Das wertvollste Fintech Europas reagiert auf die düsteren wirtschaftlichen Perspektiven mit einer Massenentlassung. In einer Industrie, die bislang nur eine Richtung kannte, kommt dies einem Beben gleich.
Klarna, der schwedische Zahlungsanbieter, streicht 10 Prozent aller Stellen, was etwa 500 Positionen entspricht, wie am (gestrigen) Montagabend bekannt wurde. Damit reagiert CEO Sebastian Siemiatkowski auf das, was er als ein «ereignisreiches Jahr» bezeichnet.
«Es ist zwar wichtig, in stürmischen Zeiten die Ruhe zu bewahren, aber es ist auch wichtig, die Augen vor der Realität nicht zu verschliessen. Was wir jetzt in der Welt sehen, ist nicht vorübergehend oder kurzlebig, und deshalb müssen wir handeln», schreibt der Chef von Klarna in einem Blog-Eintrag.
Düstere wirtschaftliche Aussichten
Klarna kommuniziert im Blog-Eintrag nicht, wie viele Mitarbeitende in welchen Märkten von den Kürzungen betroffen sein werden. Dies wird wohl erst kommuniziert, wenn diese persönlich informiert worden sind. Sämtliche Mitarbeitende sind gehalten, diese Woche von zu Hause aus zu arbeiten, damit die Betroffenen informiert werden können.
Die Massnahme von Klarna ist wohl die erste in der gesamten Finanzindustrie, welche direkt mit den sich verdüsternden wirtschaftlichen Prognosen erklären lassen. Siemiatkowski erwähnt in seinem Brief sowohl den Krieg in der Ukraine, die rapide gestiegene Inflation, die wahrscheinliche Rezession, einen hochvolatilen Aktienmarkt, und, ganz wichtig: Eine Veränderung der Konsumenten-Stimmung.
Das erste von vielen oder ein isoliertes Beispiel?
Mit der Massnahme zeigt die Firma, dass sie trotz ihres Status als grösstes Fintech Europas eng mit der Realwirtschaft verknüpft ist und vom Wohlergehen der Gesamtwirtschaft abhängt.
Das Vorgehen des Vorreiters einer Branche wirft seine Schatten auf eine Industrie, die gerade in der Schweiz einen grossen Fussabdruck hinterlassen hat. Es wird jedenfalls interessant zu sehen, wie sich Schweizer Fintech-Hubs wie etwa das Zuger «Crypto Valley» in einem steiferen wirtschaftlichen Umfeld schlagen.
Schweizer Pläne
Noch im vergangenen Januar erklärte der Schweiz-Chef von Klarna, Christian Kehr, in einem Interview mit finews.ch, dass die Einführung hierzulande sehr gut gelaufen sei und dass die Firma ein starkes Wachstum bei den Nutzerzahlen verzeichne.
Aus diesem Grund eröffne die Firma in Zürich ein Büro und plane, das Team in der Schweiz weiter aufzubauen. Ob und wie die Schweizer Operationen von Klarna vom Abbau betroffen sind, wurde bislang nicht bekannt.