Wenn Unternehmen zu einem strengeren Datenschutz verpflichtet werden, sollte diese Tendenz auch für staatliches Datensammeln gelten, findet Sindy Schmiegel von der Bankiervereinigung.
Sindy Schmiegel ist Leiterin Public & Media Relations
Skandale wie jüngst um Facebook und Cambridge Analytica sorgen für ein Gefühl der Ohnmacht und Wut gegenüber der Tatsache, dass Menschen in Bezug auf die Informationen, die sie im Internet hinterlassen, offenbar als Freiwild betrachtet werden.
Die Bestrebungen der EU und der Schweiz, den Schutz für die eigenen Daten zu verbessern, kommen also zur rechten Zeit. Wer viel weiss, hat viel Macht, kann im Kleinen Kaufentscheide beeinflussen und im Grossen die politische Landschaft verändern. Es erstaunt, dass die finanzielle Privatsphäre in diesem Umfeld kaum zur Sprache kommt.
Wo ist die Grenze?
Wenn es um Geld geht, so hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, sind es nicht in erster Linie Unternehmen, die Interesse an möglichst vielen Informationen haben, sondern der Fiskus.
Die OECD hat in der Folge einen umfassenden Standard zum automatischen Austausch von steuerrelevanten Informationen erarbeitet, zu dessen Anwendung sich heute fast 150 Länder bekennen (bis auf einen der weltweit bedeutendsten Finanzplätze, die USA). Mit dem Projekt Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) soll verhindert werden, dass multinationale Unternehmen Steuer-Arbitrage betreiben; auch hier ist der Austausch von Finanzinformationen zentral. Wo aber ist die Grenze zwischen berechtigtem Interesse an Steuereinnahmen und totaler Transparenz in Sachen finanzieller Verhältnisse?
Finanzdaten sind besonders sensibel
Die Schweizer Banken haben sich dafür eingesetzt, dass der Schutz der Kundendaten, die zwischen den Ländern ausgetauscht werden, so weit wie möglich gewährleistet ist. Sie haben sich auch dafür stark gemacht, dass die ausgetauschten Daten nur zur Besteuerung verwendet werden dürfen, aber nicht für andere Zwecke. Sie wissen, dass detaillierte Informationen über die finanzielle Situation eines Menschen zu den sensibelsten gehören, die preisgegeben werden können. Der Schutz der finanziellen Privatsphäre ist in manchen Ländern nicht einfach ein Faktor der persönlichen Freiheit, sondern ein Sicherheitsaspekt.
Wohlstand kann in manchen Ländern auch bedeuten, Risiken ausgesetzt zu sein, die von Erpressbarkeit bis hin zu Bedrohung für Leib und Leben reichen können. Der Schutz der Kundendaten geniesst bei den Schweizer Banken auch heute noch oberste Priorität, gerade in einem Zeitalter, in dem technologische Möglichkeiten es einfach machen, Verhaltensweisen zu analysieren und auszuwerten.
Eine gewisse Ambivalenz
Es sind nicht zuletzt Sicherheitsbedenken, die zum Schluss führen, dass die Schweiz auf eine analoge Regulierung zur in Europa mittlerweile in Kraft getretenen Payment Services Directive 2 verzichten sollte. Es lässt sich also eine gewisse Ambivalenz feststellen: Konsumenten sollen gegenüber privater Sammelwut geschützt werden, im Finanzbereich jedoch scheint der Trend in Richtung immer weiterer Transparenz zu gehen.
Die OECD ist im Bereich Informationsaustausch inzwischen noch einen Schritt weiter gegangen: Künftig sollen nicht nur einfach Steuerinformationen ausgetauscht werden, sondern auch Hinweise auf Verhaltensweisen, die auf Steuervermeidung schliessen lassen.
Datenschutz: Egal ob bei Firmen oder beim Staat
Diese Tendenz sollte genau beobachtet und kritisch begleitet werden: Datenschutz und Hoheit über die eigenen Daten sind heute wichtiger denn je, unabhängig davon, ob private Firmen oder die öffentliche Hand Zugriff auf diese Daten haben. Wenn hoheitliches Eingreifen den Zugang zu Informationen verlangt, sollte im Mindesten sichergestellt sein, dass Datenmissbrauch so weit wie möglich vorgebeugt wird.
Der Standard der OECD enthält unter anderem auch Bestimmungen zum Datenschutz. Wir erwarten von allen Ländern, dass sie auch eingehalten werden und von der OECD, dass sie Vergehen sanktioniert. Die Schweizer Banken halten internationale Standards ein – doch sie setzen sich auch dafür ein, dass Kundendaten dem grösstmöglichen Schutz unterliegen. Denn auch staatliches Datensammeln sollte klare Grenzen haben.