Die Coronakrise stört die Beziehung zwischen reicher Klientel und ihren Schweizer Bankern. Das Rennen auf Neugeld läuft jetzt nach neuen Regeln, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Die Business-Reisen sind gegroundet, die ausgedehnten Mittagessen abgesagt, kulturelle und sportliche Veranstaltungen sowieso verboten. In eine andere Zeit gehören auch das entspannende Golfspiel und die tiefgreifenden Gespräche mit der reichen Kundschaft bei der Betrachtung privater Kunstschätze.
Kurz: Der Lockdown hat mit zahlreichen Konstanten im Alltag von Private Bankern aufgeräumt. Was dabei besonders fehlt – und dem Business gefährlich werden könnte – ist der «personal touch». Ausgerechnet der Dreh- und Angelpunkt im Geschäft mit Reichen ist angesichts einer Ansteckung mit dem Coronavirus ausgehebelt.
«Video-Calls sind nie so gut wie persönliche Treffen»
Stattdessen tummeln sich nun auch die Private Banker in Videokonferenzen, wobei neben Apps wie Zoom auch sophistiziertere Instrumente mit starker Verschlüsselung zum Einsatz gelangen. «Noch vor acht Wochen hätte in der Branche wohl kaum jemand gedacht, wichtige Kunden per Videokonferenz in ihrem privaten Heim zu kontaktieren», sagte Robert Weeber (Bild unten). Der Ex-Grossbanker leitet heute als CEO den Vermögensverwalter Tiedemann Constantia in Zürich.
Und während Laurence Mandrile-Aguirre (Bild unten), eine Private Bankerin im Dienst der US-Bank Citigroup in der Schweiz, von deutlich mehr Intimität in den Kundengespräche zu berichten weiss, ist auch für sie klar: «Video-Calls sind nie so gut wie ein persönliches Treffen.»
Mit Blick auf das «Onboarding» neuer Kunden bereitet das der Branche einiges Kopfzerbrechen. Im Private Banking hängt alles am Neugeld – in Krisensituationen besonders, weil die wegbrechenden Erträge mit mehr Volumen kompensiert werden müssen. Doch in Zeiten von Corona können die Banker offensichtlich nur mit den zweitbesten Instrumenten auf Kundenfang gehen.
Pipeline droht zu versiegen
Während Neukunden, die sogenannten Prospects, aus dem Jahr 2019 derzeit noch eingebucht werden, droht die «Pipeline» der Privatbanken ohne aggressives Reisen, ohne das Abklappern von Events und ohne persönliche Gespräche zu versiegen.
Gerade das Reisen fehlt. Traditionshäuser wie die Credit Suisse haben ausländische Kunden gerne zu einem Besuch im altehrwürdigen Schweizer Hauptquartier einfliegen lassen. Auch die lukrative Kreditvergabe gegen exotischere Gegenwerte – etwa Immobilien oder Kunst – wird schier unmöglich, wenn die Sicherheiten nicht persönlich in Augenschein genommen werden können.
Newcomer unter Zugzwang
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