Aus F10 wird Tenity: Der Fintech-Brüter der Schweizer Börse SIX löst sich vom Mutterhaus und investiert nun selber Wagniskapital in grossem Stil, wie finews.ch erfahren hat.
An der namensgebenden Förrlibuckstrasse 10 im Zürcher Westquartier ist der Fintech-Inkubator der Schweizer Börse SIX schon längst nicht mehr einquartiert. Nun entfällt auch der Firmenname selber: Aus F10 wird Tenity, wie einer Mitteilung vom Mittwoch zu entnehmen war.
Mit dem Rebranding sieht sich das Unternehmen, das Dutzende Startups in ihren Anfängen begleitet hat, selber den Kinderschuhen entwachsen, wie Europachef Marc Hauser im Gespräch mit finews.ch erklärt. Dazu gehört eine Wachstumsstrategie, die den Vorstoss in neue Weltgegenden ausserhalb der Märkte Schweiz und Singapur umfasst, sowie der Aufbau eines eigenen Wagniskapital-Fonds.
Pro Jahr zweistelligen Millionenbetrag investieren
Und wie es sich beim Erwachsenwerden gehört, emanzipiert sich Tenity vom Mutterhaus SIX: Im Rahmen einer Finanzierungsrunde vom vergangenen April hat die Börse bereits ihre Mehrheit am Unternehmen veräussert. Neben den neuen Kapitalgebern wie Five T Fintech und Synpulse haben sich auch die sechs Managing Partner der bisherigen Firma F10 in die Gesellschaft eingekauft.
Nun äufnet der neue Venture-Fonds von Tenity selber Kapital, um dieses ausgewählten Startups zukommen zu lassen. Bereits im März sollen die ersten Investments erfolgen, stellt Hauser in Aussicht. Geplant ist, pro Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag in Jungfirmen zu investieren. Innert vier Jahren soll so ein breit diversifiziertes Portefeuille von rund 400 Jungfirmen zusammenkommen.
Erster Deutschschweizer Fintech-Inkubator
Diese müssen dem Bereich Fintech oder Insurtech zurechenbar sein, wobei der Fonds weltweit auf die Suche nach Zielen geht und jeweils darauf achtet, die Startups in einer sehr frühen Phase an sich zu binden. «Wir wollen jeweils die ersten institutionellen Investoren der Fintechs sein», erklärt Hauser den Ansatz.
Mit der Begleitung von aufstrebenden Firmen kennt man sich bei F10 – neu Tenity – aus. Im Jahr 2015 wurde die Startup-Schmiede von der SIX als erste ihrer Art in der Deutschschweiz aus der Taufe gehoben und kam damals rechtzeitig zum grossen Gründungsfieber in der Fintech-Szene. Während andere Inkubatoren über die Jahre in Vergessenheit gerieten oder sich anderweitig orientierten, vermochte sich F10 als feste Grösse am hiesigen Finanzplatz zu etablieren, mit einem Ableger in Singapur.
In den vergangenen acht Jahren, resümiert Hauser, habe der Inkubator insgesamt 250 Startups in den verschiedenen Programmen begleitet. Tenity plant in jedem der Hubs zweimal pro Jahr jeweils acht bis fünfzehn Startups in sein Programm aufzunehmen.
Die «Bären» bleiben Partner
Für Renommee sorgten auch zugkräftige Partner wie die Privatbank Julius Bär oder der Versicherer Generali. Diesen bleibt Tenity verbunden; im Sinne eines «Open innovation»-Ansatzes vermittelt das Unternehmen weiterhin die Ideen und Expertise von Startups an etablierte Grössen der Finanz- und Wirtschaftswelt. «Es macht Sinn für Grossunternehmen, nicht jede Innovation in-house voranzutreiben», sagt Hauser.
Allerdings war F10 selber dem Wandel ausgesetzt. Als Verein gestartet, waren die letzten Jahre von der Absicht geprägt gewesen, den Aufwand für das Mutterhaus SIX zu begrenzen respektive die Angebote des Fintech-Brüters zu rentabilisieren. Vor zwei Jahren erfolgte der Wandel in eine Aktiengesellschaft. Mit der Finanzierungsrunde vom vergangenen Frühling eröffnen sich Tenity nun weitere Wachstumsschritte. Die SIX bleibe dem Unternehmen aber als wichtigste Investorin und strategische Partnerin weiterhin eng verbunden, so Hauser.
In die weite Welt hinaus
Die neuen Geldgeber unterstützen den Wachstumskurs und finanzieren die Expansion in neue Märkte. Beispielhaft dafür steht die letztjährige Eröffnung eines Ablegers im schwedischen Stockholm, mit dem die Schweizer näher an Klima- und Fintech-Startups in Skandinavien und im Baltikum heranrücken wollen.
Damit bietet sich der einstigen Deutschschweizer Startup-Schmiede der Zugang zur weiten Welt: Das klingt im Wortteil «Infinity» (Unendlichkeit) an, der nun im neuen Firmennamen ebenfalls enthalten ist.