Die Kluft zwischen den von Investmentfonds verwalteten Vermögen und derjenigen von Banken und Vermögensverwaltern wird kleiner. Der CEO eines solchen Fonds sprach mit finews.ch über den Vormarsch der Fonds in der Schweiz.
Eine aktuelle Studie der Schweizerischen Nationalbank hat die wachsende Bedeutung von Investmentfonds in der Schweiz auf Kosten der traditionellen Banken untersucht. Zwar haben die Banken in Bezug auf die von ihnen verwalteten Vermögen (AuM) weiterhin einen deutlichen Vorsprung, aber die Fonds holen klar auf.
Investmentfonds verwalten mit 1,23 Billionen Franken rund ein Drittel dessen, was bei den Banken verwaltet wird. Von 2005 bis 2021 hat die Zahl der Banken in der Schweiz von 337 auf 239 um 29 Prozent abgenommen. Gleichzeitig stieg die Zahl der in der Schweiz ansässigen Investmentfonds um 127 Prozent auf knapp über 1’800.
Die Lücke schliessen
Der Vorsprung der Banken und Vermögensverwalter bei den AuM lässt sich nicht von heute auf morgen aufholen. Die Partnerschaft zwischen BNY Mellon und Newton Investment Management könnte dabei als Vorbild für andere Unternehmen dienen, die ihr Fondsgeschäft in der Schweiz ausbauen wollen. finews.ch sprach mit Euan Munro, CEO von Newton Investment Management, und Martin Rees (Bild unten), Country Head Switzerland, BNY Mellon Investment Management, über diese Trends.
Martin Rees, BNY Mellon Investment Management Country Head Schweiz
«Newton ist ein wichtiger Investmentmanager für BNY Mellon, seit wir vor 20 Jahren das Schweizer Büro eröffnet haben. Einige seiner Schlüsselstrategien sind schon seit langem Flaggschiffprodukte», erklärt Rees.
«Wir spüren ein starkes Interesse an thematischen und nachhaltigen Anlagestrategien von in der Schweiz ansässigen Anlegern und Beratern, und glauben, dass dies anhalten wird», betont Munro. «Wir gehen aber auch davon aus, dass die Anleger in den nächsten fünf Jahren in einem Umfeld mit höheren Zinsen, höherer Inflation und geringerer geopolitischer Stabilität reale Erträge erwirtschaften wollen.»
Chancen für hochaktive Portfolios
In einem Umfeld des billigen Zentralbankgeldes konnten passive Anlageansätze davon profitieren, dass sie gute Renditen bei sehr niedrigen Gebühren bieten konnten. Doch das hat sich laut Munro geändert. «Es ist wahrscheinlich, dass wir uns jetzt in einer Phase befinden, in welcher der Gesamtmarkt keine verlässlichen Renditen mehr liefern wird.» Daraus ergeben sich sehr gute Chancen für Unternehmen, die «hochaktive Portfolios anbieten, die in der Lage sind, gründliche Recherchen zu einzelnen Wertpapieren durchzuführen und auf spezielle Anlagestrategien setzen», so Munro.
Es gibt jedoch Mechanismen, die Anleger davon abhalten könnten, von passiven Fonds zu aktiv verwalteten Fonds mit ihren höheren Gebühren zu wechseln. Laut Munro werden die Märkte derzeit von der strafferen Geldpolitik beherrscht. Er glaubt, dass die höheren Zinsen länger als erwartet bestehen bleiben. Dabei könnte es passieren, dass «zu viele Leute erwarten, dass die Zinsen recht schnell wieder sinken».
Viele Anleger hoffen vielleicht, dass ihr derzeitiges Portfolio sie aus dem Abschwung herausführt. Zwar könne sich Geschichte nicht wiederholen, aber wenn man sich frühere Zyklen anschaue, habe es in solchen Fällen oft dramatische Veränderungen in der Marktführerschaft gegeben. So hätten Internet- und Telekommunikationsaktien nicht die Erholung nach der Dot-Com-Blase angeführt, als der Markt 2003 schliesslich seinen Tiefpunkt erreicht hatte.
Alternative Anlagen haben sich durchgesetzt und sind auch ein Bereich, den Fonds verfolgen können, so Munro. Das Private-Markets-Team von Newton biete zudem auch den Vorteil, dass es den Anlegern ermöglicht, Erkenntnisse aus dem Private-Equity-Bereich auch in andere Bereiche ihrer Portfolios zu übertragen.
Von Bargeld in Fonds
«Ein Teil des Wettbewerbs zwischen Bankeinlagen und Investmentfonds war unserer Meinung nach nicht hilfreich, da er zu Unschärfen zwischen Ersparnissen und Investitionen geführt hat», so Munro. Von Ersparnissen wird erwartet, dass sie kapitalgeschützt und sehr risikoarm sind, während Investitionen langfristig angelegt sein sollten, eine höhere Rendite bringen und den realen Wohlstand erhalten sollten, was bei Bankeinlagen nicht der Fall ist.
In den vergangenen Jahren habe es eine Umschichtung von Bareinlagen in Rentenfonds gegeben, auch wenn die steigenden Zinsen im Jahr 2022 die Rendite vieler Anleihefonds beeinträchtigt und die Bareinlagen der Banken attraktiver gemacht haben, so Munro.
Engagiertes nachhaltiges Investieren
Wenn es um nachhaltiges Investieren geht, gibt es die Befürworter von Exklusion, als der Ausschluss von emissionsintensiven Unternehmen, und diejenigen, die eine aktive begleitende Rolle bei der Transformation von Unternehmen spielen wollen. Newton hat sich der letzteren Strategie verschrieben.
«Manche glauben, dass Nachhaltigkeit bedeutet, die kohlenstoffintensivsten Aktien aus dem Portfolio zu nehmen und zu erklären, dass die Welt so aussehen sollte wie ihr Portfolio. Wir glauben nicht, dass das realistisch ist», sagte Munro.
Munro ist davon überzeugt, dass es notwendig ist, mit den Unternehmen zu sprechen und sie davon zu überzeugen, sich an wissenschaftlich fundierte Ziele zu halten, um Netto-Null-Ziele zu erreichen.
Paradoxerweise könnte der Aufbau einer Infrastruktur für eine sauberere Zukunft «kurzfristig einen erheblichen CO2-Fussabdruck bedeuten, während die Vorteile erst später zum Tragen kommen», sagte er. Aber es bietet auch eine Chance.
«Es gibt zahllose neue Investitionsmöglichkeiten, die auf eine erfolgreiche Energiewende ausgerichtet sind. Wir haben im Auftrag unserer Kunden bereits in mehrere Lösungsanbieter investiert, die mit dem Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft verbunden sind», fügte er hinzu.
Für Munro ist dies der Punkt, an dem die Partnerschaft mit BNY Mellon Investment Management für Newton von Vorteil ist, da sie es dem Fondshaus ermöglicht, «von echten internationalen Vertriebskanälen, operativer Infrastruktur, lokaler Marktexpertise sowie globalem Einfluss zu profitieren.»
Langfristiger Ansatz
Rees ist der Ansicht, dass die Schweiz für Investitionen deshalb so attraktiv ist, weil sie sowohl thematische als auch nachhaltige Strategien verfolgt. «Wir haben hier einige grossartige langfristige Geschäftsbeziehungen, und wir arbeiten daran, sie weiter zu stärken», sagte er. Sowohl individuelle als auch institutionelle Anleger seien bei dem Thema in der Pflicht. Einige Strategien würden dabei besser ankommen als andere, so Rees weiter.
«Insgesamt sind die Schweizer Anleger sehr anspruchsvoll und wollen eine gute Auswahl an Anlagemöglichkeiten», sagte er. Ein Engagement bei langfristigen Anlagen könnte der treibende Faktor sein, damit sich die Lücke zwischen den Investmentfonds und den Vermögensverwaltern weiter schliesst.