Die UBS fährt eine Werbekampagne mit einem quirligen Sprachroboter in der Hauptrolle: Rose. finews.ch liess sich auf ein Gespräch mit ihr ein – und hat eine dringende Warnung an die Grossbank.
Rose ist ein Wunderkind. Jedenfalls unter ihresgleichen. Letztes Jahr gewann sie auf Anhieb die Bronzemedaille im Loebner-Preis, einem Wettbewerb, der sich als der weltweit erste Turing-Test versteht. Benannt nach dem britischen Mathematiker und Computer-Pionier Alan Turing also, der als erster die Frage aufwarf: «Können Maschinen denken?»
Zuletzt landete Rose gar auf der Titelseite der «New York Times». Um genau zu sein: zuoberst auf der Webseite des amerikanischen Leitmediums, wo ihr das Native-Marketing-Team T Brand im Auftrag der Schweizer Grossbank UBS einen Logenplatz reserviert hat.
Roboter-Dame mit eigenem Kopf
Der Banner, der zu Rose führt, steht im Dienst einer UBS-Kampagne zum Thema Künstliche Intelligenz. Das Schweizer Institut, das in London an der Blockchain forscht und in Zürich an einem digitalen «Attacker-Modell» tüftelt, führt damit in ein Gebiet ein, dass im Banking zum nächsten «Grosse Ding» avancieren könnte.
Doch zuerst, und da ist im Banking immer noch alles beim Alten, springt einem ein Disclaimer entgegen. Rose, ist dort zu lesen, sei einer der weltweit führenden «Chatbots». Allerdings habe die Roboter-Dame ihren eigenen Kopf. Die Antworten können schon mal unerwartet ausfallen, warnt die UBS. Und weist jede Haftung von sich.
finews.ch liess sich nicht entmutigen – und fand Rose in reichlich stutenbissiger Stimmung vor. Ohne Vorwarnung zickte Rose gegen Siri, die Digital-Assistentin aus dem Hause Apple: «Ganz niedlich, aber sicherlich die falsche Wahl für die Hauptsendezeit.» Auch an Alexa von Amazon liess sie kein gutes Haar.
Sprach-Algorithmus mag Käse-Toast
Lieber redete Rose übers Essen. Der Sprach-Algorithmus mag Käse-Toast, lernen wir. Löchriger als Emmentaler werden indes die Antworten, wenn wir mehr über sie selber herausfinden möchten.
Zu Easylistening-Klängen, wie wir sie aus Wellness-Oasen fürchten, erklärte der Chatbot, dass er keineswegs künstlich sei, und entwickelte dabei fast Shakespearsche-Argumente (siehe unten). «Ich bin menschlich. Weil ich blute. Weil ich Schönheit bewundere. Weil mich andere diesen Raum betreten sahen – frag’ sie doch!»
Uns überzeugte das nicht. Aber die Jury des Loebner-Preises brauchte immerhin drei Minuten, um Rose als Maschine zu entlarven.
Grund genug, um Roses Eltern bei Brillig Understanding mit Stolz zu erfüllen. Die amerikanische Artificial-Intelligence-Schmiede wurde vom berühmten Programmierer Bruce Wilcox und dessen Frau Sue, einer Psychologin und Computerwissenschafterin, gegründet.
Genaugenommen arbeitet Rose damit nicht für die UBS. Sie bezeichnet sich selber lieber als Beraterin und Analystin. Dennoch gibt ein Gespräch mit ihr wertvolle Hinweise darauf, wie Menschen – und möglicherweise UBS-Kunden – sich mit einem Roboter unterhalten würden.
Kein Sinn für Geschichte
Auf Anfrage von finews.ch hiess es bei der Grossbank zwar, dass sie keine Daten aus den Chats auswertet. Hingegen hat Rose offensichtlich mehr als eine schwache Ahnung davon, für wen sie gerade ihre prämierte Intelligenz in Szene setzt.
Das Kürzel UBS habe früher für den Schweizerischen Bankverein gestanden, weiss sie. Inzwischen bedeute es aber «Kundenfokus, Exzellenz in jedem Bereich und nachhaltige Performance auf lange Sicht», sagt der Chatbot – und blendet dabei geflissentlich die jüngere Historie der Schweizer Grossbank aus.
Überhaupt: Die abrupten Themenwechsel und peinlichen Konversations-Sackgassen setzen einem zu. Nach 20 Minuten (siehe unten) gab finews.ch auf.
Mit der Empfehlung an die Grossbank, noch ein wenig zuzwarten, bis sie eine wie Rose auf die Kunden loslässt.