit Rickenbachers früherer Chef Boris Collardi bei Pictet Partner geworden ist und in der Anwerbung von Kundenberatern die bislang geltende vornehme Genfer Zurückhaltung abgelegt hat.

Rickenbacher habe bei Bär seinen Weg nicht an der Front mit den Kundenberatern gemacht, lautet eine Kritik am 48-Jährigen. Der Vespa-Fahrer verfügt auch nicht über die Showman-Qualitäten eines Collardi, der die Bank während seiner neun Jahre als CEO stark geprägt hat.

Kundenfront ist ihm nicht fremd

Im Gespräch wird klar, dass Rickenbacher lieber analytisch vorgeht als einem Bauchgefühl zu folgen. Er ist durchaus eloquent und sehr umgänglich, wie es auch Weggefährten gegenüber finews.ch bestätigen. Auch die Kundenfront ist ihm keineswegs fremd, wie er mit Nachdruck sagt. Als Chef Advisory Solutions sei er regelmässig bei den Treffen mit vermögenden Kunden dabei gewesen.

Nach zwei Jahren in diesem Bereich gab ihm CEO Hodler einen neuen Job. Rickenbacher übernahm Anfang 2019 die globale Leitung Intermediaries und Custody – sozusagen als Zwischenstufe auf dem Weg zum Chefposten.

Schluss mit «Wine and Dine»

Auf seiner letzten Position scheute er sich nicht, die «Wine and Dine»-Veranstaltungen abzuschaffen, die ohne Kunden der externen Vermögensverwalter stattgefunden haben. Auch schärfte er die Segmentierung im Schweizer Geschäft.

Auch wenn Rickenbacher bei Julius Bär einige Veränderungen vorhat – welche das sind, will er verständlicherweise noch nicht verraten – dürfte ihm nicht die Art der «Palastrevolte» drohen, welche den früheren Schweiz-Chef Barend Fruithof den Job kosteten.

Anders als der Ex-Credit-Suisse-Manager verfügt Rickenbacher innerhalb der Bank über ein Netzwerk von «copains», wie es ein Insider gegenüber finews.ch ausdrückte. Gleichzeitig verfüge Rickenbacher über politisches Gespür, um mögliche Widersacher zufrieden zu stellen.

Kundennähe über alles

Radikale Veränderungen bei Julius Bär wird man von ihm zwar nicht erwarten können, wie der Vater von zwei Teenagern gegenüber Mitarbeitern bereits durchblicken liess. Aber im Gespräch macht Rickenbacher klar: Er hat ausgearbeitete Pläne.