Die kombinierte UBS bringt auch die Hackordnung im Schweizer Fondsgeschäft durcheinander. Bei Swiss Life Asset Managers sieht dies Investmentchef Stefan Mächler als Chance: Die Anbieterin plant unter anderem einen Vorstoss bei passiven Indexfonds, sagt er zu finews.ch.


Herr Mächler, die CS-Übernahme durch die UBS wird am Finanzplatz Schweiz als Erdbeben wahrgenommen. Was hat sich für Sie dadurch verändert?

Wir sehen dadurch die Möglichkeit, in einen Markt hineinzugehen, den wir bisher noch nicht im Angebot hatten. Wir wollen im ersten Quartal im Bereich passive Indexfonds ein Angebot lancieren. Dort haben bisher die drei grössten Anbieter – UBS, CS und Swisscanto – einen Marktanteil von rund 75 Prozent in der Schweiz auf sich vereinigt. Das ist ein Volumen von rund 250 bis 270 Milliarden Franken, wobei rund 100 Milliarden jeweils auf die CS und UBS entfallen.

«Neue Standorte in Luzern und Lausanne»

Das ist ein Geschäft mit geringen Margen.

Wir haben dafür ein erfahrenes Team von 10 bis 15 Mitarbeitenden zusammengestellt. Bei den Kosten profitieren wir von unserer Grösse und davon, dass wir das mit den bestehenden Prozessen und IT-Systemen umsetzen können. Es fallen also nur Grenzkosten an. Mit der Konsolidierung in der Bankbranche gibt es Platz für einen neuen Anbieter, und ich rechne damit, dass wir gerade auch mit neuen Standorten in Luzern und Lausanne Volumen anziehen können. Wir wollen uns hier als dritte Kraft etablieren.

Ist das auch international eine Option?

Wir werden uns auf die Schweiz beschränken. Aber hierzulande sehen wir das als Chance. Derzeit sind internationale Indexanbieter kaum willens, Schweizer Strukturen mit einer Schweizer Fondleitung anzubieten, die für institutionelle Kunden steuerlich interessanter sind als solche aus Luxemburg oder als ETF.

Die stark gestiegenen Zinsen haben die Bedingungen markant verändert. Was bedeutet das für das Geschäft mit den festverzinslichen Anlagen?

«Fixed Income is back», lautet das Motto. Das haben wir an unseren Zahlen gesehen. Wir hatten im ersten Halbjahr 2023 rund 6,9 Milliarden Franken Nettoneugeld, davon gingen 3,3 Milliarden Franken in Obligationen. Das Kundeninteresse hat markant zugenommen.

«Es ist zu einem markanten Anstieg von Neuausschreibungen gekommen»

Gibt es auch hier Folgen durch die Übernahme der CS durch die UBS?

Aufgrund des Zinsanstiegs überprüfen die Kunden ihre strategische Asset Allocation. Daher ist es zu einem markanten Anstieg von Neuausschreibungen von Mandaten via RfPs (Request for Proposal) gekommen. Wir allein hatten gegen 25 Prozent mehr RfPs im Haus. Das deutet auf viel Stress im Markt hin. Bei einem Wechsel des Portfoliomangers, oder wenn der Asset Manager in neue Hände kommt, ist es Usus, dass das Mandat auf eine Watchlist kommt und häufig darauf neu ausgeschrieben wird.

Das heisst nicht, dass die Manager schlecht sind oder die Mandate woanders landen. Aber das Thema Diversifikation der Anbieter spielt eine Rolle.

Apropos Allokation: Wie entwickeln sich die Investments in Immobilien nach dem Zinsschock?

In der Schweiz fliesst weiter Geld in Immobilien, wenn auch weniger als während der Niedrigzinsphase. Bei vielen Pensionskassen und Versicherungen haben sich bei ihren Asset-Allokationen passiv Übergewichte bei Immobilien ergeben. Dadurch hat der Appetit für weitere Zukäufe abgenommen, und die Zahl der Transaktionen ist gesunken. Die Nachfrage ist aber nie versiegt.

Wer ist derzeit am Markt aktiv?

Grosse Portfolios sind kaum auf dem Markt, und dafür gibt es auch wenig Abnehmer. Was läuft, sind kleine und mittelgrosse Immobilien. Das bietet Möglichkeiten für die Käufergruppe, die in den vergangenen Jahren nicht zum Zug gekommen sind, also Privatpersonen und Family Offices. Die sind jetzt am Markt aktiv und zahlen immer noch gute Preise.

Gibt es auch Akteure, die von der Käufer- auf die Verkäuferseite gewechselt haben?

Nettoverkäufe bei Versicherungen und Pensionsfonds sehen wir nicht. Aber es wird mehr in den Bestand und die Verdichtung investiert. So wird der Bestand dekarbonisiert, und durch die Verdichtung entstehen mehr Flächen, die an zentralen Lagen vom Markt nachgefragt werden. Das ist finanziell interessant und ökologisch sinnvoll.

«Einsprachen hat es nur von rund 5 Prozent der Mieter gegeben»

Was macht Immobilien trotz der Zinsen und Anlagealternativen weiter attraktiv?

Immobilieninvestitionen in der Schweiz haben derzeit zwei Vorteile. Einmal der Inflationsschutz bei gewerblichen Immobilien und zum anderen der Zinsschutz durch den Referenzzinssatz bei Wohnimmobilien.

Als einer der grössten Immobilienbesitzer und -verwalter haben auch sie Mieterhöhungen umgesetzt. Was erwarten sie hier?

Die Erhöhungen haben rund die Hälfte der Wohnungsmieter betroffen. Wir habe sie einen Monat später umgesetzt, als es eigentlich möglich gewesen wäre. Wir wollten das sorgfältig machen. Wir versuchen, einen kooperativen Kurs zu fahren, ähnlich wie wir das auch während er Corona-Pandemie bei kleinen Unternehmen oder Gastronomiebetrieben gemacht haben.

Bisher haben wir sehr wenige Fälle, bei denen Mieter mit der Erhöhung Probleme haben. Einsprachen hat es nur von rund 5 Prozent der Mieterinnen und Mieter gegeben.

Wenn wie erwartet weitere Erhöhungen folgen, dürften mehr Mieterinnen und Mieter betroffen sein und auch mehr Probleme haben, den Zins zu zahlen. Was erwarten sie dann?

Wir sind vorbereitet für solche Härtefälle. Wenn Mieter auf uns zukommen, werden wir mit ihnen in einen Dialog treten und solche Fälle individuell prüfen. Da ist unsere Grösse von Vorteil. Mit unserer Tochtergesellschaft Livit können wir auch in einem angespannten Markt Lösungen anbieten.

«Steigende Zahl der Rekurse ist ein Hindernis»

In den Schweizer Zentren spricht man schon von Wohnungsnot. Was kann Swiss Life hier tun?

Wir haben immer noch eine hohe Nettozuwanderung, und die Bautätigkeit sinkt. Wir haben praktisch keinen Leerstand in den Zentren und auch dort, wo es ihn gab, verschwindet er zunehmend. Da gibt es nur eine Lösung: mehr bauen.

Wo sehen Sie die Hindernisse?

In der Schweiz hat sich der Zeitraum zwischen Baugesuch und Baubeginn in den vergangenen zwölf Jahren um zwei Drittel verlängert. Wir sprechen jetzt über Zeiträume von 100 bis 500 Tagen. Das kostet Geld und bringt keine neue Wohnung. Ein wichtiges Element ist dabei die steigende Zahl der Einsprachen. Mit weniger Bautätigkeit auf der grünen Wiese und mehr Verdichtung ist auch die Zahl der Rekurse gestiegen. Wir könnten bis zu 1'000 Wohnungen pro Jahr bauen, wenn man uns liesse. In diesem Jahr werden es mehrere Hundert sein.


Stefan Mächler leitet bereits seit mehr als neun Jahren als Group Chief Investment Officer (CIO) und Mitglied der Konzernleitung den Bereich Asset Managers von Swiss Life. Zuvor hat er bei der Mobiliar ebenfalls als CIO rund fünf Jahre lang das Asset Management verantwortet.

Seine Karriere begonnen hat Mächler bei der Credit Suisse, bei der er 18 Jahre lang tätig war und in den Bereichen Kapitalmarkt und Asset Management gearbeitet hat. Davon verbrachte er neun Jahre im Ausland auf verschiedenen Stationen in Tokio, Osaka, Seoul und Frankfurt. Zudem war er die treibende Kraft bei der Gründung der börsenkotierten Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site, deren Verwaltungsratspräsident er bis 2005 war.

Swiss Life Asset Managers ist mit knapp 260 Milliarden Franken Assets under Management einer der ganz Grossen in der Schweiz. Davon entfallen rund 105 Milliarden Franken auf Drittkunden wie etwa Pensionskassen, Anlagestiftungen, Vermögensverwalter oder Privatkunden. In dem Bereich arbeiten rund 2’100 Mitarbeitende, verglichen mit rund 10'000 im gesamten Konzern.