Der Strategieausblick der UBS zeigt: Chef Sergio Ermotti will sich bis zum Ende seiner Karriere keine Blösse geben. Er verzichtet auf den grossen Wurf, um den Aktienkurs zu befeuern – aus guten Gründen.
Wenn schon es schon der Schweizer Boulevard in grossen Lettern verkündet, muss wohl etwas dran sein: «Die UBS – eine Bank zum Gähnen», schrieb die Zeitung «Blick» im Vorfeld zu den am Donnerstag verkündeten Drittquartalszahlen sowie zum Investorentag.
Auch finews.ch hat verschiedentlich auf die fehlende Dynamik sowie ausbleibende Wachstumsimpulse im Grosstanker UBS hingewiesen – wie auch auf CEO Sergio Ermottis oftmals unverhohlenen Ärger, dass die Investorengemeinde seine Anstrengungen zu wenig würdigt und sich der UBS-Aktienkurs kaum bewegt.
Keinen Wank abweichen
Wer nun aber hoffte, Ermotti und seine Führungsmannschaft würden am Investorentag eine Überraschung aus dem Hut zaubern, um Kursfantasien zu zünden, sah sich getäuscht.
Ermotti weicht keinen Wank von der bisherigen Strategie der Bank ab. Organisches Wachstum im Global Wealth Management, Kostendisziplin, Kapitalaufbau und -effizienz sowie Kapitalrückzahlungen an die Aktionäre: Das bleiben bis zum voraussichtlichen Ende seiner Karriere als operativer UBS-Chef Ende des Jahres 2021 die Pfeiler seiner Strategie.
Konservativ und diszipliniert
«Alter Wein in neuen Schläuchen» werde Ermotti präsentieren, hatte finews.ch im Vorfeld des Strategie-Updates geschrieben. Und das ist auch geschehen. Bezüglich Wachstum und Kosten ist der UBS-Chef von den bisherigen Zielen kaum abgewichen, geschweige denn aggressiver geworden.
Im Global Wealth Management will er neu 250 Millonen Franken anstatt der bisherigen 100 Millionen Franken einsparen. Das Wachstumsziel bei den verwalteten Vermögen ist mit 2 bis 4 Prozent konservativ, die jährliche Steigerung des Vorsteuergewinns von bis zu 15 Prozent will er vor allem auch durch die Senkung des Kosten-Ertrags-Verhältnisses (CIR) erreichen.
Aktionäre für die Treue belohnen
Als mut- und ideenlos liesse sich dieser Strategieausblick Ermottis bezeichnen. Der UBS-Chef zieht es vor, im Hamsterrad der disziplinierten Ausführung der seit dem Jahr 2012 bestehenden Strategie weiter zu strampeln, als zu versuchen, mit aggressiven Sparmassnahmen oder steilen Wachstumsambitionen die Investorengemeinde zu elektrisieren und den Aktienkurs aus seinen Tiefen zu holen.
Man könnte allerdings genauso gut loben: Ermotti und die UBS ziehen es vor, die bestehenden Aktionäre für ihre Treue zu belohnen, als Investoren mit neuen Versprechen anzulocken, die möglicherweise nicht eingehalten werden.
Nachhaltigkeit wird ernst genommen
So lockt die UBS mit der Aussicht auf jährlich steigende Gewinnausschüttungen sowie weitere Kapitalrückzahlungen aus Aktienrückkäufen. Nachhaltigkeit ist eines der Schlagworte, das bei der UBS immer häufiger benutzt wird.
Dies betrifft nicht nur ihre Anstrengungen, führend in der Unternehmensnachhaltigkeit zu sein sowie ihre Kundengelder zunehmend gemäss solchen Kriterien zu investieren. Die UBS will «langfristig positiven Wert für ihre Kunden, Mitarbeiter und Anleger sowie die Gesellschaft schaffen», wie sie festhält.
Unsichere Märkte mahnen zur Vorsicht
Die betonte Zurückhaltung in der Formulierung von Wachstums- und Kostenzielen lässt sich so begründen. Die UBS will den Investoren eine «Aktienstory» liefern, die vorhersehbar ist und weniger Raum Überraschungen lässt. Dafür spricht auch, dass die Bank angekündigt hat, ihre latenten Steueransprüche neu zu bewerten und transparenter zu machen.
Die Zurückhaltung hat womöglich einen weiteren Grund: die steigende Unsicherheit an den Märkten. Auf die Veränderungen im Zinsumfeld sowie den von US-Präsident Donald Trump vom Zaun gebrochenen Handelskrieg haben die Märkte bisher sehr empfindlich reagiert. Die weitere Entwicklung – Beruhigung oder zunehmende Volatilität – ist kaum prognostizierbar.
Keine Fantasieziele
Ermotti scheint vor allem verhindern zu wollen, dass ihm die Marktentwicklung zu ehrgeizig formulierte Ziele zunichte macht. In Erinnerung ist die Prognose seines Vorgängers Oswald Grübel aus dem Jahr 2009, die Grossbank werde in absehbarer Zeit wieder einen Vorsteuergewinn von 15 Milliarden Franken erzielen.
Angesichts der sich anbahnenden Schulden- und Euro-Krise entpuppte sich das als eine reine Fantasiezahl. Solche Fantasien zu schüren, will die UBS offenbar klar vermeiden. Ermotti wird dafür einen Preis zahlen müssen: Die UBS-Aktie wird unter seiner Ägide voraussichtlich nicht mehr zur Überfliegerin. Die Bank wird weiterhin als träger Grosstanker wahrgenommen worden, der von seinem Kurs nicht abweicht – was aber offenbar ganz dem Anspruch der UBS-Strategie entspricht.