Fed-Präsident Jerome Powell dürfte heute den Startschuss für eine Normalisierung der Geldpolitik geben. Schon zuvor ist der Druck auf die Schweizerische Nationalbank deutlich gestiegen.
Am Mittwochabend steht für die Finanzmärkt der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed im Fokus. Das erwartete Tapering, also das Zurückfahren der Anleihenkäufe, könnte global die Zinswende einläuten. Über das Tempo werden in den kommenden Monaten Wirtschaftswachstum und Inflation entscheiden.
Heuer wird vom Offenmarkt-Ausschuss (FOMC) der Fed erwartet, dass er den stufenweisen Ausstieg aus den milliardenschweren Wertpapier-Käufen im Dezember einläutet und irgendwann im Sommer 2022 abschliesst.
Bloss kein «Tantrum»
Zu Anfang der Corona-Krise hatte die Fed erstmals seit Jahren ihre Anleihenkäufe wieder aufgenommen. Dadurch ist die Bilanz der Notenbank auf den Rekordwert von 8,5 Billionen Dollar gestiegen. Gründe für den angepeilten Ausstieg sind das solide Wirtschaftswachstum und – ein neues Phänomen – die steigende Inflation.
Im Vorfeld hat das Fed beinahe schon fast überdeutliche Hinweise darauf gegeben, dass man nun einen Fahrplan zur Reduktion der Anleihekäufe vorlegen werde. Damit will die Notenbank offenbar das Feld bereiten und heftigen Marktbewegungen vorbeugen. Ein «Taper Tantrum», wie die Schockwellen nach der überraschenden Begrenzung der Anleihekäufe vom Mai 2013 genannt werden, soll sich nicht wiederholen.
Aus dem Takt gebrachte Lieferketten
Auch wenn das Fed nun ein Tapering einläutet, zieht das nicht automatisch baldige Zinssteigerungen nach sich. Es wird gar erwartet, dass Notenbank-Präsident Jerome Powell betont, dass dies nichts mit dem Prozess der Zinserhöhung zu tun hat.
In den USA hatten zuletzt die Konsumentenpreise und auch die Lohndynamik deutlich angezogen. Der Arbeitsmarkt hat sich kräftig erholt, liegt aber noch nicht auf dem Niveau von vor der Krise. Die konjunkturelle Wiederbelebung wird nun jedoch durch die Lieferengpässe abgebremst. Der Nachfrage-Boom hält zusammen mit den aus dem Takt geratenen Lieferketten den Preisdruck hoch. Auch die hohen Energiepreise haben deutliche Auswirkungen. Das Augenmerk wird also auch auf der Inflationserwartung liegen.
Streit um die Inflation
In der Euro-Zone hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in der vergangenen Woche fast schon hartnäckig an der Position festgehalten, dass die hohe Inflation nur vorübergehender Natur sei, auch wenn sie länger anhalten könne als zunächst gedacht. Ökonomen verweisen auf die noch in weiter Ferne befindlichen Zweitrunden-Effekte, etwa am deutschen Arbeitsmarkt, oder auf die Notwendigkeit, die Wirtschaft der südeuropäischen Länder zu stützen.
Inzwischen mehren sich aber auch die Stimmen derer, die nicht mehr von einem schnellen Ende der Preissteigerungen ausgehen.
Als erstes der grössten westlichen Industrieländer dürfte es der Markterwartung zufolge in Grossbritannien zu einem Zinsschritt kommen. Hier spielen Sonderfaktoren wie der Brexit eine Rolle. Bereits im Dezember könnte die Bank of England (BoE) die Zinsen anheben, heisst es.
Märkte testen SNB
Die erwarteten steigenden Zinsen bringt auch die Schweizerische Notenbank SNB unter Druck. Der zu den Leitwährungen Dollar und Euro zuletzt wieder klar stärkere Franken lässt vermuten, dass Währungshändler die Bereitschaft der SNB testen, den Aussenswert zu drücken. Der Euro war zum Franken am vergangenen Montag mit 1.0547 auf den tiefsten Stand seit mehr als zwölf Monaten gefallen.