In einer erneuten strategischen Spitzkehre will die Deutsche Bank 8 Milliarden Euro frisches Kapital aufnehmen. Dabei bedient sie sich desselben Kniffs wie die Credit Suisse.
Die erste Bestürzung der Investoren hat sich gelegt, jetzt wird um die Details gefeilscht. Wie die Deutsche Bank letzten Sonntag mitteilte, will sie 687'500 neue Aktien ausgeben und damit an der Börse rund 8 Milliarden Euro lösen.
Am 5. März hatte die grösste Bank im nördlichen Nachbarland erstmals zum Plan informiert und damit für Konsternation gesorgt: In den Jahren 2010, 2013 und 2014 hatte das Institut zwar Kapitalerhöhungen durchgeführt – unter dem amtierenden CEO John Cryan stemmte sich die Deutsche Bank aber stets gegen eine solche Massnahme.
Ein gängiger Kniff
Nun ist alles anders. Und Cryan weiss auch schon, wie er die Eigner zur Verwässerung ihres Investments überreden will. Die neuen Titel sollen zu einem Abschlag von 35 Prozent zum Schlusskurs von letzter Woche ausgegeben werden. Die Zeichnungsfrist dauert vom 21. März bis zum 4. April.
Ein «Grabbeltisch»-Angebot also, und das ist noch nicht alles: Die Deutsche Bank will ihr Asset Management innerhalb der nächsten zwei Jahre teilweise an die Börse bringen, um weiteres Kapital zu lösen.
Letzteres ist ein gängiger Kniff, wie ein ehemaliger Experte der Beratungsfirma McKinsey gegenüber finews.ch erklärte. Wer bei einer Kapitalerhöhung mitmacht, will sicher sein, dass es für lange Zeit die letzte ist. Denn sonst droht die Verwässerung der Anlage. Mit dem «Versprechen», Firmenteile zu verkaufen, nimmt das Management also den Investoren die Furcht vor weiteren Kapitalerhöhungen.
Tidjane Thiam hat's vorgemacht
Als letzter Grossbankenchef vorgemacht hat den Kniff Tidjane Thiam. Im Oktober 2015 präsentierte der CEO der Credit Suisse (CS) den Aktionären der Schweizer Grossbank seine «Strategieanpassung». In deren Rahmen bat er die Eigner und 6 Milliarden Franken frisches Kapital. Gleichzeitig lockte er mit dem Teilbörsengang des Schweiz-Geschäfts im Jahr 2017. Damit könne die CS weitere 4 bis 5 Milliarden Franken an Kapital lösen, stellte Thiam in Aussicht. Auch er verdiente seine Sporen bei McKinsey.
Die 6 Milliarden Franken erhielt die Grossbank von den Investoren. Doch nun ist fraglich, ob es zum Börsengang der CS Schweiz kommt. Letzten Februar bezeichnete der CS-Chef den Teilverkauf plötzlich nur noch als eine von mehreren Option, um Kapital zu lösen. finews.ch urteilte damals, der IPO sei damit so gut wie abgesagt.
Entscheid im April
Wie die Agentur «Reuters» berichtete, will die CS im April den definitiven Entscheid über den Teilbörsengang fällen. Just dann könnte sie aber auch eine Kapitalerhöhung ankünden – und damit dem Weg folgen, den Cryan mit der Deutschen Bank vorgepfadet hat. Gegenüber der Agentur «Bloomberg» urteilten Analysten, dass die Deutschbanker wohl auf ein nahezu ideales Marktumfeld stossen.
Nicht ganz so klar ist, ob dieser Befund auch für die CS gelten würde. Denn derzeit handelt die CS-Aktie noch immer unter Buchwert. Grossinvestoren der Bank wie der amerikanische Finanzinvestor Harris Associates haben sich deshalb vehement gegen eine Kapitalerhöhung ausgesprochen.
Der «value trap» entronnen
Doch was, wenn nun Thiam seinerseits ein Blatt aus dem Heft der Deutschen Bank nimmt und die Kluft zum Buchwert mit einem Rabatt auszugleichen versucht? Ebenfalls kann der CS-Chef damit argumentieren, dass die von ihm geführte Bank inzwischen auf gutem Weg ist, der «value trap» zu entrinnen, wie der Branchen-Blog «Seeking Alpha» urteilte. Das heisst, die Einnahmen der Bank haben sich soweit erholt, dass ihnen die Kosten nicht mehr davonzulaufen drohen.
Der Schweizer Bank, so der Bericht weiter, fehlten rund 7 Milliarden Dollar – und eine Kapitalerhöhung sei die einfachste Möglichkeit, die Lücke zu schliessen.
UBS darf nicht mitspielen
So oder so wird die CS die Kapitalerhöhung der Deutschen Bank ganz aus der Nähe beobachten. Cryan hat nämlich die CS-Investmentbank zur Begleitung der Transaktion aufgeboten – hingegen die UBS nicht berücksichtigt, wie auch finews.ch kürzlich berichtete. Ein weiteres Indiz für den unheimlichen Paarlauf der beiden Grossbanken.