Der Chef des Investment-Arms des britischen Versicherers Aviva hat sich kritisch zum Run der Anleger auf nachhaltige Anlagen geäussert. Einige «grüne» Aktien seien extrem überbewertet. Es gebe effektivere Wege, um als Investor mit Blick auf das Klima positiven Einfluss zu nehmen.
Grüne Aktien sind oft überteuert und bieten Anlegern nur begrenzte Möglichkeiten, einen positiven Einfluss auf die Umwelt zu nehmen, sagte Mark Versey, der Chef von Aviva Investors, gegenüber der «Financial Times» (Artikel hinter Bezahlschranke). «Ich glaube, dass die Strategie, braune Aktien zu kaufen und ihnen zu helfen, grün zu werden, bessere Renditen bringt, und zwar unabhängig von der Anlageklasse», sagte er.
Die Investmentsparte des britischen Versicherers, der ein Vermögen von 263 Milliarden Pfund verwaltet, verfolgt beim nachhaltigen Investieren ein «Nordstern»-Prinzip, wie es weiter heisst. Man wolle Unternehmen Richtung geben, und man werde gegen Chefs zu stimmen, die sich in Sachen Klima, Menschenrechte und Artenvielfalt nicht an die Regeln hielten.
Extreme Überbewertungen
Der Ansturm der Vermögensverwalter auf nachhaltige Anlagen habe jedoch zu einer extremen Überbewertung geführt, die Aktien gegenüber Schuldtiteln zu stark begünstigt, so Versey. «Man kann heute einige grüne Anlagen kaufen, die offen gesagt überbewertet sind», sagte er.
Als Beispiele nennt er die Tesla-Aktien, die in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 1’500 Prozent zugelegt haben oder die Bewertung des Elektro-Lkw-Herstellers Rivian, der mit 59 Milliarden Dollar bewertet wird, obwohl er 2022 nur etwa 1'000 Fahrzeuge produzieren wird.
«Die Definition dessen, was als Investition sinnvoll sein könnte, hängt definitiv vom Zeitrahmen ab. Je länger die Zeitspanne ist, desto weniger Sinn macht es, wirklich braune Anlagen zu halten, weil diese am Ende gestrandete Anlagen sein werden», sagt James Alexander, Geschäftsführer der UK Sustainable Investment and Finance Association. Was es wirklich brauche, sei, dass alle Investoren aktive Verwalter von Kapital seien.
Anleihegläubiger haben laute Stimme
Versey sagte weiter, dass Investoren in allen Anlageklassen als Fürsprecher auftreten sollten. «Als Anleihengläubiger hat man eine grosse Stimme, man könnte sogar sagen, eine lautere Stimme.» Die Unternehmen würden sich ständig refinanzieren, und wenn sich die Kapitalkosten änderten, wirke sich das viel eher auf das Ergebnis aus als auf den Aktienkurs.
Aviva Investors hatte Anfang Februar einen Brief an 36 Finanzminister geschrieben, darunter die Spitzenbeamten des Vereinigten Königreichs und der USA und sie aufgefordert, globale Standards bei der Unweltberichterstattung zu übernehmen und die nationalen Klimaziele für 2030 zu erhöhen.