Die Besteigung des Kilimandscharos gehörte lange zum Pflichtprogramm eines jeden erfolgreichen Bankers oder Top-Managers. Heute zieht es diese in die marokkanische Wüste. Diese hat mehr als nur Sand zu bieten.

Samirs Leben spielt sich in Ksar Ait Benhaddou ab. Er ist hier geboren, er lebt hier und verdient mit Führungen sein Geld.

Samir kann sich nicht beklagen. Das Geschäft hat sich mit Ausnahme der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren positiv entwickelt.

Ksar Ait Benhaddou, das «Hollywood der Wüste». (Bild: finews.ch)

Schauplatz von «Gladiator 2»

Ksar Ait Benhaddou ist Teil des Unesco-Weltkulturerbes und eine Pilgerstätte für Influencer. Das Lehmdorf diente zahlreichen Hollywood-Produktionen als Kulisse. «Indiana Jones 3» wurde hier gedreht, «Prince of Persia», Teile von «Games of Thrones» und natürlich auch «Gladiator 2», der derzeit gerade in den Kinos läuft. Russel Crowe wälzte sich schon für den ersten Teil in der Wüste Marokkos.

Ksar Ait Benhaddou wird auch als das «Hollywood der Wüste» genannt. Und als Samir beiläufig erwähnt, dass er mal drei Monate mit Brad Pitt zusammengearbeitet hat, geht ein Raunen durch die Reisegruppe.

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Wanderung in den Dünen. (Bild: finews.ch)

2006 wurde hier in der Weite Marokkos der Film Babel mit Brad Pitt gedreht. Samir stand damals während dreier Monate als Dolmetscher an der Seite des Hollywood-Stars. Brad Pitt sei ein sehr feiner Mensch, meinte er nach einigem Drängen. Eine Szene in dem Film sei in einem 20 Kilometer entfernten Dorf gedreht worden. Doch dafür habe man zuerst das Dorf ans Stromnetz anschliessen müssen. «Brad Pitt hat die Kosten für die Arbeiten aus dem eigenen Sack bezahlt. Die Leute im Dorf sind ihm noch heute dafür dankbar», sagt Samir.  

Mhamid, weiter südlich, ist ein Pilgerort der anderen Art. Zu Abdelkhalek Benalia zieht es nicht Influencer, sondern in den vergangenen Jahren immer mehr Banker und Millionäre. Ihr Ziel: die Weite der Sahara. Was früher die Touren auf den Kilimandscharo waren, sind jetzt Kamel-Trekkings in die Wüste. Abdelkhalek Benalia ist einer der grössten Anbieter solcher Reisen.

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Tee-Zeremonie auf der Sand-Düne. (Bild: finews.ch)

Ideal zum Abschalten

Abdelkhalek Benalia versteht sein Handwerk. Nach dem Studium begann er dann als erster in der Region, Touren in die Erg Chagaga-Wüste zu organisieren. Zuerst aus Spass. Als die Nachfrage grösser wurde, machte er ein Geschäft daraus, mit dem Ziel, seiner wenig entwickelten Gegend eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen.

Heute verfügt er über mehrere Camps in der Wüste, ein Gästehaus und vermittelt Trekkings. Diese sind insbesondere bei Finanzleuten sehr beliebt, erzählt er. «Banker haben einen stressigen Job: eine Sitzung jagt die andere. Und oftmals sind sie auch am Wochenende beschäftigt. Da bleibt kaum Zeit, um richtig abzuschalten. Das können sie hier bei mir in der Wüste», sagt er.

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Die White Camel Lodge in der Agafay-Wüste. (Bild: finews.ch)

«Die Wüste hat eine reinigende Wirkung»

Es gibt gar Geschäftsleute, die wichtige Verhandlungen der Wüste führen, weiss er zu berichten. «Ein Schweizer Unternehmer hat sich kurzerhand in den Flieger gesetzt und hat hier in der Wüste seinen Verhandlungspartner getroffen. Nach einem dreitägigen Trekking in der Wüste waren sie sich handelseinig», sagt er.

Kurt Zürcher, Verwaltungsratspräsident und Mitinhaber vom Schweizer Afrika-Spezialisten «Let’s go Tours», der auch diese Reise unterstützte, kann den Boom bestätigen. Die Nachfrage nach Wüstentrekkings habe bei Schweizer Managern in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Zürcher erstaunt dies nicht: Das einfache Leben in den Dünen, wo man nur ein Zelt und ein paar wenige Kleider habe, verändere einen, meint Kurt Zürcher: «Die Wüste hat eine reinigende Wirkung. Du siehst danach die Welt wieder mit anderen Augen.»