Bei der UBS soll mit Ralph Hamers ein Digitalisierer für frischen Wind an der Spitze sorgen. Bei kleineren Schweizer Konkurrenten sind die Chefs teils seit Jahrzehnten dieselben. Nun steigt auch auf sie der Druck.
Der Coup von langer Hand geplant: UBS-Präsident Axel Weber hatte schon vor zwei Jahren den Kontakt Ralph Hamers gesucht – und dennoch hätte die britisch-chinesische Konkurrentin HSBC den amtierenden ING-Chef der Schweizer Grossbank beinahe weg geschnappt, wie Recherchen von finews.ch ergaben.
Doch Weber machte das Rennen und kann sich dazu gleich doppelt beglückwünschen. Denn der designierte UBS-Chef Hamers ist für viele Beobachter der Grossbanker der Zukunft – ein erfolgreicher Digitalisierer, der ohne Zögern bereit ist, alte Zöpfe abzuschneiden, wo sie seiner Vision im Weg sind. Kurz: einen wie Hamers hätten wohl diverse Verwaltungsräte von europäischen Grossbanken gerne mit der Leitung ihres Instituts beauftragt.
Noch im vorletzten Jahrzehnt installiert
Doch gilt auch das für Schweizer Inlandbanken? Auf den hiesigen Regional-, Kantonal- und Privatbanken lasten zwar nicht internationale Grossrisiken und der Druck eines globalen Wettbewerbs. Aber auch hierzulande zeichnet sich immer deutlicher der Erfolg neuer, digitaler Geschäftsmodelle ab. Dies, während die Chefs der hiesigen Häuser seit Jahren und teils Jahrzehnten dieselben sind (siehe Grafik unten).
So wurden von den amtierenden Chefs von 50 bedeutenden Schweizer Banken (ohne die einzelnen Raiffeisen- und Clientis-Banken) ein gutes Dutzend noch im vorletzten Jahrzehnt installiert. In den Nullerjahren zu ihrem Posten gekommen sind im Retailbanking etwa Blaise Goetschin, der im Jahr 2000 das Ruder bei der Genfer Kantonalbank übernahm, Bertrand Valley von der Banque Cantonale du Jura (2004) und Harald Nedwed, der seit 2003 bei der Migros Bank amtet und auf den Mai hin zurücktritt.
Finanzkrise, den Steuerstreit und den Frankenschock erlebt
Schon lange an der operativen Spitze von Privatbanken stehen derweil François Reyl von der Banque Reyl, Patrick Odier von Lombard Odier (beide seit 2008) sowie Nicolas A. Maurice bei der Basler Gutzwiller & Cie (2004) und Zeno Staub bei der Zürcher Vontobel (2011). Guy de Picciotto führt die Genfer Familienbank UBP seit 1998 operativ, steht aber erst nach dem Tod seines Vaters Edgar 2016 voll im Rampenlicht. Sonderfälle schliesslich sind Matthias Reinhart, CEO der Vermögensverwaltungs-Bank VZ (1993) und Marc Bürki, seit 2002 Chef der Online-Bank Swissquote: Beide führen sie das jeweilige Finanzinstitut seit der Gründung an.
Jene Banklenker haben die Finanzkrise, den Steuerstreit und den Frankenschock erlebt, und ihre Häuser teils höchst erfolgreich durch diese Unwägbarkeiten gesteuert. Nun aber stehen sie wohl vor der grössten Herausforderung ihrer Karriere. Mit der fortschreitenden Digitalisierung verändern sich nicht nur Geschäftsmodelle und Kundenbedürfnisse rasant – sondern auch die Anforderungen an sie selber.
Zyklen immer kürzer
Bei der Kadervermittlerin Page Executive gibt Senior Partner Stephan Surber zu bedenken, dass die Geschäftszyklen im Banking immer kürzer werden. «Entsprechend wird auch von den CEO von Schweizer Banken verlangt, dass sie sich mehrmals in ihrer Amtszeit mit neuem Knowhow ausrüsten und Flexibilität und Agilität mit den neuen Gegebenheiten an den Tag legen.»
Page Executive spricht in einer neuen Studie vom Idealprofil des «Digitalized CEO». Darunter verstehen die Headhunter Führungspersonen, die dank der Bereitschaft zum Dazulernen und Sich-Neuerfinden in der Lage sind, in einer von Technologie bestimmten Unternehmenswelt sicher zu navigieren.
Langzeit-CEO bei Kantonalbanken
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