Der womöglich grösste Börsengang der Geschichte ist jäh gestoppt worden. Hat sich Jack Ma, der Eigner des chinesischen Fintechs Ant Financial, zu weit aus dem Fenster gelehnt?
Nur noch zwei Tage hätte es gedauert bis zum Debut der Superlative: Das chinesische Fintech Ant Financial, das zur Gruppe von Milliardär Jack Mas Handelsplattform Alibaba gehört, sollte am Donnerstag sowohl in Hongkong als auch in Schanghai gelistet werden. Doch nun hat die Börsenaufsicht in Schanghai den mit einer Bewertung von 37 Milliarden Dollar grössten Börsengang (IPO) der Geschichte überraschend suspendiert.
In einem weiteren Schritt wurde das Offshore-Angebot in Hongkong ebenfalls auf Eis gelegt.
Nochmals über die Bücher
Wie unter anderem die britische Finanzzeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, machten die chinesischen Aufsichtsbehörden plötzlich geltend, das gewisse Vorschriften für die Börsennotierung nicht erfüllt seien. Ant müssen nochmals über die Bücher.
Angesichts der Bedeutung der Transaktion und den intensiven Vorarbeiten verwundert die Begründung. Haben die involvierten Parteien, zumal renommierte westliche Investmentbanken, bei der Planung des Doppel-IPO gepfuscht?
Staatsbanken als Pfandleiher verspottet
Kommentatoren sehen den Grund für das Eingreifen der Behörde eher anderswo. Ma, der mit dem Börsengang definitiv der reichste Mann Chinas geworden wäre, hat sich offenbar zu weit aus dem Fenster gelehnt. Letzten Oktober kritisierte er an einer Konferenz in Schanghai in deutlichen Worten die chinesischen Grossbanken, die sich allesamt in Besitz des Staats befinden. Er warf ihnen eine «Pfandleiher-Mentalität» vor und unterstrich die Bedeutung von innovativen Finanzfirmen wie seiner eigenen Ant Financial.
Damit stach er wohl in ein Wespennest. Obwohl auch Ma Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas ist und der Doppel-IPO grundsätzlich grünes Licht von der Zentralbank Bank of China erhalten hatte, wurde er von den Behörden notfallmässig zu erneuten Gesprächen bestellt. Jetzt ist der Börsengang vertagt, während die Aufsicht mit Macht eine neue Regulierung vorantreibt.
Neue Spielregeln
Diese zwingt Fintechs wie Ant in China in ein strengeres Korsett, was sich auch auf deren Gewinnkraft auswirken dürfte.
Ausländische Stakeholder sind derweil zum Zusehen verdammt. Die Grossbank Credit Suisse (CS) soll mithelfen, den Verkauf der Ant-Aktien an die Anleger zu organisieren; zu den interessierten Abnehmern zählen Medienberichten zufolge auch Fonds der Erzrivalin UBS.