Eine britische Kanzlei bereitet in Hongkong ein Verfahren gegen die Schweiz vor, mit Schiedsstelle in den USA. Im Debakel um den Milliardenabschreiber auf Pflichtwandelanleihen der Credit Suisse verheisst das für das Land nichts Gutes.
Bei knapp 16 Milliarden Franken Streitwert lohnt sich eine internationale Klagekampagne gegen die Schweiz. Das ist nun genau das, was für das Land nach dem forcierten Abschreiber auf Pflichtwandelanleihen (AT1-Bonds) der Credit Suisse (CS) Realität wird.
Anwälte drehen den Spiess um
So bereitet die britische Anwaltskanzlei Withers in Hongkong ein Schiedsverfahren in Namen von dort angesiedelten AT1-Gläubigern vor, wie auch das asiatische Schwesterportal finews.asia berichtete. Das Verfahren wird von Singapur aus vorbereitet. Die Withers-Anwälte trommeln nun noch nach klagewilligen Investoren. Mit im Boot ist zudem die australische Prozessfinanziererin Omni Bridgeway.
Withers will sich dabei auf die Investitionsabkommen stützen, welche die Schweiz mit mehr als 120 Ländern und auch mit Hongkong unterhält. Zweck der Abkommen ist es eigentlich, hiesige Geldgeber vor staatlichen Übergriffen im Ausland zu schützen. Doch die Kläger drehen nun den Spiess um. Eingereicht werden solche Schiedsverfahren typischerweise am Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten in der US-Hauptstadt Washington.
Hedgefonds verklagen CS-Organe
Wie finews.ch bereits berichtete, bereiten auch mehrere amerikanische Kanzleien solche Verfahren vor; im US-Bundesstaat Texas haben derweil mehrere Hedgefonds ein Zivilverfahren eingeschlagen und klagen gegen die Grossbank UBS als Rechtsnachfolgerin der CS und gegen noch amtierende und frühere Organe der CS-Führung.
Derweil zielen Hunderte am Bundesverwaltungsgericht in der Schweiz eingereichte Beschwerden auf die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Der Behörde, die im März 2023 den Abschreiber auf den CS-AT1-Bonds anordnete, wird unverhältnismässiges Vorgehen vorgeworfen. In einem weiteren Schritt könnten die rund 3’000 Beschwerdeführer der Schweiz Enteignung vorwerfen – damit würden diese Verfahren ebenfalls direkt auf den Staat zielen.
Ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts steht weiterhin aus.
Finma warnt in Brief
Die drohende Klagewelle im Ausland wird von hiesigen Stellen offensichtlich als Bedrohung eingestuft. So warnte die Finma das Bundesverwaltungsgericht in einem publik gewordenen Brief, dass von der Behörde eingereichte Dokumente im Falle einer Veröffentlichung zu Schiedsverfahren wie jenem im Hongkong führen könnten. Wörtlich: «Dies würde das Risiko einer unkontrollierten Verbreitung der Verfahrensdokumente stark erhöhen und dazu führen, dass diese Dokumente in Schieds- und Zivilverfahren gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft oder die Bank (Credit Suisse) verwendet werden.»
In Hongkong ist ein solches Verfahren nun bereits in der Vorbereitung. Dass dieses dort von einer britischen Kanzlei, Singapurer Anwälten, mit Finanzierung aus Australien und einer Schiedsstelle in den USA lanciert werden könnte, zeigt eines ganz klar: Die Schweiz ist im AT1-Debakel bald global umzingelt.