Banken wie die UBS, Falcon oder die BSI sind in Geldwäschereifälle mit malaysischen Potentatengeldern verwickelt. In der Schweiz ist es der Bruno Manser Fonds, der die Bundesanwaltschaft alarmiert hat. Der Geschäftsleiter des Fonds, Lukas Straumann, sagt im Interview mit finews.ch, diese Fälle seien nur die Spitze des Eisbergs.


Lukas Straumann leitet seit elf Jahren den Bruno Manser Fonds, der nach dem Schweizer Ethnologen und Umweltaktivisten benannt ist, der vor 15 Jahren im malaysischen Sarawak spurlos verschwand. Der Fonds setzt sich für den Schutz des Regenwaldes auf Borneo und die Rechte der Urvölker ein. Dabei geht der Fonds auch gegen den ehemaligen Premierminister von Sawarak, Abdul Taib Mahmud, vor und zeigte die UBS an, weil sie mit Mahmud Geschäftsbeziehungen pflegte. Straumann hat in seinem Buch «Money Logging» die Zusammenhänge zwischen Geldwäscherei, Umweltzerstörung und Korruption beschrieben.

Auch im Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB hat der Bruno Manser Fonds Strafanzeige wegen Geldwäscherei eingereicht. Die Bundesanwaltschaft hat nun Ermittlungen aufgenommen. Involviert ist eine Reihe von Schweizer Banken, darunter die UBS, Credit Suisse, Falcon Private Bank und BSI.


Herr Straumann, der Bruno Manser Fonds entwickelt sich im Zusammenhang mit seinen Bemühungen zum Schutz des Regenwaldes zum Schweizer Bankenschreck: Sie haben die Credit Suisse angeprangert, die UBS angezeigt, und nun stehen die Falcon Private Bank, BSI und Coutts im Mittelpunkt einer Korruptionsaffäre in Malaysia.

Ihr Eindruck täuscht nicht. Etwas plakativ gesagt: Wir haben unsere Recherchen über die Abholzung des Regenwaldes in Borneo begonnen und sind in zwei von drei Fällen am Paradeplatz in Zürich gelandet. Bei einem Fall war die Deutsche Bank involviert.

«Dieser Fall ist ein Lehrbuch-Beispiel von korruptem Verhalten»

Zu unserem Auftrag gehört die Korruptionsbekämpfung. Das ist in den Statuten des Bruno Manser Fonds festgehalten. Korrupte malaysische Potentaten haben an der Abholzung des Regenwaldes Milliarden verdient. Wird diese Korruption nicht beendet, kann der Regenwald nicht geschützt werden.

In den letzten Wochen gab es im Zuge der Aufarbeitung der Korruptionsfälle eine Kaskade an Negativ-News über Schweizer Banken. Ist dies bloss die Spitze des Eisbergs?

Ja, davon gehe ich aus.

Warum?

In Malaysia haben Recherchen von Journalisten den Fall um den maroden Staatsfonds 1MDB ins Rollen gebracht. Sie hatten Informationen von Insidern, die das Treiben der Potentaten und von Präsident Najib Razak nicht länger decken wollten. Der Fall ist doch ein Lehrbuch-Beispiel von korruptem Verhalten von Eliten, das auch in anderen Schwellenländern vorkommt.

«Die Loyalität von Mitwissern ändert schnell»

Spuren des brasilianischenPetrobras-Skandals führen zu Schweizer Banken (Pictet, Lombard Odier, Banque Cramer, Julius Bär, J. Safra Sarasin, Anmerkung der Red.). Der Genfer Fall der HSBC hat in Indien Riesenwellen geworfen, weil indische Politiker da Konti hatten. Wenn an den globalen Finanzmärkten mit Geldern dubioser Herkunft gearbeitet wird, betrifft das natürlich auch die Schweiz.

Die Banken kontrollieren doch inzwischen sehr genau, aus welchen Quellen Gelder stammen, und ob diese von so genannten PEP (Political Exposed Persons) stammen.

Diese Sorgfaltspflicht besteht seit Jahren und ist heute Teil der Geldwäschereiverordnung der Finma. Offensichtlich wurde aber gerade in Schwellenländern im Interesse eines forcierten Wachstums nicht sorgfältig genug geprüft. Da hängt ein Damoklesschwert über den Schweizer Privatbanken.

Durch die Digitalisierung ist es viel einfacher geworden, heikle Daten und Informationen zu entwenden. Diese Korruptionsfälle haben immer eine Reihe von Mitwissern, deren Loyalität sich schnell ändern kann, sobald sich die Machtgefüge in diesen Ländern verschieben.

Man bekommt den Eindruck, der Bruno Manser Fonds habe sich gegen den heimischen Finanzplatz eingeschossen.

Wir haben diese Rolle nicht gesucht, sondern sie ergab sich aus unserer Arbeit in Malaysia, als wir begannen, den Geldflüssen nachzugehen. Unsere rechtlichen Schritte gegen Geldwäscherei beschränken sich keineswegs auf die Schweiz. So sind wir auch in Grossbritannien, Kanada und den USA bei der Justiz vorstellig geworden. Und im Fall Deutsche Bank haben wir die deutsche Bankenaufsicht eingeschaltet.

«Der Fall zeigt, dass die Banken ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben»

Unser Ziel ist nicht, Banken und ihre Geschäftspraktiken anzuprangern, sondern die Lebensbedingungen der Menschen im Regenwald Borneos zu verbessern. Nicht wir schaden dem Schweizer Finanzplatz, sondern jene Potentaten, die Korruptionsgelder in die Schweiz bringen und die Banken, die diese Gelder annehmen oder verschieben.

Um die Korruption zu bekämpfen, klagen sie aber gegen Schweizer Banken. Wie gegen die UBS, die Geld von Musa Aman, dem Minister von Sabah in Borneo gewaschen haben soll.

Der Fall zeigt doch, dass diese Banken ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und die eigenen Compliance-Vorgaben nicht umsetzen. Die 2012 eingereichte Strafanzeige gegen die UBS hat aber einen weiteren Grund: Die Anzeige beruht auf dem Artikel 102 des Strafgesetzbuches, in welchem es um die strafrechtliche Verantwortung eines Unternehmens bei Organisationsmängeln geht.

«Es gibt mehr Fälle als geahndet werden»

Diesen Artikel 102 der Haftung eines Unternehmens bei Fällen wie Geldwäscherei oder Bestechung gibt es seit zehn Jahren. Und nur einmal gab es einen Strafbefehl, gegen Alstom – aber noch nie ein Urteil. Wir wollen mit der Anzeige gegen die UBS – und der jüngste Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts in Bern hat einen hinreichenden Tatverdacht für Geldwäscherei bestätigt – einen Präzedenzfall schaffen.

Warum gab es bislang keine Urteile im Zusammenhang mit Korruptions- oder Geldwäschereifällen?

Korruption ist in der Regel sehr schwer aufzudecken und zu belegen. Aber es gibt mehr Fälle, als geahndet werden. Meiner Meinung nach müssten in deutlich mehr Fällen Strafverfahren eröffnet und zu Ende geführt werden.

«Uns fällt auf, dass innerhalb der Banken verschiedene Massstäbe gelten»

Mein persönlicher Eindruck ist, dass in den Abläufen und in der Kommunikation zwischen der Meldestelle für Geldwäscherei, der Finma und den Strafbehörden nicht alles optimal läuft. Die Frage stellt sich aber auch, ob die Bundesanwaltschaft ihre Prioritäten richtig setzt.

Haben die Schweizer Banken noch immer Compliance-Probleme?

Zumindest sind sie noch nicht aufgearbeitet. Uns fällt auf, dass innerhalb der Banken offenbar verschiedene Massstäbe gelten oder gegolten haben. Nehmen wir nochmals das Beispiel der UBS: Der Fall Musa Aman betrifft die UBS in Singapur und geht auf die Jahre 2006 und 2007 zurück. Die Bank hat für ihren Kunden eine ganze Reihe von Offshore-Gesellschaften gegründet, um die Herkunft der Gelder zu verschleiern.

«Der Fall UBS ist sehr gut belegt»

War das ein Einzelfall? Nein: Gemäss den Dokumenten aus der so genannten Offshore-Leaks-Datenbank hat allein die UBS Singapur deutlich über tausend solcher Offshore-Gesellschaften für Kunden gegründet. Das war ein Geschäftsmodell mit einer Strategie. Und es ging dabei wohl nicht nur um Steuervermeidung, sondern mutmasslich auch um Geldwäscherei.

Sie haben die UBS in der Schweiz und in Singapur angezeigt. Die Aufsichtsbehörde in Singapur, die MAS, will erst die hiesigen Untersuchungen abwarten. Wie justiziabel sind in der Schweiz Fälle von ausländischen Tochtergesellschaften von Schweizer Banken?

Das kommt auf die Beweislage und die Bereitschaft von Drittstaaten zur Rechtshilfe darauf an. Der Fall UBS ist sehr gut belegt, es liegen beispielsweise Kontoeröffnungs-Dokumente vor.

«Singapur blieb in diesem Fall hart»

Malaysia wird allerdings in diesem Fall kaum Rechtshilfe leisten, da führende Politiker involviert sind. Aber wie der jüngste Gerichtsentscheid in Bern gezeigt hat, sehen Schweizer Justizbehörden einen hinreichenden Tatverdacht.

Was ist mit der BSI oder der Falcon Private Bank, deren Singapurer Zweigstelle 680 Millionen Dollar auf private Konten von Präsident Najib Razak transferierte?

Wir wissen nicht, ob die Schweizer Strafbehörden hier zuständig sind, weil die Gelder offenbar nicht über die Schweiz gelaufen sind. Regulatorisch dürfte der Fall aber auf jeden Fall die Finma betreffen.

Was tun die Behörden in Singapur?

Die Konten von Najib sind eingefroren. Er wollte dies zwar rückgängig machen, aber Singapur blieb hart. Dass die Bundesanwaltschaft nun ein Strafverfahren gegen Organe das malaysischen Staatsfonds 1MDB eröffnet hat, ist sowohl in Singapur als auch im arabischen Raum sehr genau registriert worden.

Werden noch mehr Fälle zutage treten, wenn Singapur den Automatischen Informationsaustausch (AIA) ab 2018 einführt?

Das werden wir sehen – aber es gilt einige Punkte zu bedenken. Zunächst: Für welche Länder gilt der AIA? Wenn nur OECD-Länder eingeschlossen sind, betrifft das in Asien nur Japan und Südkorea.

«Die UBS hat eine klassische Verteidigungsstrategie aufgegleist»

Ich habe meine Zweifel, ob Singapur auch mit Ländern wie Malaysia und Indonesien den AIA einführen wird, wie das öffentlich angekündigt wurde. Das wäre eine riesige Policy-Änderung. Das Geschäft mit Schwarzgeld aus diesen Ländern ist für den Offshore-Bankenplatz Singapur nach wie vor von grosser Wichtigkeit.

Nochmals zum Fall UBS: Die Bundesanwaltschaft versucht seit geraumer Zeit, von der Bank Unterlagen zu den Geschäftsbeziehungen zu Musa Aman zu erhalten. Bislang vergeblich. Dabei betont die UBS, sie arbeite in der Aufarbeitung des Falles mit den Strafbehörden zusammen.

Mich enttäuscht das Vorgehen der UBS. Die Bank verweigert der Bundesanwaltschaft Unterlagen, welche sie der Finma ausgehändigt hat. Sie macht prozessuale Gründe dafür geltend. Die UBS hat eine Anwaltskanzlei mit dem Fall beauftragt und eine klassische Verteidigungsstrategie aufgegleist, in der verzögert und blockiert wird. Das zeigt, dass sie an der Aufarbeitung des Falles nicht wirklich interessiert ist.

Wie kommt das Vorgehen des Bruno Manser Fonds gegen die Banken bei den Spendern an?

In der Regel gut. Es ist den allermeisten verständlich, dass dies direkt dem Zweck des Fonds, dem Schutz des Regenwaldes, dient. Nur ein Spender hat uns gekündigt, ein Mitarbeiter einer Schweizer Grossbank.

Er begründete dies damit, dass der Bruno Manser Fonds eine Kampagne gegen seinen Arbeitgeber führe. Das ist nicht der Fall. Wir führen eine Kampagne gegen die Korruption und ihre schädlichen Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt.