Im vergangenen Jahr haben sich die internationalen Märkte für nachrangige Anleihen aller Art gut entwickelt. Es wurde auch ein Rekordvolumen an AT1-Bonds emittiert. Wer hingegen in der Schweiz nach AT1, Corporate Hybrids und Wandelanleihen sucht, muss bald zur Lupe greifen.
Im Jahr nach dem Paukenschlag der von der Finanzmarktaufsicht Finma verfügten Abschreibung der Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) der Credit Suisse (CS) über insgesamt 16 Milliarden Franken (die zu einer Welle von Klagen geführt hat, die noch einer richterlichen Beurteilung harren) hat sich der Markt für nachrangige Anleihen im weitesten Sinne – AT1 respektive Contingent Convertible Bonds (Coco) von Banken, weitere nachrangige Anleihen und Corporate Hybrids – «hervorragend» entwickelt.
Dies ist der Befund von Paul Gurzal, Co-Head of Fixed Income, und Jérémie Boudinet, Head of Financial and Subordinated Debt, bei Crédit Mutuel Asset Management (CMAM) in einer vor wenigen Wochen publizierten Studie.
Zweistelliger Ertrag mit AT1-Bonds
CMAM ist eine Tochter der Groupe La Française, der Vermögensverwaltungsgesellschaft der Crédit Mutuel Alliance Fédérale. Dieser Verband der französischen Genossenschaftsbanken ist auch die Mutter der Basler Bank CIC.
Im vergangenen Jahr haben in Euro denominierte AT1 bzw. Coco einen Ertrag von 13,6 Prozent erzielt und damit die Pendants in Dollar geschlagen (ganz anders als am Aktienmarkt, wo US-Titel an der Spitze liegen). Grund für die unterdurchschnittliche Performance der Dollarpapiere ist gemäss der Studie die divergierende Zinsentwicklung im Euroraum und in den USA.
Rekordemissionsvolumen für das Instrument der Finanzkrise
2024 wurde ein Rekordvolumen an AT1-Bonds emittiert – vor dem Hintergrund eines grossen Refinanzierungsbedarfs aufgrund vieler Fälligkeiten auch im ersten Halbjahr 2025. AT1-Bonds weisen eigentlich eine ewige Laufzeit auf, können aber vom Schuldner (im Einvernehmen mit dem Regulator) zu bestimmten Terminen (Calls) vorzeitig zurückbezahlt werden.
Das Instrument wurde nach der globalen Finanzkrise 2008/2009 in enger Zusammenarbeit mit den Behörden entwickelt, die sich dafür im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich koordinierten. Es ermöglicht es insbesondere systemrelevanten Banken, in normalen Zeiten relativ günstig in grossem Umfang Mittel aufzunehmen (günstiger als neue Aktien). Läuft alles rund, bleiben die Coco Fremdkapital, doch in einer Krise können sie, wenn die Bedingungen im Emissionsprospekt erfüllt sind, in Eigenkapital, also Aktien, umgewandelt oder – wie beim Untergang der CS – abgeschrieben werden, um Verluste zu absorbieren.
Business as usual – dem Ausstieg Australiens zum Trotz
CMAM erwartet 2025 keine grösseren Änderungen in der AT1-Regulierung – und hält es auch für unwahrscheinlich, dass andere Länder dem radikalen Beispiel Australiens folgen, wo das Instrument schrittweise abgeschafft werden soll.
Hybride Unternehmensanleihen (Corporate Hybrids) in Euro erzielten 2024 mit 7,5 Prozent ebenfalls eine ansprechende Performance und lagen praktisch gleichauf mit nachrangigen Versicherungsanleihen (plus 7,6 Prozent). Die Anlageklasse profitierte vom Zinsrückgang und der starken Verengung der Risikoaufschläge (Spreads) – und damit von renditehungrigen Anleiheninvestoren.
Bei der Strukturierung der (ohnehin schon recht anspruchsvollen) Corporate Hybrids sei eine wachsende Komplexität zu beobachten, halten die beiden Autoren fest. Zudem habe Moody's die Ratingmethodologie überarbeitet – unter bestimmten Bedingungen ist es nun möglich, dass Hybrids mit einer Note bewertet werden, die nur eine Stufe unter der für normale Bonds des Unternehmens liegt.
Banken und Versicherungen: Fusionen und Übernahmen en vogue
Als wichtigstes Thema im Finanzsektor bezeichnet CMAM die Rückkehr der Fusions- und Übernahmeaktivitäten mit dem Motiv Grösse und Marktanteil. Bei den Banken fallen in diesem Zusammenhang naheliegenderweise die Namen Unicredit, Commerzbank und Banco BPM, aber auch BBVA und Banco Sabadell.
Doch auch im in der Regel weniger schlagzeilenträchtigen Versicherungssektor gibt es Bewegung. «Es wird erwartet, dass BNP Paribas Cardif mit dem Asset-Management-Geschäft von AXA IM fusioniert und Aviva Direct Line in Grossbritannien übernimmt. Dieser Konsolidierungstrend dürfte sich 2025 fortsetzen, mit einer möglichen Vereinbarung zwischen Generali und Natixis über ihre Asset-Management-Aktivitäten» – eine Vereinbarung, die diesen Dienstag unterzeichnet wurde, wie finews.ch berichtete.
Hybride Anleihen und die Schweiz – keine Liebesgeschichte
In der Analyse nicht behandelt werden hybride Anleihen in Franken. Während sich der internationale AT1-Markt nach dem CS-Schock erstaunlich schnell gefangen hat, dauert es in der Schweiz offenbar länger, bis das Segment wieder offen ist. Die St. Galler Kantonalbank etwa hat im Mai 2024 eine nachrangige Anleihe (Tier-2) emittiert, um einen gekündigten AT1-Bonds zu refinanzieren. Und auch die UBS hat 2024 nachrangige Frankenobligationen begeben, aber keine AT1.
Ein eher trauriges Kapitel sind hierzulande Corporate Hybrids. Sie erregten letztmals im Zusammenhang mit dem Fall Hochdorf Aufmerksamkeit. Die Holding ist in Nachlassstundung – die Anleihe des ehemaligen Milchverarbeiters (das operative Geschäft wurde veräussert) ist der erste Corporate Hybrid, der hierzulande in ein Liquidationsverfahren gerät. Der Schweizer Markt für hybride Unternehmensanleihen ist eine Nische, die immer enger wird.
Klassiker Wandelanleihen bald unter Artenschutz?
Schliesslich liegt es nahe, beim Thema hybride Instrumente auch an den Klassiker Wandelanleihe zu denken. Hierzulande handelt es sich dabei ebenfalls um einen engen Nischenmarkt, der bald schon unter Artenschutz gestellt werden müsste. Beachtung fand er zuletzt ebenfalls mit einem «Unfall»: Das Pharmaunternehmen Idorsia hat eine Gläubigerversammlung einberufen, um die Rückzahlung eines vergangene Woche fällig gewordenen Wandlers zu verschieben.
Dass auch der internationale Wandlermarkt immer noch daran ist, sich zu erholen, stellt nur einen schwachen Trost dar.