Das viel beachtete Quant-Startup Simag der Credit Suisse und der ETH Zürich ist still mit einer anderen Fondsfirma fusioniert worden. Das hat direkt mit den Algorithmen zu tun, die Miteigentümer David Solo für Simag entwickelte, wie finews.ch-Recherchen zeigen.
Die Zäsur in der hoffnungsvollen Geschichte von Simag kam überraschend – und leise. Dass das vor drei Jahren unter einigem Aufsehen lancierte ETH-Spinoff mit einer weiteren Fondsfirma aus dem Universum der Grossbank Credit Suisse (CS) zur Gesellschaft SG Value Partners fusioniert wurde, teilte die Grossbank offiziell nur der eigenen Belegschaft mit.
Mit der Fusion traten bei Simag auch mehrere renommierte Experten ins zweite Glied. Darunter Didier Sornette (Bild unten), ETH-Professor und bekannter Spezialist für die Vorhersage von Börsenblasen, der das Hochschul-Spinoff von Anfang an begleitet hatte. Er ist aus dem Verwaltungsrat ausgetreten und wirkt als Berater des alten Simag-Teams, wie er auf Anfrage von finews.ch bestätigte.
Nicht mehr beteiligt
Einen hellen Klang am Finanzplatz hat auch der Name von David Solo, in der Branche bekannt als einstiger UBS-Manager und Ex-CEO der Schweizer Fondsfirma GAM.
Solo amtete als Simag-Präsident und soll selber in die Firma investiert haben. Wie es heisst, ist er dort ebenfalls «nur» noch in der Beraterrolle aktiv. Wie die CS auf Anfrage bestätigte, ist Solo nicht an SG Value Partners beteiligt; die Grossbank ist dort Ankeraktionärin.
In den Strudel gerissen
Recherchen zufolge begnügten sich Sornette und Solo bei der Vorgängerfirma Simag nicht mit der Aufseher- und Beraterrolle: Beide waren direkt in die Entwicklung der Algorithmen involviert, die das Kernstück von Simag ausmachten. Geleitet von jenen Codes suchte der Simag-Fonds am Aktienmarkt nach Investment-Gelegenheiten – und wurde mit in den Strudel gerissen, als die Börsen vergangenen März crashten.
«Als damaliger Verwaltungsratspräsident war Herr Solo auch in der Weiterentwicklung des Modells involviert», heisst es bei der Grossbank. ETH-Professor Sornette, auf dessen wissenschaftlichen Arbeiten zu den Finanzmärkten das Simag-Modell basiert, bestätigt: «Der Algorithmus, der die Künstliche Intelligenz hinter der Simag-Strategie beliefert, wurde von David Solo und mir persönlich entwickelt.»
Ingenieur am MIT
Wegen seiner legendären Scheu vor der Öffentlichkeit bezeichnete finews.ch Solo auch schon als «Phantom». Das mindert seinen Einfluss am Finanzplatz nicht: Der Amerikaner war einst über den Hedgefonds O'Connor zur UBS gestossen und wurde zum Protegé des damaligen Bankchefs Marcel Ospel. Mit nur 32 Jahren beförderte die Bank den Optionenhändler zum operativen Leiter der US-Tochter SBC Warburg. Später stiess er beim Verkauf von UBS-Fondstochter GAM zum Zürcher Traditionshaus Julius Bär und stieg dort zum GAM-Chef auf.
Was viele nicht wissen: Solo war zuerst Wissenschafter, bevor seine kometenhafte Zweitkarriere im Banking begann. Er hatte sich am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) ausbilden lassen und beschloss sein Studium mit einem Diplom als Elektroingenieur. Am Charles Draker Defense Laboratory in Chicago forschte er dann zu Künstlicher Intelligenz (KI) – die Zukunftstechnologie, die auch bei Simag zum Einsatz gelangte.
Rabenschwarzes Jahr für Quants
Doch die smarten Maschinen und der ETH-Supercomputer vermochten nicht zu verhindern, dass die Simag-Strategie vergangenen Frühling vom Corona-Crash mitgerissen wurde. Dabei erging es der Firma wie vielen anderen der Algorithmen-basierten Quant-Fonds: 2020 ist für die nach den Lehren der Vergangenheit programmierten Vehikel ein rabenschwarzes Jahr.
Finanzwissenschafter Sornette selber beschreibt die Geschehnisse als «frustrierend». Dies vor allem wegen der Auflagen, unter denen Simag operieren musste. Als institutioneller Fonds hatte das Vehikel stets voll in Aktien investiert zu sein und durfte auch kein Hedging in Anspruch nehmen. «Aufgrund der Strategie konnte sich der Fonds den Abgaben vom März nicht entziehen, obschon er weniger in Mitleidenschaft gezogen wurde als der Markt», berichtete Sornette.
Dies, nachdem das Simag-Team schon im letzten Dezember eine Blase an den Aktienmärkten ausgemacht und entsprechend vor Rücksetzern gewarnt habe. Immerhin sei die Fondsrendite seit Jahresbeginn positiv, sagt der Wissenschafter.
Der Schaden war angerichtet
Wie Kenner der Vorgänge berichten, war der Schaden aber angerichtet. Als junge Firma mit rund 150 Millionen Franken an verwalteten Vermögen und überschaubarem Leistungsausweis drohte Sigma bei den anspruchsvollen Investoren aus der Welt der Pensionskassen und Versicherer durchzufallen. Die relativ hohe Kostenbasis habe das Übrige dazugetan, dass die CS zum Entscheid gelangte, Simag mit den deutlich grösseren Value-Aktienfonds zu SG Value Partners zu fusionieren.
Der Kostenentscheid wird seitens der Grossbank bestritten. «Die volllizenzierte Plattform ist nicht nur operationell hocheffizient und professionell, sondern auch sehr gut skalierbar.» In der Folge sei es sinnvoll, das bestehende Angebot mit weiteren Strategien auszubauen. Auf eine neuen Anlauf setzt auch Sornette, der Vater der Quant-Strategie: «Ich hoffe, dass wir in Zukunft auf Hedging zurückgreifen können.»