Die beträchtlichen Rechtsrisiken der Credit Suisse wandern zum neuen Mutterhaus UBS hinüber. Die Käuferin erbt diese im Rahmen eines Gesamtpakets.
In den Mitteilungen zur Fusion zwischen der Credit Suisse (CS) und der UBS steht es explizit nirgends. Doch wie im Umfeld des Zusammenschlusses zu vernehmen ist, übernimmt die Käuferin auch die lange Liste der Rechtsrisiken der gestrauchelten Erzrivalin. Dies im Rahmen des Deals, der von Bund, der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der Eidgenössischer Finanzmarktaufsicht (Finma) begleitet wird.
Das lässt aufmerken, wird bei Bankenübernahmen doch Wert darauf gelegt, die bekannten «Leichen im Keller» bei der Zielfirma nach Möglichkeit aus der Transaktion herauszulösen. Bekannte Beispiele waren in der Schweiz die Übernahmen von Coutts International und der Tessiner Privatbank BSI, die beide tief in den Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verwickelt waren.
Einen solchen «Carve-out» der Rechtsrisiken wird es nun bei der Fusion zwischen den beiden grössten Schweizer Banken nicht geben; die UBS wird ihre treuhänderischen Pflichten bei der CS auch in dieser Frage wahrnehmen.
Agenda der Angst
Wie finews.ch Anfang Jahr aufzählte, sind bei der CS noch eine Reihe grosser Rechtskomplexe offen, und für dieses Jahr stehen bereits diverse Daten für Prozesse an – so mit den Betrugsopfern des ehemaligen CS-Bankers Patrice Lescaudron oder im Mosambik-Skandal. Auch US-Sammelkläger haben in den vergangenen Monaten keine Gelegenheit ausgelassen, um gegen das Institut zu weibeln. Zuletzt nahmen sie Aussagen unter die Lupe, die der Bankpräsident Axel Lehmann im vergangenen Dezember zu den Vermögensabflüssen beim Geldhaus gemacht hatte.
Der UBS ist bei der innert Tagen festgezurrten Übernahme der CS nichts anderes übriggeblieben, als die übernommenen Rechtsrisiken in den Preis einzukalkulieren. Wie bereits berichtet, bezahlt die UBS den CS-Aktionären rund 3 Milliarden Franken, was einem Abschlag von knapp zwei Dritteln zum Börsenwert der Bank vom vergangenen Freitag entspricht. Die CS führte Ende 2022 für ihre zahlreichen Rechtsfälle Rückstellungen von 1,17 Milliarden Franken in den Büchern.
Gemessen an dem, was die Bank für solche Risiken bereits bezahlte, ist dies ein Pappenstiel: Wie die Schweizer «Handelszeitung» jüngst berechnete, schlugen die Rechtsrisiken bei der CS in den vergangenen 13 Jahren mit 17 Milliarden Franken zu Buche.
Markus Diethelm erneut zentral für die UBS
Die maximal 9 Milliarden Franken Verlustgarantie, welche die UBS am Sonntag vom Staat zugesprochen erhalten hat, beziehen sich dagegen nur auf ein spezifisches Derivate-Portefeuille, das die Grossbank vor dem Deal nur kurz prüfen konnte. Zudem: die Aushebelung der Aktionärsrechte durch Notrecht bei der Blitzfusion könnte auch UBS-Aktionäre dazu veranlassen, gegen das Institut vorzugehen.
Sinnigerweise ist bei der CS ein Mann mit den juristischen Aufräumarbeiten beschäftigt, der die UBS bestens kennt – es ist niemand anderes als Markus Diethelm, der langjährige Chefjurist der UBS. Für letzteres Institut ist er mit dem Zusammenschluss erneut zur zentralen Figur avanciert.