Dass die Bank Julius Bär alle selbstgesteckten Ziele erreicht hat, kann CEO Philipp Rickenbacher als Erfolg verbuchen. Jetzt wird die Messlatte aber höher gelegt.
«Die Schweiz ist zwar ein reifer Markt. Wir sind aber ausgezeichnet positioniert, um weiter zuzulegen.» So fasste Philipp Rickenbacher gegenüber finews.ch die Ambitionen auf dem Heimmarkt zusammen.
Der CEO von Julius Bär ist seit 2019 am Ruder. Während er im Vorjahr noch ein Rekordergebnis präsentieren konnte, musste er für 2022 einen Rückschlag einstecken. Dennoch reichte der Abschluss aus, um alle in den vergangenen drei Jahren selbstgesteckten finanziellen Ziele zu erreichen, darunter ein Kosten-Ertrags-Verhältnis (CIR) von unter 67 Prozent oder ein Gewinnwachstum von jährlich über 10 Prozent.
Formschwäche der CS ausgenutzt
Schmerzlich war bei der Privatbank der Rückgang der verwalteten Vermögen um 12 Prozent im Gesamtjahr. Allerdings konnte ein Zuwachs der Neugelder vor allem gegen Jahresende diese Abnahme begrenzen, wie auch finews.ch berichtete.
Dabei kam offenbar unfreiwillige Schützenhilfe auch von der Konkurrenz. Gemäss Rickenbacher ist ein Teil des Wachstums der Neugelder auf Zuflüsse von der Credit Suisse zurückzuführen, die in den letzten Monaten des vergangenen Jahres unter deutlichen Abflüssen litt.
Das nächste Versprechen
Die Netto-Neugeldzuflüsse seien allerdings weltweit verteilt gewesen, und alle Schlüsselmärkte hätten dazu beigetragen, betonte Rickenbacher. Zudem wolle man nicht von den Schwächen der anderen profitiren, sondern sich auf seine eigenen Stärken besinnen.
Mit dem guten Zeugnis, das auch die Börse mit einem Tagesplus von 3,3 Prozent bei den Aktien der Privatbank honorierte, kann sich Rickenbacher gestärkt an die nächste Etappe heranwagen. Als Eckwerte für den Zeitraum 2023 bis 2025 festgelegt wurden ein CIR von unter 64 Prozent, eine Vorsteuermarge zwischen 28 und 31 Basispunkten, ein jährliches Gewinnwachstum von über 10 Prozent und eine Rendite auf dem CET1-Kapital von mindestens 30 Prozent.
Beständigkeit als Ambition
Das ist zwar kaum ein Bekenntnis zum schnellen Wachstum von Julius Bär, das noch unter der Ägide von Boris Collardi galt. Doch die neuen Ziele können insofern als ambitiös bezeichnet werden, als auch ein stetes und gesundes Wachstum erst richtig organisiert werden muss.
Die neuen Strategiewerte gelten für das Stammgeschäft als Vermögensverwalter für Vermögende (High Net Worth Individuals) und Superreiche (Ultra High Net Worth Individuals), worauf sich Julius Bär in den nächsten Jahren weiterhin konzentrieren will. Das Wachstum soll vereinzelt über Zukäufe, aber vor allem aus eigener Kraft vorangetrieben werden, wie Rickenbacher bestätigte.
Eine neue Generation
Ein Schlüssel dafür sind die Kundenberater, im Bankjargon Relationship Manager (RM) bezeichnet, deren Lohn- und Bonussystem jetzt gemäss Rickenbacher transparenter und systematischer funktioniert. So können sich die RM künftig nicht mehr global an einer Kennzahl orientieren, sondern bekommen je nach Markt unterschiedliche Vorgaben.
Zum Jahresende figurierten rund 1250 RM auf der Gehaltsliste der Bank, was fast einem Fünftel des gesamten Personals entspricht. Gemäss Rickenbacher wird sich der Personalaufbau, der im vergangenen Jahr mit netto 18 Neueinstellungen begann, im neuen Jahr beschleunigen.
Knappere Fachkräfte
Damit beschreitet die Privatbank einen ähnlichen Weg wie die Deutsche Bank, die allerdings im vergangenen Jahr schon mehr als 150 Personen in der Kundenberatung angestellt hat.
Es würden vor allem erfahrene RM angestellt, aber auch neue Talente durch spezielle Programme im eigenen Haus ausgebildet, so der studierte Naturwissenschaftler. Rickenbacher ist überzeugt, dass die Weichen zum Aufbau einer nächsten Generation von Kundenberatern frühzeitig gestellt werden müssen. «Sonst wird der Fachkräftemangel in den nächsten Jahren zu einem Engpass werden, der unser Wachstum bremsen könnte», erklärte er.
Finma-Lizenz in Reichweite
In einer guten Ausgangslage sieht sich Rickenbacher auch beim Wandel, der bei den unabhängigen Vermögensverwaltern im Gang ist. Beobachter erwarten, dass mit dem Übergang von der Selbstregulierung zu einer Finma-Lizenzierung viele unabhängige Vermögensverwalter neue Formen von Kooperationen suchen.
Für diesen Umbruch ist die Bank gemäss Rickenbacher gut vorbereitet. Zum einen hätten alle unabhängigen Vermögensverwalter, die bisher mit der Privatbank zusammenarbeiten, die Finma-Lizenz fristgerecht beantragt. Deshalb ist Rickenbacher optimistisch, dass diese Kunden nach der Prüfung die Lizenz auch ausgehändigt bekommen.
Zum andern biete die Bank auch verschiedene Dienstleistungen etwa in der Informatik an und könne darum nicht nur als Transaktions-, sondern als eigentlicher Geschäftspartner agieren.