Die neu gesetzten Ziele von Julius Bär lassen den CEO Philipp Rickenbacher und seinem Team viel Freiheit. Den Kundenberatern bläst hingegen ein deutlich rauerer Wind entgegen.
Bei der Präsentation seiner Strategie für die Zürcher Bank Julius Bär nahm CEO Philipp Rickenbacher am Montag ein Wort immer wieder in den Mund: «Holistisch» sollte die Bank geführt werden.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat er sich von dem Ziel verabschiedet, jährlich 4 Prozent bis 6 Prozent Neuttoneugeld einzusammeln. Stattdessen soll die ganze Bank auf ein Profitwachstum von mindestens 10 Prozent pro Jahr hinarbeiten.
Neue Bonus-Struktur
«Das ist ein positiver Kulturwandel auf allen Ebenen der Organisation», sagte Rickenbacher am Montag vor den Medien. «Alle Management-Ebenen gewinnen dadurch mehr unternehmerische Freiheit.»
Ein Teil des Umbaus, welcher über zwei Jahre mit 60 Millionen Franken zu Buche schlagen und insgesamt 300 Mitarbeiter den Job kosten soll, ist auch eine neue Bonus-Struktur für die Kundenberater. Diese können sich künftig nicht mehr global an einer Kennzahl orientieren, sondern bekommen je nach Markt unterschiedliche Vorgaben.
Ziele je nach Markt
Die Details des neuen Systems will die Bank allerdings erst im Lauf des Jahres festlegen. Zugleich ist auch noch nicht entschieden, welche Märkte künftig nicht mehr als genügend profitabel gelten.
«Profit ist eine holistischere Messgrösse für Erfolg», sagte Rickenbacher. Je nach Markt könne man sich dabei mehr auf die verwalteten Vermögen, auf den Ertrag oder auf Kosten konzentrieren.
Unfreiwillige Abgänge
Dass die Berater, welche letztlich für den Ertrag und das Asset-Wachstum der Bank zuständig sind, dabei einem härteren Wind ausgesetzt sind, zeigte sich schon letztes Jahr. Von den Relationship Managern, welche die Bank verliessen, taten dies zwei Drittel nicht freiwillig – eine im Vergleich zu anderen Jahren hohe Zahl.
Auch dieses Jahr wird der geplante Abbau alle Bereiche der Bank erfassen. Julius Bär will zwar weiterhin auch mit dem Anheuern neuer Kundenberater für Wachstum sorgen, ein grosser Zuwachs sei jedoch nicht zu erwarten, 2019 führten die Kostenmassnahmen von Rickenbachers Vorgänger Bernhard Hodler erstmals seit 2014 zu einem Rückgang der Anzahl Frontleute.
Bewunderung gesucht
Zusätzlich zu Rickenbachers Wachstumsziel von 10 Prozent hat der Bär-Chef auch eine «Ambition» für die nächsten zehn Jahre definiert: Das Zürcher Institut will der «am meisten bewunderte globale Vermögensverwalter» sein.
Seine Erklärung dazu zeigte, dass der Kulturwandel unter seiner Führung auch einen Bruch mit Boris Collardi darstellt, der das schnelle Wachstum von Julius Bär in der letzten Dekade prägte. Als erste Komponente erwähnte Rickenbacher regulatorische Aspekte:
Die Bank geriet verschiedentlich in die Schlagzeilen, weil sie ihren Kunden nicht genau genug auf die Finger geschaut hatte. Dazu gehörte die Fifa-Affäre ebenso wie ein Korruptionsskandal um die venezolanische Erdölgesellschaft PDVSA.
Verfahren kurz vor Abschluss
Das Verfahren der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht im Zusammenhang mit dem Venezuela-Fall hofft Rickenbacher bald hinter sich zu lassen. Die ebenfalls von den Behörden angeordnete, umfangreiche Überprüfung aller Kundenbeziehungen, das sogenannte Projekt «Atlas», hat die Bank letztes Jahr abgeschlossen.
Sind die Regulatoren erst einmal zufrieden, kann sich Rickenbacher auf die verbleibenden Komponenten seines Ziels konzentrieren: Er will mit Julius Bär auch die Bewunderung der Kunden und der Angestellten gewinnen, sowie der Gesellschaft ingesamt von Wert sein.