Die Obligationäre des Spital Wetzikon lehnen den vorgesehenen harten Schuldenschnitt ab. Und die Aktionärsgemeinden weigern sich, Steuergelder für die Gläubiger einzusetzen. In einem Brief an die Gemeindepräsidenten bezeichnet nun die GZO Creditor Group die Drohung, bei einem Konkurs müsse das Spital geschlossen, als «lächerlich». Denn der Betrieb sei profitabel.
Die Ruhe nach der Versammlung der Anleihensgläubiger des in Nachlassstundung befindlichen GZO Spital Wetzikon währte nur kurz. Am 25. Oktober hatte eine grosse Mehrheit der anwesenden Obligationäre den Anträgen der GZO Creditor Group für eine Änderung der Anleihensbedingungen zugestimmt. Diese enthielten eine Verlängerung der Laufzeit der Anleihe über 170 Millionen Franken zur Vermeidung eines Schuldenschnitts. Zudem wurde Gregor Greber, der starke Mann der Gläubigergruppe, als Vertreter der Obligationäre gewählt, so dass er nun als Beobachter im GZO-Verwaltungsrat Einsitz nimmt.
Die Obligationäre – unter ihnen viele institutionelle Anleger – sandten damit ein kräftiges Signal, dass sie das vom Schuldner an der Versammlung vorgelegte Sanierungskonzept nicht akzeptieren werden. Dieses sieht unter anderem einen harten Schuldenschnitt vor, die Gläubiger müssten etwa auf zwei Drittel (65 bis 70 Prozent) ihrer Forderungen verzichten.
Aktionärsgemeinden prüfen Kapitalbedarf
Ein weiteres Element des Schuldenschnitts besteht darin, dass die zwölf Aktionärsgemeinden zusätzliches Eigenkapital einschiessen. Am 31. Oktober bestätigten die Aktionärsgemeinden, dass der Verwaltungsrat am 24. Oktober einen entsprechenden Antrag eingereicht hat. Er ersucht die Gemeinden, Kapital im Umfang von 45 bis 55 Millionen Franken bereitzustellen.
«Spitalbrache» in Wetzikon (Bild: finews.ch)
Die Gemeinden könnten den Kapitalbedarf noch nicht bewerten, heisst es in der gemeinsamen Stellungnahme. «Eine Investition dieser Grössenordnung muss umfassend geprüft werden können. Weil die dazu notwendigen Kennzahlen und Unterlagen laufend eingereicht werden, ist diese Prüfung durch die von den Aktionärsgemeinden mandatierten Finanz- und Rechtsexperten noch im Gang.»
«Keine Steuergelder für Reduktion des Schuldenschnitts»
In der Sache selber geben sich die Aktionärsgemeinden aber schon heute pickelhart: «Die Aktionärsgemeinden vertreten geschlossen die Haltung, dass die Bilanzsanierung der GZO AG und der dazu notwendige Schuldenschnitt auf der Grundlage der vorhandenen Aktiven zu errechnen sind. Die von den Aktionärsgemeinden einzubringenden Gelder können nur der Finanzierung der Zahlungen unter dem Schuldenschnitt und der Fortführung des Spitalbetriebs nach erfolgter Bilanzsanierung dienen. Für eine weitere Reduktion des Schuldenschnitts im Interesse der Gläubiger dürfen keine Steuergelder eingesetzt werden.»
Allerdings stellt auch für die Gemeinden eine Einigung mit den Gläubigern eine zentrale Voraussetzung dafür dar, dass «eine Kapitalerhöhung durch die Aktionärsgemeinden im Sinne einer Anschubfinanzierung erwogen werden kann». Zudem weisen die Gemeinden auf den anspruchsvollen politischen Prozess hin, der für eine Aktienkapitalerhöhung notwendig ist. Die Abstimmungen in den einzelnen Gemeinden darüber sollen Ende 2025 oder Anfang 2026 erfolgen.
Gläubiger empfinden Schuldenschnitt als einseitig – Ablehnung absehbar
Doch wie soll eine Einigung mit den Gläubigern gefunden werden, wenn die grosse Mehrheit der Obligationäre das Sanierungskonzept mit dem als ausgesprochen einseitig empfundenen Schuldenschnitt ablehnt?
Auf diese Klippe weist auch die GZO Creditor Group in einem Brief hin, der diese Woche an die Präsidenten aller Aktionärsgemeinden verschickt worden ist und finews.ch vorliegt.
Aktiven behalten und Schulden nicht bezahlen?
Darin wird die oben erwähnte von den «Aktionärsgemeinden vertreten geschlossene Haltung» aufs Korn genommen. Offensichtlich gingen die Gemeinden davon aus, dass der Nachlassvertrag die nötige Mehrheit der Gläubiger fände. «Damit Sie nicht vergeblich den aufwendigen Prozess starten, die Bevölkerung an der Urne um Steuergelder zu bitten, möchten wir Ihnen sehr deutlich zum Ausdruck bringen, dass Sie unter den publik gewordenen Bedingungen auf gar keinen Fall damit rechnen dürfen, dass der Nachlassvertrag von der benötigten Mehrheit der Gläubiger unterstützt werden wird!», hält die GZO Creditor Group eindringlich fest.
«Spitalbrache» in Wetzikon (Bild: finews.ch)
Es gehe in einem Rechtsstaat nicht an, dass die Gemeinden sämtliche Aktiven der GZO behalten, den Gläubigern aber nur nur ein Drittel ihrer Forderungen zurückgeben wollten. Zu den Aktiven zählt die Gläubigergruppe «ein profitables Spital mit 150 Millionen Franken Umsatz, ein zu 70 Prozent erstellter Neubau im Wert von 25 bis 50 Millionen sowie 58‘000 Quadratmeter Land an bester Lage».
Fortführung des Spitalbetriebs auch bei Konkurs möglich
Für den Neubau, wo die Arbeiten seit einiger Zeit ruhen, ist übrigens in der Bewertung der Spitalliegenschaft, welche die Immobilienspezialisten von Wuest Partner im Auftrag der GZO als eine der Grundlagen des Sanierungskonzepts verfasst haben, ein neuer Begriff geprägt worden; den der «Spitalbrache».
Die GZO Creditor Group skizziert zwei Auswege aus der verfahrenen Lage: Entweder würden neue Konditionen mit den Gläubigern ausgehandelt oder es komme zum Konkurs. «Diese zweite Option ist vielleicht gar nicht so schlimm, wie Sie meinen», gibt die Gläubigergruppe (die notabene bisher selber angab, eine Insolvenz vermeiden zu wollen) den Gemeindepräsidenten zu bedenken. Die Aktiven würden dann einfach an die Höchstbietenden verkauft. Die Drohung mit der Schliessung des Spitals sei aber «lächerlich», weil ein profitables Geschäft wie das Spital Wetzikon nie liquidiert, sondern der Betrieb unter einem neuen Eigentümer fortgeführt werde.
Zeit für Einigung wird knapp
Auch wenn die Gläubigergruppe (aus durchaus nachvollziehbaren Gründen) die betriebswirtschaftliche Zukunft des Spitals Wetzikon angesichts der schweizweit dünnen Margen und des Korsetts, in dem sich Spitäler ertragsseitig befinden, wohl etwas gar rosig malt, trifft ihre Kernaussage zu, dass das Sanierungskonzept mit dem harten Schuldenschnitt die nötige Mehrheit sehr wahrscheinlich verfehlen dürfte.
«Spitalbrache» in Wetzikon (Bild: finews.ch)
Interessant ist zudem der Hinweis der GZO Creditor Group darauf, dass die Aktionäre (also die Gemeinden) bei einem Konkurs ihren Einsatz verlören. De facto übernähmen dann die Gläubiger als neue Eigentümer des Unternehmens das Zepter – allerdings handelt es sich beim GZO nicht um ein normales Unternehmen mit privaten Aktionären.
Die Zeit für eine Aufbesserung des Angebots an die Obligationäre ist knapp. Bis Ende Jahr müssen sich die beiden Sachwalter (die gesetzlich verpflichtet sind, die Interessen der Gläubiger zu wahren) entscheiden, ob sie dem Bezirksgericht Hinwil beantragen, dass das GZO von der provisorischen in eine definitive Nachlassstundung wechselt. Dies wäre eine Voraussetzung dafür, dass die Gläubiger dann überhaupt über das Sanierungskonzept (und somit auch über den Schuldenschnitt) im Rahmen eines Nachlassvertrags abstimmen könnten.