Alle Augen richten sich diese Woche auf die Notenbanken. Neben der US-Zentralbank geben die Bank of England, die Notenbanken von Schweden und Norwegen sowie am Donnerstag die Schweizerische Nationalbank ihren Zinsentscheid bekannt.
Anleger erwarten von den wichtigsten Zentralbanken der Welt eine weitere kräftige Erhöhung der Leitzinsen. Denn die führenden Notenbanken haben in den vergangenen Wochen wiederholt ihre Entschlossenheit bekräftigt, die Inflation energisch zu bekämpfen – auch auf die Gefahr hin, dass ihre Volkswirtschften in eine Rezession abgleiten könnten. Seit Juni haben die 20 wichtigsten Zentralbanken zusammen die Zinssätze um 860 Basispunkte angehoben.
Wie stark zieht die Fed die Zügel an?
Das bedeutendste Zinssignal kommt diese Woche aus den Vereinigten Staaten. Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank (Federal Open Market Committee, FOMC) wird am 20. und 21. September zusammentreten und seinen Zinsentscheid am nächsten Mittwoch veröffentlichen. Schon seit Tagen dreht sich in Marktkreisen jede Diskussion um den Umfang der Zinserhöhung und, was noch wichtiger ist, um das Ziel der Federal Reserve Bank (Fed). Nachdem der Konsumentenpreisindex für August «heisser» als erwartet ausgefallen ist, steht die Fed unter Druck, zu reagieren.
Laut dem CME FedWatch Tool hat der Markt eine Anhebung des US-Leitzinses um mindestens 75 Basispunkte vollständig eingepreist. Auch die Möglichkeit einer Erhöhung um 100 Basispunkte schliessen Investoren inzwischen nicht mehr aus. Sie messen einem solchen Zinsschritt derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent zu. Eine Erhöhung um einen Prozentpunkt wäre die erste derartige Massnahme der Fed seit den frühen 1980er-Jahren.
Schwierige Aufgabe für Fed-Chef Powell
Besonders aufmerksam werden Investoren die Entwicklung des sogenannten Dot-Plot-Charts beobachten, ein Punktdiagramm, das die Zinsprognose jedes einzelnen Fed-Verantwortlichen darstellt. Anleger gehen davon aus, dass die Zinsen bis zum Jahresende um einen weiteren Prozentpunkt steigen werden. Für das kommende Jahr erwarten sie ab Jahresmitte eine Zinswende.
Kommentaren von Fed-Verantwortlichen zufolge scheint die US-Notenbank indes entschlossen zu sein, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass Zinssenkungen im Jahr 2023 wahrscheinlich sind. Die Märkte sind davon gegenwärtig nicht überzeugt. Für Fed-Chef Jerome Powell dürfte es schwierig werden, die Erwartungen für Zinssenkungen in der zweiten Hälfte nächsten Jahres zu zerstreuen.
Zurück im positiven Terrain
Die SNB wiederum wird am Donnerstag ihren Leitzins zum zweiten Mal in diesem Jahr erhöhen – und damit die Zeit der Negativzinsen in der Schweiz beenden. Der Schritt der Europäischen Zentralbank (EZB) an ihrer September-Sitzung, die Zinsen stärker als erwartet um 75 Basispunkte zu erhöhen, und die Bereitschaft, das Zinsniveau bis Jahresende weiterhin kräftig anzuheben, haben den Spielraum für die Franken-Hüter rund um SNB-Präsident Thomas Jordan erhöht.
Obschon sich die Teuerung auch in der Schweiz ausbreitet, steht die SNB derzeit betreffend Inflationsproblematik viel besser da als die meisten anderen führenden Notenbanken. Die Inflation in der Schweiz wird wohl auch im kommenden Jahr tiefer notieren als in der Eurozone und in den USA. Das könnte – nicht zuletzt angesichtes der Frankenstärke – für eine behutsame Zinserhöhung um einen halben Prozentpunkt sprechen. Ökonomen erwarten aber dennoch mehrheitlich einen Zinsschritt um 75 statt «nur» um 50 Basispunkte.
Spielraum nutzen
Ein Grund dafür ist unter anderem, dass die SNB ihre geldpolitschen Sitzungen im Vierteljahrestakt abhält. Die EZB dagegen berät sich alle sechs Wochen über geldpolitische Entscheidungen. Die SNB dürfte daher ihren Spielraum nutzen, um nicht später an einer ausserordentlichen Zwischensitzung nachlegen zu müssen.