Der Börsengang von Ant Financial, der grösste der Geschichte, steht unmittelbar bevor. Dass das chinesische Fintech neue Aktien seinen eigenen Kunden zuteilt, sorgt nun für einige Aufregung.

Das Doppellisting von Ant Financial an den Börsen von Shanghai und Hongkong sei ein Jetset-IPO, urteilte finews.ch unlängst: Milliardäre und Tycoone werden bei dem in diesem Monat angesetzten Börsengang kräftig Kasse machen.

Doch auch das Publikum, zumal jenes in China, wird bei der 30-Milliarden-Dollar-Transaktion bedacht. Fünf Retailfonds haben dort bereits einen fixen Anteil an Aktien zugeteilt erhalten. Die Anteile der Fonds wiederum werden exklusiv über Alipay ans Publikum vertrieben – also über die Bezahlapp von Ant Financial.

Rund zehn Millionen Anleger

Mit anderen Worten: Die «Ameise» Ant, eine Tochter des chinesischen Onlinehandels-Giganten Alibaba, verkauft ihre Aktien über die Fonds direkt an Alipay-Nutzer, und somit an die eigenen Kunden. Das riecht nach Interessenskonflikt und sorgt nun für einige Unruhe, wie auch das Singapurer Partnerportal finews.asia berichtete.

Ant Financial stellt sich auf den Standpunkt, dass die Fonds, die von Alipay offensiv beworben werden und bei denen Nutzer schon ab einem Yuan übers Smartphone investieren können, gänzlich unabhängig operieren. Die Fonds zählen mittlerweile an die zehn Millionen Kunden, heisst es.

Nicht direkt verboten

Jetzt regt sich Widerstand. Laut Presseberichten beugt sich die chinesische Börsenaufsicht China Securities Regulatory Commission (CSRC) nochmals genauer übers geplante Debut. Ebenfalls muss sich zeigen, ob der Regulator in Hongkong Einwände hat. Direkt verboten ist das Vorgehen von Ant Financial offenbar nicht.

Was die Aufseher noch umstimmen könnte: Der Aktienverkauf via Fonds gräbt den einheimischen Investmentbanken das Wasser ab, welche die Vermarktung und Zuteilung der neuen Papiere ans chinesische Millionenpublikum übernehmen. Weniger betroffen sind die beim Deal involvierten ausländischen Häuser wie J.P. Morgan, und, in einer geringeren Rolle, die Grossbank Credit Suisse (CS).

Kapitalmarkt-Geschäft bröckelt

Das Vorgehen zeigt, wie stark digitale Geschäftsmodelle das Investmentbanking unter Druck bringen: Auch in der Schweiz werden Anleihen inzwischen schon über Online-Plattformen vergeben und tokenisierte Kryptoaktien ohne Zutun einer Lead-Bank an die Investoren vertrieben. Das Kapitalmarkt-Geschäft droht den angestammten Häusern mehr und mehr wegzubrechen.

Sinnigerweise tüftelt das Asset Management der Ant-Begleiterin CS selber an einer App, dank der Retailinvestoren direkt in CS-Fonds investieren können. Diese Applikation soll, so der Plan, von grossen Online-Plattformen vertrieben werden. Alipay demonstriert nun beim Ant-IPO der Weltöffentlichkeit, wie das in der Praxis funktioniert.