Das Schweizer Bergbauunternehmen ist vor allem bekannt für sein Kupfer, Zink- und Kraftwerkskohle-Business. Im vergangenen Jahr hat Glencore aber auch von steigenden Goldpreisen profitiert. CEO Gary Nagle zeigt sich unglücklich mit den Aktienmärkten; man überlege sich, der London Stock Exchange den Rücken zu kehren.
Am Mittwoch hat Glencore in Baar vor Finanzanalysten das Jahresergebnis 2024 präsentiert. Die Resultate bei den im Bergbausektor wichtigen Kerngrössen lagen im Rahmen der Erwartungen infolge gesunkener Rohstoffpreise: Das adjustierte EBITDA betrug 14,4 Milliarden Dollar, 16 Prozent weniger als im Jahr 2023. Daraus wurde ein freier Cashflow von 4,8 Milliarden Dollar generiert (2023: 5,2 Milliarden Dollar).
Das Betriebsergebnis betrug -1,6 Milliarden Dollar gegenüber +4,3 Milliarden im Vorjahr. Als Verlust wird dies aber in Baar nicht verstanden: «Es war für Glencore ein sehr starkes Jahr», sagte CEO Gary Nagle.
«Was wirklich zählt, ist Cash-Generierung»
«Es gibt einige buchhalterische Anpassungen, die zu einem Nettogewinn oder einem Nettoverlust führen. Manche, die nicht vollständig verstehen, wie die Buchhaltung in der Bergbauindustrie funktioniert, berichten stets über den Nettogewinn. Das ergibt, wie wir alle wissen, keinen Sinn.» Und er fügte an: «Was wirklich zählt, ist die Cash-Generierung und das bereinigte EBITDA.»
In den vergangenen Jahren hatte Glencore vor allem von einem Boom bei der Kraftwerkskohle profitiert. Doch deren Preis fiel im vergangenen Jahr um über 30 Prozent. Die Metalle, vor allem Kupfer und Zink, fingen diese Entwicklung teilweise auf: Während die Metall-Sparte im Jahr 2023 noch 42,2 zum adjustierten EBITDA beigetragen hatte, waren es im Jahr 2024 fast 58 Prozent.
Gold als Beifang
Laut CEO Nagle sind Preisentwicklungen bei Kohle und bei Metallen häufig gegenläufig. Glencore mit ähnlich umfangreichen Aktivitäten in diesen Bereichen sei daher für die meisten Marktsituationen sehr gut aufgestellt.
Die zusätzlichen Cash Flows, die Glencore aufgrund des letztes Jahr um 23 Prozent gestiegenen Goldpreises realisieren konnte, bezeichnete der Glencore-Chef als «hilfreich». Gold fällt beim Abbau von anderen Metallen und von Kohle als Beifang an.
«Wir haben eine gute Goldproduktion»
Obwohl es sich nicht um eine Kernaktivität von Glencore handelt (das Unternehmen besitzt keine Goldminen mit der Ausnahme einer 70-Prozent-Beteiligung am der Altyntau-Kokshetau-Mine in Kasachstan), fielen in der Glencore-Produktion letztes Jahr 738'000 Unzen Gold an (gegen 21 Tonnen). Das Unternehmen verkaufte insgesamt 2,4 Millionen Unzen, was gut 68 Tonnen und einem aktuellen Marktpreis von etwa 200 Millionen Dollar entspricht.
«Gold ist nicht unser Kerngeschäft», kommentierte Gary Nagle. Aber «Gold liegt derzeit stark im Trend, die Preise sind sehr hoch, und wir haben eine gute Goldproduktion.»
2,2 Milliarden für die Aktionäre
Den Cash Flow aus dem Jahr 2024 will Glencore in etwa zur Hälfte an die Aktionäre ausschütten. Einerseits mit einer Dividende von 1,2 Milliarden Dollar (0,10 Dollar pro Aktie), andererseits durch einen Aktienrückkauf im Umfang von 1 Milliarde Dollar, der bis zur Präsentation der Halbjahreszahlen im August abgeschlossen sein soll.
Trotz dieser Aussichten reagierte der Aktienmarkt unfreundlich. Bis zum Mittag hatte der Glencore-Titel 7 Prozent verloren.
Fremdeln mit der Börse
Gary Nagle liess durchblicken, dass in seinen Augen die Börsen das Potential von Glencore unterschätzen. In den vergangenen Jahren habe der Konzern sein Minen-Portfolio auf Weltklasse-Niveau getrimmt. Dadurch sitze das Unternehmen auf jahrzehntelang und vergleichsweise kostengünstig abbaubaren Beständen an Kohle und Kupfer.
Der CEO erklärte die bei Glencore vorherrschende Philosophie der «Supply Discipline»: Im Interesse der Profitabilität baue man die Rohstoffe eher zurückhaltend ab, wenn die Preise nicht stimmten. Insbesondere beim Kupferpreis sieht er aufgrund universeller Nachfrage im Zusammenhang mit der fortschreitenden Elektrifizierung der Welt (künstliche Intelligenz, Elektromobilität etc.) grosse Steigerungspotentiale.
«Heimliches Going Private»
Solange die Märkte die Perspektiven von Glencore pessimistischer einschätzen als Glencore selbst, will das Unternehmen offensive Aktienrückkaufprogramme auflegen. In den vergangenen Jahren habe das Unternehmen auf diesem Weg bereits zehn Prozent seiner eigenen Aktien zurückgekauft.
Dies verglich der Glencore-Chef mit einem «heimlichen Going Private» und bezeichnete es als «eine grossartige Form von M&A, solange die Aktie mit einem Abschlag gehandelt wird».
Abschied von der London Stock Exchange?
Auch mit dem Listing an der London Stock Exchange ist Glencore nicht mehr zufrieden. «Wir sind in aktiven Abklärungen, um unsere Börsennotierung von London weg zu verlegen», so der CEO. Die wahrscheinlichste Variante sei eine Kotierung in den USA, wo schon heute gegen 50 Prozent der institutionellen Investoren des Unternehmens angesiedelt seien. «Man sieht dort einige der Bewertungsmultiplikatoren und das verfügbare Kapital...», so Nagle. man schaue aber alle Optionen an.
Über die aktuelle Zoll-Debatte macht sich Glencore keine Sorgen. Aufgrund der geografischen Tiefe und Breite seiner Bergbau-Assets könnten hier sogar interessante Arbitrage-Möglichkeiten entstehen.