Wenn das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank am kommenden Donnerstag mit der «Geldpolitischen Lagebeurteilung» auch ihre Zinsentscheidung bekannt gibt, wäre alles andere als eine Senkung eine Überraschung. Doch ob es ein normaler Schritt um 25 Basispunkte wird, oder ein grosser um 50 Basispunkte, ist noch offen.

Die Konjunkturaussichten der Schweiz haben sich eingetrübt und zuletzt haben gleich eine ganze Reihe von Ökonomen ihre Prognosen für das kommende Jahr gesenkt. Das liefert auch gute Argumente für eine Senkung der Zinsen gleich 50 Basispunkte gibt es.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist immer gut für eine Überraschung, schreibt der Chefvolkswirt der Bank J. Safra Sarasin Karsten Junius (Bild unten) in einem Post auf Linkedin. «Zumindest dann, wenn es ökonomisch Sinn macht.» Er rechnet mit einer Zinssenkung von aktuell 1,0 auf dann 0,5 Prozent. 

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Karsten Junius von Bank J. Safra Sarasin. (Bild: Linkedin)

Und die Argumente für einen grossen Zinsschritt seien schlagend. Als der zentrale Orientierungspunkt der SNB-Geldpolitik und deren wichtigster Auftrag dient dabei die Preisstabilität, wie auch der neue Direktoriums-Präsident Martin Schlegel nicht müde wird zu betonen.

Und hier gibt es derzeit noch viel Luft nach oben. Die Inflation in der Schweiz ist inzwischen klar unter die Obergrenze der angestrebten Spanne von 0 bis 2 Prozent gefallen. Zwar ist die Teuerung im November gegenüber dem Vorjahresmonat auf 0,7 Prozent leicht gestiegen – nach noch 0,6 Prozent im Oktober – sie ist damit aber weiterhin sehr tief.

Wachtum unter Potenzial

Das Wirtschaftswachstum der Schweiz liege weiterhin unter ihrem Potenzial und die Arbeitslosigkeit nehme zu, schreibt Junius weiter. Eine Ankurbelung der Nachfrage nach Schweizer Exportgütern durch die Nachbarländern sei kaum zu erwarten.

Der Bank-Ökonom rechnet auch im kommenden Jahr mit eine weiter sinkenden Inflation. Dafür würden gleich mehrere Faktoren sprechen. So verweist er auf die Strompreise, die im Januar um rund 10 Prozent sinken werden. Durch den erwarteten tieferen Referenzzinssatz ab März könnten die Mieten sogar leicht sinken. Zudem würden die tieferen Erzeugerpreise den disinflationären Druck verstärken.

Die Entwicklung am Arbeitsmarkt spreche dafür, dass das künftige Lohnwachstum geringer ausfallen wird als in diesem Jahr. Die Zahl der unbesetzten Stellen sinkt und die Arbeitslosigkeit steigt.

Effekt der Forward Guidance aufgezehrt

«Eine Senkung um 50 Basispunkte ist nun notwendig, weil die SNB durch ihre Kommunikationspolitik bereits Erwartungen für eine Zinssenkung geweckt hat», argumentiert Junius. Damit habe sie bereits das Potenzial ausgeschöpft, ihre Forward Guidance als Ersatz für eine grössere Zinssenkung einzusetzen. «Es macht auch keinen Sinn, stattdessen auf Devisenmarktinterventionen zurückzugreifen, da der Schweizer Franken derzeit nahe an seinem fairen Wert gehandelt wird.»

Konjunkturprognosen gesenkt

Auch Raiffeisen oder BAK Economics hatten zuletzt in ihren Prognosen für das Jahr 2025 vor den Unsicherheiten für die Schweizer Konjunktur gewarnt. So rechnet BAK Economics nun für das Jahr 2025 mit einem Wachstum des Schweizer Bruttoinlandprodukts von 1,4 Prozent, leicht revidiert von zuvor 1,5 Prozent. Bei Raiffeisen geht man von einem BIP-Wachstum 2025 von 1,3 Prozent aus und auch Julius Bär hatte seine Prognose zuletzt auf diesen Wert gesenkt.

Mithilfe der Zinsschraube werde die SNB auch versuchen, den Aussenwert des Franken zu steuern, heisst es beim BAK. «Die Schweizerische Nationalbank wird eine übermässige Aufwertung des Frankens voraussichtlich nicht tolerieren und könnte sogar Negativzinsen wieder ins Spiel bringen.»