Bankerdoyen kritisiert Pläne für Lohndeckel

Doyen Oswald Grübel hält nichts von einem Lohndeckel für Banker, ist wegen der Grösse der UBS nicht in Sorge und hat Angst, weil nur wenige Schweizer um die Bedeutung des Finanzplatzes wissen. Für die Zollpolitik Donald Trumps bringt er Verständnis auf.

Er kennt das Innere von Schweizer Grossbanken aus eigener Anschauung und ist auch ein intimer Kenner der internationalen Finanzmärkte. Am Montag hat sich Oswald Grübel, der den Ruf hat, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, in einem Interview mit dem «Blick» zur Geopolitik, zu den Börsen, zum Verhältnis zur EU und zum Bankenplatz Schweiz geäussert.

Als Investmentbanker bei Credit Suisse First Boston habe er das «zweifelhafte Vergnügen» gehabt, «Herrn Trump in den 80er-Jahren kennenzulernen». Grübels Reaktion: «Trump möchte ich nie wieder treffen. Das war damals ein grosser Schock für mich. Sein Auftreten als Immobilien-Tycoon, sein Ego, sein Narzissmus und seine sehr direkte Sprache – das war ich als Europäer einfach nicht gewohnt.»

«Teilweise gute Argumente für seine Zölle»

Gleichzeitig konzediert Grübel, dass Donald Trump etwas von Wirtschaft versteht. «Die Wahl von Kamala Harris wäre wirtschaftlich ein Desaster gewesen.»

Selbst für Trumps Zollpolitik bringt er ein gewisses Verständnis auf: Damit wolle der US-Präsident den Nachteil der europäischen Mehrwertsteuer ausgleichen. «Wenn man auf aus den USA importierten Produkten eine Mehrwertsteuer von 20 Prozent draufschlägt, ist das aus Sicht der Amerikaner nichts anderes als ein Importzoll. Für seine Zölle hat Trump teilweise gute Argumente.»

«Europäische Zentralbank wird alle Schulden und Defizite finanzieren»

Weniger positiv fällt sein Urteil über Europa aus. Auf die Frage, weshalb in den letzten Wochen die europäischen Börsen robuster gewesen sind als die amerikanischen, lautet seine Antwort mit Blick auf die Fiskalwende in Deutschland und der EU: «Weil alle wissen, dass die Europäische Zentralbank all die neuen Schulden und Defizite finanzieren wird. Das wird sich später negativ auf die Märkte auswirken.»

Bei dieser Gelegenheit bekommt auch gleich die Schweizerische Nationalbank (die am Donnerstag ihren Zinsentscheid bekanntgeben wird) ihr Fett weg. «Für mich ist es nicht erklärbar, warum die Nationalbank aus wirtschaftlichen Gründen den Franken abschwächt. Wir importieren mehr aus der EU, als wir dorthin exportieren. Wir sind von der EU genauso abhängig wie sie von uns. Wir haben scheinbar einen Minderwertigkeitskomplex.» Nicht ganz überraschend warnt er die Schweiz vor einer Annäherung an die EU und einer Aufgabe der Neutralität.

Lob für Übernahme der Credit Suisse

Aber der Bankerdoyen kann nicht nur kritisieren. Die Credit Suisse (CS) hätte zwar nicht untergehen dürfen, doch müsse man Behörden und Regierung dafür loben, dass sie den Zusammenschluss mit der UBS so schnell herbeigeführt hätten. «Das war der richtige Entscheid für den Finanzplatz», konstatiert Grübel und klingt damit schon fast wie ein Mediensprecher des Bundesrats, der Nationalbank oder der Finma.

Er nennt auch die Verantwortlichen für das Desaster: erstens die Geschäftsleitung der CS, «die durch unbedachte Geschäfte viel Geld und Glaubwürdigkeit verloren hat». Aber auch der Verwaltungsrat, «weil er nicht die richtigen Geschäftsleitungen und CEOs angestellt hat und weil er die grossen Risiken nicht kannte oder verstanden hat».

Lohnbegrenzung: «Alles sind kläglich gescheitert»

Auch zur ewigen (und neu aufgeflammten) Debatte, ob Spitzenlöhne in Banken gedeckelt werden sollten, bezieht Grübel unmissverständlich Stellung: «Der Vorschlag zur Begrenzung der CEO-Vergütung ist eine Ignorierung der Märkte, alle, die so etwas bisher versucht haben, sind kläglich gescheitert. Zudem birgt er das Risiko, vermehrt unfähige CEOs zu benennen.»

Relativ differenziert fällt seine Positionierung in der Frage aus, ob die UBS mehr Eigenkapital braucht. Ein Mehr an Kapital beruhige zwar alle Beteiligten, werde aber eine Bank mit einem Glaubwürdigkeitsproblem nicht retten.

Tiefere Zinsen dank starkem Finanzplatz

«Das Vertrauen der Märkte, Investoren und Kunden darf man nicht verlieren. Mehr Kapital bedeutet höhere Kosten, die dann die Kunden zu berappen hätten.» Grübel sieht dabei die Aufsichtsbehörden in der Pflicht, «zu entscheiden, was richtig ist für den Erhalt des Finanzplatzes».

Die Grösse der UBS bereitet Grübel dagegen keine Sorge. «Angst macht mir viel mehr, dass wenige Schweizer wissen, wie wichtig der Finanzplatz für unser Land ist». Viele dächten dabei an überbezahlte Banker und vergässen die heute 7000 Milliarden Franken an ausländischen Vermögen, welche der Schweiz «seit 1930 viel tiefere Zinsen als bei unseren Nachbarn» bescherten. Davon profitierten alle Kreditnehmer profitierten.