Erwartet wurde es schon lange: Der Referenzzinssatz in der Schweiz ist erstmals seit seiner Einführung im September 2008 gestiegen. Jetzt kommen auf einen grossen Teil der Mieterinnen und Mieter höhere Wohnmieten zu. Das wird wiederum die Inflation anheizen.
Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat den hypothekarischen Referenzzinssatz per Anfang Juni von 1,25 Prozent auf 1,50 Prozent erhöht. Grundlage dabei bildet der vierteljährlich erhobene Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Dieser ist laut Mitteilung vom Donnerstag auf 1,44 Prozent von zuvor 1,33 Prozent gestiegen.
Laut dem BWO ist mit einer weiteren Erhöhung des Referenzzinssatzes zu rechnen, wenn der Durchschnittssatz die Marke von 1,62 Prozent überschreitet. Die nächste turnusmässige Neuberechnung steht Anfang September an.
Bei seiner Einführung im Jahr 2008 betrug der Referenzzinssatz 3,5 Prozent. Seitdem ging es stetig nach unten. Der bisher gültige Tiefststand von 1,25 Prozent wurde im März 2020 erreicht.
Grosser Teil der Mieterinnen und Mieter betroffen
Vermieter haben nun wieder einen Erhöhungsanspruch gegenüber den Mieterinnen und Mietern. Bei einer Steigerung des Satzes um 25 Basispunkte können die Mieten um 3,0 Prozent angehoben werden. Darüber hinaus können weitere eingetretene Kostenänderungen sowie 40 Prozent von der Veränderung des Landesindexes der Konsumentenpreise zu einem Anpassungsanspruch führen.
Laut dem Immobilienspezialisten Iazi könnten aus der Überwälzung der Inflation und aus drei Jahren allgemeiner Kostenpauschale von 0,5 Prozent pro Jahr eine Steigerung um weitere 3,5 Prozent geltend gemacht werden.
Damit könnten auf rund 42 Prozent der ausgewerteten Mietverträge aus dem IAZI Swiss Property Benchmark Mietzinserhöhungen zukommen.
«Natürlich gilt es, jedes Mietverhältnis separat anzuschauen, doch wir müssen davon ausgehen, dass eine Mietpreiserhöhung durchaus in einem Bereich zwischen 6 und 7 Prozent liegen könnte», sagt Iazi-CEO Donato Scognamiglio.
Steigende Mieten werden zum Inflationstreiber
Damit hätte die Erhöhung des Referenzzinssatzes einen dem Bemühen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gegenläufigen Effekt. Der Anteil der Mieten im Warenkorb des Landesindexes der Konsumentenpreise liegt bei 16 Prozent. Statt die Inflation zu dämpfen, wird sie über die Erhöhung des Referenzzinssatzes wieder nach oben getrieben.
Erhöhungen seien bei Liegenschaften mit Leerständen nicht gut durchzusetzen, heisst es weiter. Zudem seien die Eigentümer gut beraten, auch auf die Situation der finanziell schlechter gestellten Mieterschaft Rücksicht zu nehmen.
Richtung 2 Prozent
Aktuell müssten Vermieter heute 2 Prozent oder mehr für ihre Hypotheken bezahlen. Darum rechnen die Immobilienspezialisten mit weiteren Anhebungen. Der Referenzzinssatz werde sich in den kommenden zwei Jahren vermutlich schrittweise weiter Richtung 2 Prozent erhöhen.
Auch eine Reihe von Bank-Volkswirten rechnet mit Auswirkungen auf den Landesindex durch steigende Mieten. Bei den Inflationserwartungen wird zumeist davon ausgegangen, dass die Teuerung in der Schweiz in der zweiten Jahreshälfte wieder etwas anziehen wird.