Das von der GZO präsentierte Sanierungskonzept sieht vor, dass die Gläubiger zwei Drittel ihrer Forderungen abschreiben müssen. Es handle sich um einen ausgewogenen Kompromiss und eine bessere Lösung als ein Konkurs. Die Sicht vieler Obligationäre ist eine andere.

Heute Freitag sind für die Zukunft des Gesundheitszentrums Zürcher Oberland (GZO) und damit für das Spital Wetzikon an der Versammlung (zu der Medienvertreter nicht zugelassen waren) der Anleihensgläubiger (auf dem Spiel steht ein Nominalwert von 170 Millionen Franken) die Karten auf den Tisch gelegt und wichtige Signale ausgesendet worden.

Beantragt worden war die Versammlung von der GZO Creditor Group, einem Zusammenschluss von Obligationären um Gregor Greber. Auch wenn auf der entsprechenden Website prominent der Aufruf «Helfen Sie mit, das Spital Wetzikon zu retten» prangt, verfolgt die Gruppe, die eine Verlängerung der Laufzeit forderte (das erforderliche Quorum von zwei Dritteln dafür wurde an der Versammlung knapp nicht erreicht, aber das Signal der Obligationäre war doch relativ deutlich) und sehr wahrscheinlich erst nach der Nachlassstundung bzw. dem Zahlungsausfall im Mai und Juni Obligationen gekauft hat, primär finanzielle Interessen.

Abschreiber, Schuldenschnitt, Eigenkapitaleinschuss

Im Vorfeld der Versammlung hatte das GZO selber angekündigt, dass mit Blick auf den Neubau (wo die Arbeiten seit längerer Zeit eingestellt sind) ein massiver Abschreibungsbedarf von 97 Millionen bis 127 Millionen Franken bestehe, was von Obligationärsvertretern umgehend bestritten wurde, wie finews.ch berichtete. Die Bewertung der Liegenschaften ist entscheidend dafür, ob es einen Schuldenschnitt braucht und vor allem wie tief dieser ausfallen muss.

Das GZO hatte zudem schon früher in Aussicht gestellt, an der Versammlung detaillierter über das Sanierungskonzept zu informieren, wobei schon länger bekannt ist, dass dieses neben einem Schuldenschnitt einen Eigenkapitaleinschuss durch die zwölf Aktionärsgemeinden und eine Lösung für den Erweiterungsbau enthält.

Auf zwei Drittel der Investition verzichten?

Und auch die beiden vom Bezirksgericht Hinwil eingesetzten Sachwalter, die Rechtsanwälte Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach, Partner bei der Anwaltskanzlei Wenger Plattner, wollten eine Einschätzung des Sanierungskonzepts abgeben. Ihr Urteil hat besonderes Gewicht, weil sie von Gesetzes wegen die Interessen der Gläubiger vertreten müssen.

Wie der am späteren Freitagvormittag veröffentlichten Medienmitteilung des GZO zu dem mit Hilfe der Prüf- und Beratungsgesellschaft PwC erstellten Sanierungskonzept zu entnehmen ist, soll der Schuldenschnitt für die Gläubiger (und damit auch für die Obligationäre) mit einer geschätzten Nachlassdividende von 30 bis 35 Prozent ziemlich hart ausfallen. Dies ergebe sich aus einer Gegenüberstellung der für Frühling 2026 voraussichtlich verfügbaren liquiden Mitteln und des erwarteten Schuldenstands.

Der Spatz in der Hand der Gläubiger

Die GZO-Verantwortlichen sind sich bewusst, dass das ein hoher Preis für die Gläubiger darstellt. Aber es handle sich für diese aus heutiger Sicht um die wirtschaftlich bessere Lösung als ein Konkurs, spendet das GZO den Investoren, Lieferanten usw., die auf zwei Drittel ihrer Forderungen verzichten sollen, Trost. Versüsst wird der Verlust mit der Prognose, dass das Geld rascher fliessen werde als bei einer Liquidation.

Die GZO-Obligationen waren an der SIX Swiss Exchange in den letzten Wochen in einem Band zwischen 40 bis 45 Prozent gehandelt worden. Am Freitag war der Börsenhandel suspendiert.

Keine bindende Zusage der Aktionärsgemeinden

Der Wertberichtigungsbedarf wird mit rund 110 Millionen Franken beziffert. Das sei «Ausdruck der tiefen operativen Profitabilität sowie des signifikanten Investitionsbedarfs, unter anderem Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Bau».

Das GZO kündigt zudem eine substanzielle Erhöhung des Eigenkapitals durch die Aktionärsgemeinden an, «in der Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags». Man habe sich darauf mit Vertretern der Aktionärsgemeinden «in intensiven Vorgesprächen verständigt». Um eine bindende Zusage handelt es sich allerdings nicht, weil dafür der kommunale Instanzenzug (bis hin zur Gemeindeversammlung) durchlaufen werden muss.

 Ausgewogener Kompromiss oder Sanierung auf dem Buckel der Gläubiger?

Das GZO bezeichnet das Sanierungskonzept insgesamt als «ausgewogenen Kompromiss», eine Einschätzung, die viele Gläubiger nicht teilen dürften. Ziel des Sanierungskonzepts bildeten die Bilanzsanierung und die nachhaltige Sicherstellung der Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung – und später strebe man die Integration in einen Spitalverbund an. Erst dann wird auch der Neubau fertiggestellt werden.

Die Sachwalter werden bis Ende Jahr entscheiden müssen, ob sie das vorliegende Sanierungskonzept als taugliche Grundlage betrachten, um dem Gericht den Antrag zu stellen, das GZO von der provisorischen in die definitive Nachlassstundung zu überführen. Die Alternative wäre der Konkurs.

Breiter Kreis von Stakeholder

Stakeholder sind im Fall GZO nicht nur die rund 900 Mitarbeiter und die Region, sondern auch die zwölf Aktionärsgemeinden als Eigentümer und die Gläubiger, darunter die Obligationäre der seit Juni fälligen GZO-Anleihe.

Der Fall ist jedoch weit über diesen Kreis hinaus von Interesse: Werden sich Spitäler auch künftig weiterhin zu vernünftigen Konditionen am Schweizer Kapital- und Kreditmarkt finanzieren können?

Was sind die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt?

Müssen implizite Garantien der öffentlichen Hand in Zukunft generell kritischer beurteilt werden – was die Mittelbeschaffung für entsprechende Schuldner allgemein verteuern würde? Die meisten Bonitätsexperten waren bis zum «Nein» der Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli zu einer Nothilfe des Kantons an das GZO im Mai davon ausgegangen, dass das Spital nicht fallengelassen werde.

Und schliesslich: Wie nachhaltig und zweckmässig ist ein Gesundheitssystem aufgebaut, wenn die Spitäler sich zwar eigenständig finanzieren sollten, aber bei der Preisgestaltung für ihre Leistungen kaum Spielraum haben? Das Spital Wetzikon ist aufgrund des aus heutiger Sicht offenbar überdimensionierten Bauprojekts ein Extremfall, aber finanziell stehen die meisten Spitäler auf einem bröckligen Fundament.

Verdienen Spitäler eigentlich gar kein Geld?

So stellte Kurt Hess, hierzulande der Doyen der Bonitätsprüfung (und heute noch als Senior Credit Analyst bei Independent Credit View tätig), unlängst an einem Anlass in Zürich fest, dass man den Spitälern eigentlich gar kein Geld leihen dürfe, wenn man allein auf deren eigene Finanzkraft abstelle. Ihre Kennziffern seien einfach zu schwach und die Perspektiven zu trüb.

Zürich nach Wetzikon. Hier wird am Freitagnachmittag eine Medienkonferenz durchgeführt, an der GZO-Verwaltungspräsident Jörg Kündig und Spitaldirektor Hansjörg Herren Fragen zum Sanierungskonzept beantworten werden. Anwesend werden auch die beiden Sachwalter sein.