Die SNB zieht in ihrem Stabilitätsbericht die Lehren aus dem Fall CS. Sie fordert mehr Eigenmittel für die Tochtergesellschaften, eine vorsichtigere Berechnung des Kernkapitals und stärkere Sicherheiten. Den inlandorientierten Banken attestiert sie eine hohe Widerstandsfähigkeit.
Am Donnerstagmorgen früh hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren jährlichen Bericht zur Finanzstabilität vorgelegt. Die SNB hat neben ihrer Kernaufgabe, der Sicherung der Preisstabilität, auch zur Finanzstabilität beizutragen – und im Bericht gibt sie eine Einschätzung des Schweizer Bankensektors und des dafür relevanten Umfelds ab, insbesondere des Immobilienmarktes.
Die Publikation dient auch dazu, auf Schwachstellen hinzuweisen, welche die Systemstabilität bedrohen könnten, und enthält Forderungen, wie diese zu beheben sind. Hinweise darauf, welche Punkte der SNB besonders wichtig sind, gibt sie jeweils an der Medienkonferenz am späteren Vormittag, an der auch der Zinsentscheid präsentiert wird.
Auf der Linie des Bundesrats
Nachdem der letzte Bericht von den Erfahrungen mit der unmittelbaren Bewältigung der Krise der Credit Suisse (CS) im März 2023 geprägt waren, dominieren diesmal die Lehren, welche aus dem Untergang der Grossbank für die künftige Regulierung gezogen werden. Die SNB legt dabei Nüchternheit an den Tag und weicht nicht von der Linie ab, die der Bundesrat in seinem Bericht zur Bankenstabilität im April vorgegeben hat. Sie unterstützt schärfere Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen, Reformen, die ein früheres Eingreifen der Regulatoren erlaufen und Anpassungen bei den Resolution-Regeln, die der Sanierung oder Abwicklung einer Bank dienen.
Ausgeführt werden in der Zusammenfassung des Berichts drei Forderungen: Erstens möchte die SNB die Rolle des zusätzlichen Eigenkapitals (Additional-Tier-1, AT1) stärken. Wichtig ist es ihr, dass diese Instrumente bereits dann in Eigenkapital umgewandelt werden, wenn sich eine Bank noch selber retten kann. «Das war während der Krise der CS nicht der Fall», hält die SNB fest.
Vorsichtigere Bewertung von Assets
Zweitens unterstützt die SNB die Forderung, bei der Berechnung des Kernkapitals (CET1) mehr Vorsicht walten zu lassen. Software oder Steuergutschriften beispielsweise verlören in einer Restrukturierung massiv an Wert. Auch komplexe und illiquide Positionen sollen zurückhaltender bewertet werden.
Drittens soll das Stammhaus seine Tochtergesellschaften mit mehr Kapital hinterlegen müssen. Bei der CS sei der Wert der Beteiligungen drastisch zusammengebrochen, weil die Gewinnschätzungen für die Auslandtöchter reduziert worden seien, schreibt die SNB und hat dabei natürlich die UBS im Visier.
Wichtigere Rolle für Marktindikatoren und Stresstests
Die SNB räumt ein, dass «die regulatorischen Kennzahlen zu einem grossen Ausmass statische Masse bleiben» und will sie deshalb vermehrt mit Stresstests und Marktindikatoren ergänzen. In der CS-Krise war den Behörden vorgeworfen worden, sie hätten im Vorfeld zu wenig auf Marktindikatoren wie den Kurs der CS-Aktien oder AT1-Anleihen oder die Prämie für Ausfallversicherungen (Credit Default Swaps) geachtet.
Auch in Bezug auf die Sicherheiten (Collateral), gegen die Banken in einer Krise Kredite bei der SNB beziehen können, besteht Handlungsbedarf. Bei der CS habe das Problem nicht darin bestanden, dass die Palette der von ihr und anderen Zentralbanken akzeptierten Sicherheiten zu eng gewesen sei, schreibt die SNB. Vielmehr habe sich die CS ungenügend auf den Tag X vorbereitet. Die SNB pocht ausserdem auf rechtliche Vorkehrungen, die sicherstellen, dass sie das Collateral auch tatsächlich verwerten kann, wenn eine Bank einen Kredit nicht zurückzahlen kann.
Höhere Zinsen helfen den Banken
Weitgehend überraschungsfrei sind die Ausführungen zum wirtschaftlichen Umfeld, zu den Immobilienmärkten und zu den inlandorientierten Banken (alle ausser UBS). Der weltweite Markt für Wohnimmobilien habe den Zinsanstieg gut verdaut, und in der Schweiz habe sich auch die Abkühlung am Markt für Geschäftsliegenschaften in Grenzen gehalten. Die SNB gibt aber nicht rundum Entwarnung, sondern weist auf Verwundbarkeiten im weltweiten Immobilienmarkt sowie an den Anleihen- und Aktienmärkten und das generell hohe Niveau der Verschuldung hin.
Von den höheren Zinsen profitiert haben die inlandorientierten Banken. Sie haben ihre Zinsmarge und ihre Rentabilität verbessern können. Die SNB attestiert diesen Banken aufgrund ihrer hohen Kapitalpuffer eine hohe Widerstandsfähigkeit, auch in ausgesprochen pessimistischen Szenarien, die sie ihren Stresstests unterstellt.