Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Banken und Versicherern hat im vergangenen Jahr einen Höhepunkt erreicht, wie neue Erhebungen zeigen. Doch die Zukunft präsentiert sich nicht so golden.
Der Schweizer Finanzsektor entwickelte sich in den vergangenen 20 Jahren dynamischer als die Gesamtwirtschaft; 2021 waren Banken, Versicherer und übrige Finanzdienstleister mit einer Brutto-Wertschöpfung von 66,7 Milliarden Franken nach dem Grosshandel und der Verwaltung die drittgrösste Branche im Land.
Dies geht aus der jährlichen Studie hervor, welche die Ökonomen von BAK Economics im Auftrag der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) und des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV) erstellt haben.
Jeder achte Franken
Mit 230’600 Beschäftigten entfiel mehr als jeder zwanzigste Arbeitsplatz in Land auf den Sektor (siehe Grafik unten). Werden die Ausgaben und Dienstleistungen, die Finanzunternehmen und deren Beschäftigte in anderen Branchen in Anspruch nehmen, hinzugerechnet, dann ist hierzulande jeder achte Wertschöpfungs-Franken mit den Aktivitäten des Finanzsektors verbunden.
Laut BAK sind zudem mehr als 422’000 Arbeitsplätze der Schweizer Wirtschaft auf die Tätigkeit des Finanzsektors zurückzuführen. Auch der Staat profitiert nicht zu knapp. Der gesamte Fiskaleffekt des Sektors belief sich 2021 auf geschätzte 19,9 Milliarden Franken.
Beachtlicher Leistungsausweis
Das sind beachtliche Werte für eine Branche, die mehr als andere öffentlicher Polemik ausgesetzt und die noch dazu besonders streng reguliert ist.
Insbesondere die Banken hatten aufgrund der Börsenlage im vergangenen Jahr einen guten Lauf und konnten überdurchschnittliche Produktivitätsgewinne erzielen. Laut BAK können jedoch die Versicherer für sich nun Anspruch nehmen, am produktivsten zu arbeiten, wobei die Rückversicherer die Spitze bilden. Das Produktivitäts-Niveau der Versicherungen war 2021 insgesamt 1,6 mal so gross wie jenes des gesamten Finanzsektors, rechnet der Report vor.
Gegenläufige Effekte
Doch die Rekordwerte des vergangenen Jahres dürften künftig nur schwer einzuholen sein. Die Ökonomen warnen vor gegenläufigen Entwicklungen, denen sich die hiesigen Finanzdienstleister nicht entziehen können. So profitiert die Konjunktur in diesem Jahr von der Aufhebung der Pandemiemassnahmen und von Nachholeffekten. Bremsend wirken hingegen die Folgen des Ukraine-Kriegs, der Inflation und von Problemen mit den globalen Lieferketten. Für 2023 wird unter anderem wegen der Energieknappheit und Kaufkraftverlusten mit einer stagnierenden Konjunktur in der Schweiz gerechnet.
Banken und Versicherer haben zusätzlich die Zinswende, die turbulenten Börsen und eine Anhäufung von Schäden zu navigieren. Auch hier wirken gegenläufige Kräfte.
Bei den Banken wirken sich die Zinserhöhungen zwar positiv auf das Zinsdifferenz-Geschäft aus. Die Börsenbaisse lässt hingegen die verwalteten Vermögen schrumpfen und die damit verbundenen Kommissionseinnahmen. Insgesamt erwartet BAK für die Banken einen leichten Wertschöpfungs-Zuwachs von 0,5 Prozent in diesem und 0,8 Prozent im nächsten Jahr. Dies gegenüber der Prognosen für die Finanzwirtschaft von 2,1 Prozent im Jahr 2022 und noch 0,2 Prozent für 2023.
Stabile Versicherer
Die Assekuranz hat 2021 bereits eine Delle erlitten; die Wertschöpfung nahm aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie und Naturkatastrophen sichtbar ab. In den vergangenen Monaten haben manche Versicherer erneut hohe Schadensbelastungen gesehen, wie auch finews.ch berichtete.
Dennoch geht der Report davon aus, dass die Versicherungen nun trotz inflationsbedingter höherer Schadenzahlungen einen stabilen Wertschöpfungs-Zuwachs verzeichnen werden, mit jeweils 1,4 Prozent für die Jahre 2022 und 2023. Damit würden die Versicherer erneut ihrem historischen Ruf gerecht, deutlich stabiler zu geschäften als das gewichtigere, aber zyklischere Swiss Banking.
Für die Jahre bis 2024 prognostiziert die Studie dann für die Banken eine Wertschöpfungsentwicklung von im Schnitt 1,6 Prozent, 2,7 Prozent für die Versicherer und 1,8 Prozent für den gesamten Finanzsektor. Das hat auch Folgen für die dort Beschäftigten.
So stellt BAK zwar fest, dass die Finanzbranche wenig Mühe bekundet, offene Stellen zu besetzten. Doch diese werden tendenziell rar. Konnte seit 2017 ein kontinuierliches Beschäftigungswachstum im Finanzsektor beobachtet werden und erlebten die Banken im vergangenen zwei Jahren erstmals seit Langem einen Beschäftigungszuwachs, soll nun gerade bei den Geldinstituten der Wind drehen.
Stellenschwund bei den Banken verstärkt sich
Gerade die grossen Vermögensverwaltungs-Banken haben inzwischen Stellenstopps verhängt oder wollen aktiv Jobs abbauen; bei der krisengeplagten Credit Suisse allein fallen wohl hierzulande bis Ende 2025 bis zu 2’000 Stellen weg. Für 2023 erwartet der Report einen Rückgang der Banken-Stellen um 0,1 Prozent.
Dies, während im gesamten Finanzsektor die Anzahl Stellen noch um 1 Prozent wachsen soll. Von 2024 bis 2027 rechnen die BAK-Ökonomen dann noch mit einem durchschnittlichen Beschäftigungswachstum von 0,4 Prozent. Mit 0,7 Prozent schaffen dabei die Versicherer noch Arbeitsplätze, während sich bei den Banken der Stellenschwund auf 0,2 Prozent verstärken könnte.