Im Beschwerdeverfahren rund um abgeschriebene Pflichtwandelanleihen der Credit Suisse hat sich die Finanzaufsicht gegen die Herausgabe von Dokumenten gewehrt. Ein Brief der Behörde ist nun den Medien zugespielt worden.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat offenbar versucht, im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern wichtige Dokumente vorzuenthalten.
Dies in Zusammenhang mit dem Vorgehen der Behörde bei der Notrettung der Credit Suisse (CS) im März 2023: Damals hatte die Finma der CS befohlen, Pflichtwandelanleihen (AT1-Bonds) im Gegenwert von fast 16 Milliarden Franken abzuschreiben, um die Kapitalbasis der Grossbank zu stützen.
Unverhältnismässig gehandelt?
Seither haben sich Hunderte Halter der AT1-Anleihen, darunter auch Schweizer Pensionskassen, hinter einer Beschwerde versammelt, die bereits 2023 bei der Instanz in St. Gallen eingereicht worden ist. Die Investoren machen geltend, dass die Finma mit der Order zum Abschreiben der AT1-Papiere unverhältnismässig handelte, und dass eventuell sogar eine Enteignung vorliegt. In letzterem Fall würde der Staat und damit der Schweizer Steuerzahler zur Kasse gebeten.
Im Rahmen der Beschwerde haben die Anwälte der Investoren die Finma auch aufgefordert, ihnen Schlüsseldokumente zugänglich zumachen.
Vetraulichkeit gefährdet
In einem Schreiben, das die Aufsicht angeblich vergangenen Monat beim Bundesverwaltungsgericht einreichte und das nun der britischen Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) zugespielt wurde, wehrte sich die Aufsicht gegen die Herausgaben der Unterlagen.
Die Übermittlung vertraulicher Verfahrensunterlagen an die Kläger könnte das Vertrauen der Finma-Unterstellten in die Vertraulichkeit der von ihnen mit der Aufsicht geteilten Informationen «nachhaltig untergraben», argumentierte die Behörde in dem Brief. Damit würde die Aufsichtstätigkeit der Finma «ernsthaft beeinträchtigt».
Drohende Vefahren im Ausland
Offenbar macht sich Finma auch Sorgen über Gerichtsverfahren in anderen Jurisdiktionen. Die Vorbereitungen dazu laufen in verschiedenen Ländern, so etwa in den USA, Singapur, Japan und China. In ihrem Schreiben an das St. Galler Gericht warnte die Finma, die Offenlegung der geforderten Dokumente könnte ausländischen Investoren helfen, ihre Klagen gegen den Schweizer Staat aufzubauen.
«Dies würde das Risiko einer unkontrollierten Verbreitung der Verfahrensdokumente stark erhöhen und dazu führen, dass diese Dokumente in Schieds- und Zivilverfahren gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft oder die Bank (Credit Suisse) verwendet werden und so die für Zivilverfahren geltenden Verfahrensregeln umgangen werden», zitierte die Zeitung aus dem Schreiben.
Auf Anfrage der «Financial Times» erklärte die Schweizer Behörde, sie führe das Verfahren nicht in der Öffentlichkeit.
«Das ist ein Witz»
Die Blockade bei den Dokumenten kommt bei den Beschwerdeführern, die von internationalen Anwaltskanzleien vertreten werden, naturgemäss schlecht an. Der Verweis der Finma auf eine allenfalls drohende Belastung der Staatskasse dürfte im Ausland der Verdacht bestätigen, dass sich die Schweiz rund um das CS-Debakel schadlos halten will und dabei Recht biegt, wenn nicht gar bricht.
«Das ist ein Witz», wird ein Investor vom britischen Blatt zu den Argumenten der Finma zitiert.
Es ist weiterhin unklar, wann sich das Bundesverwaltungsgericht zur Beschwerde äussert; der Ball liegt nun nach erfolgten Fristverlängerungen bei der Instanz in St. Gallen.