Stabilität ist nicht der Naturzustand, sondern das Ergebnis kluger Entscheidungen. Liechtenstein ist ein Hort der Stabilität in einer Welt voller Unsicherheiten. Doch diese Stabilität ist kein Selbstläufer. Sie müsse erhalten und immer wieder neu erarbeitet werden, schreibt Simon Tribelhorn vom Liechtensteinischen Bankenverband in seinem Beitrag.
Stabilität entsteht nicht von selbst, sondern erfordert vorausschauendes Handeln und eine klare Strategie. Dies gilt insbesondere in einer Welt, die von Krisen und Unsicherheiten geprägt ist.
Kriege, Krisen und Konjunktur
Der aktuelle Global Risks Report 2025 des World Economic Forum (WEF), erstellt von führenden Experten, nennt die drängendsten Risiken: Globale Konflikte, geopolitische Spannungen, Cyber-Risiken und Klimawandel. All diese Herausforderungen werfen lange Schatten auf Wirtschaft und Gesellschaft. Besonders der globale Finanzsektor steht vor grossen Aufgaben.
Versicherungen müssen ihre Risikomodelle laufend überarbeiten und mit hohen Unsicherheiten weit in die Zukunft blicken. Ähnliches gilt für Banken, deren Risikomanagementsysteme sich ständig an neue Bedrohungen wie Cyberrisiken anpassen müssen.
Gemeinsam Probleme angehen
Der Klimawandel, langfristig von den WEF-Experten als eine der grössten Herausforderungen für die Menschheit bezeichnet, ist zurzeit etwas aus den Schlagzeilen verschwunden. Ereignisse wie die Jahrhundertflut in Valencia oder die verheerenden Buschfeuer in Los Angeles können jedoch nicht bloss als Wetterphänomene abgetan werden.
Experten warnen seit langem davor, Extremereignisse zu unterschätzen und fordern deutlich mehr Investitionen in die kurzfristige Prävention solcher Katastrophen. Gleichzeitig dürfen wir den Pfad Richtung «Netto Null» nicht verlassen.
Zur Lösung braucht es eine verstärkte internationale Zusammenarbeit. Doch der aktuelle Trend zur Fragmentierung der Weltgemeinschaft erschwert diesen Weg. Multilaterale Institutionen werden geschwächt, nationale, kurzfristige Interessen rücken in den Vordergrund.
Gerade hier kann Liechtenstein eine Vorreiterrolle einnehmen – nicht zuletzt, weil das Land keine eigenen geopolitischen Interessen verfolgt, sondern sich seit jeher stark für die internationale Zusammenarbeit und grenzüberschreitende Krisenbewältigung einsetzt.
Nachhaltigkeit, mehr als «nur» ein Herzensanliegen
Für Liechtenstein ist Nachhaltigkeit ein zentrales Anliegen. Nachhaltigkeit hört aber nicht beim Klimawandel auf. Das Fürstentum verfolgt einen weit umfassenderen Ansatz, der sich an den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen orientiert.
Bei dessen Umsetzung spielt der Finanzsektor eine Schlüsselrolle. Drei Beispiele verdeutlichen dies: Als Gründungsmitglied der FAST-Initiative (Finance Against Slavery and Trafficking) setzt sich Liechtenstein aktiv gegen moderne Sklaverei und Menschenhandel ein.
Zudem ist der Liechtensteinische Bankenverband Mitglied des FC4S-Netzwerks (Financial Centers for Sustainability), was die Verpflichtung zu nachhaltigen Finanzpraktiken unterstreicht. Mit sogenannten Blended-Finance-Ansätzen – der Kombination von öffentlichen und privaten Mitteln zur Förderung nachhaltiger Projekte – soll privates Kapital insbesondere in Entwicklungsländern vermehrt mobilisiert werden.
Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Ein nachhaltiger Wandel muss zudem die Wirtschaft und Bevölkerung mitnehmen. Das bedeutet weniger Verbote und Gebote, dafür mehr Anreize und Aufklärung. Erfolgreicher Klimaschutz muss auf realistischen, konkreten Lösungen beruhen. Positiv ist, dass aktuell in Brüssel ein Umdenken stattfindet: Weg von überbordender Regulierung, hin zu mehr wirtschaftlichem Spielraum.
Jüngste Verlautbarungen der EU-Kommission wie beispielsweise das Omnibus-Paket weisen darauf hin, dass weniger Formalismus, sondern vermehrt wieder unternehmerische Eigenverantwortung gefördert werden soll.
Liechtenstein hat längst erkannt, dass die enge Zusammenarbeit zwischen Staat und (Finanz-)Wirtschaft unter Einbindung der Gesellschaft ein Schlüsselelement zur Bewältigung von Krisen wie auch der Erhaltung von Stabilität und Resilienz des Kleinstaates darstellt.
Das wiederholte Triple-A Rating von S&P Ratings ist dabei nur ein Beleg für den Erfolg seines Konzepts. Und der kürzlich erfolgte Beitritt zum IWF ist ein weiterer Schritt zur Erhaltung dieser Stabilität wie auch zum Ausbau des internationalen Netzwerkes.
Simon Tribelhorn ist Präsident von Liechtenstein Finance und Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands (LBV). Nach seinem Studium an der Hochschule St. Gallen war er als Jurist sechs Jahre lang in der Finanzbranche tätig, zuletzt vier Jahre als Rechtskonsulent im Bereich Legal/Compliance bei einer Schweizer Bank. Seit Februar 2006 ist er für den LBV tätig, zunächst als Jurist, später als stellvertretender Geschäftsführer. Im Januar 2010 wurde er zum Geschäftsführer ernannt.