In der beruflichen Vorsorge hat sich das Kräfteverhältnis zwischen den Anbietern markant verschoben, wie eine neue Studie feststellt. Die Anlagevolumen in den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen stiegen stark an und machen inzwischen fast die Hälfte des versicherten Kapitals aus. Damit steigen aber auch die Risiken.
In der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) hat es in den vergangenen Jahren einen klaren Trend weg von den Vorsorgeeinrichtung eines einzelnen Arbeitgebers hin zu Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (SGE) gegeben. Deren Anteil am gesamten Vorsorge-Kapital sei deutlich gestiegen, wie es in der am Donnerstag veröffentlichten Pensionskassenstudie 2023 der Credit Suisse (CS) heisst.
Seit Einführung der zweiten Säule im Jahr 1985 habe die Zahl der Vorsorgeeinrichtungen kontinuierlich abgenommen. Ungeachtet des seit Jahren laufenden Konsolidierungsprozesses blieb jedoch die Anzahl der Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen stabil.
Von 20 auf 50 Prozent
Ende 2021 verteilten sich rund 1'200 Milliarden Franken auf 1’385 Vorsorgeeinrichtungen. Davon entfalle rund die Hälfte des Kapitals auf SGE, wie es weiter heisst. Acht Jahre zuvor habe dieser Anteil noch bei 20 Prozent gelegen.
Die Anlagetätigkeit für Pensionskassen sei in den vergangenen Jahren herausfordernd gewesen. Als Faktoren werden die Finanzkrise und das Tiefzinsumfeld genannt. Gleichzeitig seien die Anforderungen an die Mitglieder in den Stiftungsräten gestiegen und ihre Tätigkeit geht mit Verantwortlichkeiten und Haftungsrisiken einher.
Unterdeckung zum heiklen Zeitpunkt
Dort sehen die Studienautoren einen Wunden Punkt der aufstrebenden Anbieter: Es gelte dem Zielkonflikt zwischen Wachstum und Stabilität genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn die Konsolidierungsphase zugunsten von SGE endet und der Wettbewerb unter ihnen weiter zunimmt, dürften sich die Risiken von Anschlusswechseln akzentuieren, schreiben sie.
Ebenfalls heikel können längere Marktturbulenzen sein, die zu Unterdeckungen führen und Wechselaktivitäten unter den Anschlüssen beschleunigen könnten – zu einem für viele SGE schlechten Zeitpunkt.
Höhere Professionalität
In Rahmen der Studie wurden in der Branche auch noch die Vor- und Nachteile der jeweiligen Einrichtungsformen abgefragt. Demnach sprechen etwa die Entlastung von Verantwortungsträgern, die in der Tendenz höhere Professionalität und Knowhow für die SGE.
Bei den firmeneigenen Pensionskassen wurde der stärkere Bezug von Arbeitgeber und Stiftungsrat zur Vorsorgeeinrichtung als Pluspunkt genannt. Aber auch bezüglich des Gestaltungsspielraums in der Pensionskassenführung oder bei der Festlegung der Anlagestrategie schnitten diese besser ab.
Die von der CS befragten Vorsorgeexperten rechnen mit einer weiteren Konsolidierung. 58 rechneten damit, dass sich die Entwicklung im selben Tempo oder noch schneller fortsetzen wird – rund 40 Prozent erwarteten eine Verlangsamung.