Peter Bernholz war vieles: ein ausgezeichneter Ökonom, ein Kenner der Geldtheorie und der Währungsgeschichte, ein liberaler und unabhängiger Geist. Beharrlich und konsequent hat er sich als Wissenschaftler auch in der Öffentlichkeit unermüdlich gegen die Inflation und für die Freiheit eingesetzt.

Peter Bernholz, emeritierter Professor für Nationalökonomie an der Universität Basel, ist am vergangenen Samstag im Alter von 95 Jahren verstorben. Mit ihm tritt ein auf die Geldtheorie und die Währungsgeschichte spezialisierter, aber durchaus der ganzen Themenfülle der Volkswirtschaftslehre aufgeschlossener Ökonom von der Bühne ab.

Bernholz, der 1962 an der Universität Frankfurt habilitiert wurde, war ein brillanter und produktiver Wissenschaftler. Davon zeugt die lange Liste seiner Werke und Beiträge. Und die Zahl der Kongresse, Kolloquien, Seminare, Tagungen usw., an denen er auf dem Podium vor einem Fachpublikum auftrat, dürfte in die Tausende gehen. Und wenn er selber einmal nicht auf der Bühne stand, meldete er sich bei Veranstaltungen bis noch vor wenigen Jahren gerne mit scharfzüngigen Einlassungen zu Wort, die manchmal fast den Charakter von Korreferaten hatten.

Fundus an Wissen über die Währungsgeschichte

Wer ihn allerdings etwas näher kannte, wusste, dass er im persönlichen Gespräch auch feinsinnig, inspirierend und angenehm sein konnte und Beziehungen über Jahrzehnte pflegte.

Ungewöhnlich war sein umfassendes Wissen über die Währungs- und die Ideengeschichte, das er, der auch sehr belesen war, nicht nur aus Büchern, Forschungsarbeiten und Statistiken schöpfte. Denn er hatte auch am eigenen Leib erlebt, wie gut (oder wie schlecht) unterschiedliche Währungs- und Herrschaftsregimes seit den 1930er-Jahren funktioniert haben.

Kein Professor im Elfenbeinturm

Bernholz nahm sich aber auch neben seinem umfangreichen wissenschaftlichen Schaffen und seiner Lehrtätigkeit  – zuerst als Dozent respektive Professor an der Universität Frankfurt und an der Technischen Universität Berlin und dann von 1971 bis zu seiner Emeritierung 1997 an der Universität Basel – immer wieder die nötige Zeit, in der Öffentlichkeit zu kontroversen und relevanten wirtschaftspolitischen Fragen Stellung zu nehmen.

Besonders am Herzen lagen ihm geldpolitische Fragen und die Institution der Zentralbank, insbesondere der richtige Umgang mit dem Phänomen der Inflation, wo er im Wissen um die geschichtlichen Zusammenhänge zur Vorsicht mahnte. Unzählige Beiträge und Interviews belegen, dass Bernholz immer sach- und fachkundig argumentierte und – was im öffentlichen Diskurs mit Wissenschaftlern im deutschen Sprachraum bis heute leider nicht generell vorausgesetzt werden kann – mit klaren Worten auch ausserhalb von Fachkreisen verständliche und nachvollziehbare Aussagen zu formulieren vermochte.

Politische Ökonomie – auch Politiker sind eigennützig

Bernholz war ein kritischer und liberaler Geist und in Europa ein Pionier in der Disziplin der politischen Ökonomie (Public-Choice-Theorie), welche die Politik mit dem Instrumentarium der Wirtschaftswissenschaften analysiert und aufdeckt, dass die politischen Akteure auch eigene Interessen verfolgen. Wie viele andere auf diesem Feld tätige Ökonomen schätzte er wohl auch deshalb die Demokratie und das Schweizer Modell der direkten Demokratie.

Nicht zuletzt aufgrund seiner längeren Gastprofessuren an Universitäten in den USA war Bernholz auch international bestens vernetzt. Zudem war er Mitglied in der Mont-Pèlerin-Society, der Vereins für Socialpolitik und wurde 2017 von der Hayek-Gesellschaft mit einer Medaille ausgezeichnet.

Opposition gegen die Goldverkäufe der Nationalbank

Für seine Unabhängigkeit spricht, dass er sich nicht scheute, einen von ihm als richtig befundenen Standpunkt auch gegen Widerstände beharrlich und konsequent zu vertreten. Ein nicht unwichtiges Beispiel dafür waren die von der Politik angestossenen Goldverkäufe der Nationalbank (1300 Tonnen, die Hälfte des Bestandes), die Ende der 199oer-Jahre beschlossen und ab 2000 ausgeführt wurden. Bernholz war damals in der Schweiz wohl der einzige international renommierte und auch in Notenbankkreise be- und geachtete Ökonom, der es wagte, öffentlich dagegen zu plädieren.

Eines seiner zentralen Argumente lautete damals, dass der Ertrag von (verzinsten) Dollaranlagen real und in Franken langfristig tiefer liege als der Ertrag des (zinslosen) Goldes; und als Wissenschaftler behauptete er nicht einfach, sondern lieferte mit eigenen Berechnungen den Beleg dafür. In Zeiten, in denen der Goldpreis von Rekord zu Rekord eilt, mutet dieses Argument aktueller an denn je.

Bernholz' Stimme wird in der Debatte um die Geldpolitik, die Inflation und die Zentralbanken fehlen, ebenso wie seine Beiträge für die Freiheit des Individuums und gegen den wuchernden Staat.