Die wichtigsten Schweizer Bankwerte erleben einen Gewinnsprung. Der Grund dafür liegt in einem 100-Billionen-Dollar-Markt.
Plus 4 Prozent für die Titel der Credit Suisse (CS), 3,5 Prozent für die UBS-Namen sowie plus 3,4 Prozent für die Aktien der Privatbank Julius Bär: Die Kurse der Schweizer Bluechip-Bankenwerte legten am (heutigen) Mittwoch einen Kurssprung hin wie schon lange nicht mehr.
Der Grund für die plötzliche Hausse ist in den USA zu suchen, wie Börsenhändler zur Agentur «AWP» sagten. Dort ist es zu einem Ereignis gekommen, auf das die Finanzmärkte neun Monate warten mussten: Erstmals seit dem Corona-Crash vom vergangenen März werfen US-Schatzanleihen mit zehnjähriger Laufzeit, die so genannten Treasuries, eine Rendite von über 1 Prozent ab.
Hoffnung auf eine Wende beim Zins
Den Sprung über die psychologisch bedeutsame Prozent-Marke ist aktuell das Gesprächsthema Nummer eins an den Märkten. Wenn die Renditen steigen, fallen die Kurse der Anleihen – ein Indiz, das die Besitzer bereits laufender Obligationen die Papiere in der Hoffnung auf eine höhere Verzinsung abstossen. So deutet denn auch der Markt die Bewegung in den Treasury-Renditen: Die Zinsen könnten aus dem ultratiefen und sogar negativen Territorium zumindest ein Stück weit herauskommen.
Wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, gehen Experten bis 2022 von Renditen bis zu 1,25 Prozent auf US-Schatzanleihen aus.
Doch noch Inflation?
Die Renditen reagierten dabei direkt auf die politischen Verschiebungen in den USA. Am heutigen Mittwoch soll der US-Kongress die Wahl des designierten Präsidenten Joe Biden bestätigen. Ebenfalls könnten die Demokraten im US-Bundesstaat die Senatssitze gewinnen, womit sie in beiden Kammern des Parlaments künftig die Mehrheit hätten. Dies würde es der Partei ermöglichen, Stimulus-Programme für die Arbeitsmarkt und Wirtschaft leichter durchzubringen.
Mittlerweile gibt es sogar Anzeichen für die von Geldpolitik bisher ausgeschaltete Inflation: Fondsmanager positionieren sich laut «Financial Times» bereits für ein mittelfristig anziehende Teuerung.
Unter Buchwert
Steigende Zinsen wären Wasser auf die Mühlen der Banken. Der Druck auf die Zinsmarge belastet das Geschäft der Schweizer Häuser spätestens seit dem Frankenschock von 2015; in den USA fielen die Leitzinsen letzten März ebenfalls auf Null, was nun auch die Banken an der Wall Street zu spüren bekamen. Das Tiefzinsumfeld ist auch ein wichtiges Argument dafür, warum die Aktien von UBS und CS unter Buchwert gehandelt werden.
Entsprechend gross ist das Aufholpotenzial für die Titel. Der Index der an der Schweizer Börse SIX gelisteten Bankwerte SWX SP Banks TR notiert über die letzten zwölf Monate besehen 13 Prozent im Minus; dies gegenüber plus 3,3 Prozent des breiten Markts (SPI).
Die tiefen und negativen Renditen haben derweil auch dafür gesorgt, dass Anleihen an Attraktivität verloren haben – wie auch finews.ch berichtete, verzichteten einzelne Schweizer Vermögensverwalter 2020 ganz auf Obligationen. Die Renditeschwäche des 100-Billionen-Dollar-schweren Anleihenmarkts zwang die Investoren in der Folge ins Risiko: Die Flucht aus Bonds ist ein wesentlicher Grund für die Hausse in Aktien, Gold und gar digitalen Anlagen wie Bitcoin.
Das letzte Wort haben die Notenbanker
An dieser Umschichtung haben die Banken in den letzten Monat allerdings bestens verdient. Man wird deshalb sehen, ob eine allfällige Entspannung der Zinsmarge nicht durch Mindereinnahmen im Kommissions-Geschäft geschmälert wird.
Am Ende haben sowieso die Notenbanker das letzte Wort. Die Märkte gehen davon aus, dass die Währungshüter die ultralockere Geldpolitik beibehalten und Notfalls einschreiten würden, um die Anleihenrenditen im Zaum zu halten. Das alles ficht die Käufer von Bankaktien am heutigen Mittwoch nicht an: Sie wissen zu schätzen, dass die Kurse für einmal in die andere Richtung zeigen – nach oben.