Das ambitionierte Projekt einer digitalen Börse der SIX steht ab September unter neuer Leitung. Der bisherige Chef der SDX war mit den Strategie-Vorgaben aus der Holding nicht einverstanden.
Martin Halblaub blieb nur acht Monate CEO der SDX, dem Projekt einer digitalen Börse des Schweizer Finanzinfrastrukturbetreibers SIX. Ab dem 1. September tritt Tomas Kindler an seine Stelle, wie SIX-Manager Thomas Zeeb gestern Dienstag in einem Schreiben an die Mitarbeiter mitteilte.
Halblaub, der eine eigenen Beratungsfirma namens Successful Boards betreibt, war zwar nur für die Anfangsphase des Projekts als CEO eingesetzt worden. Sein Abgang kommt trotzdem früher als geplant: Seine Meinung über die richtige Strategie der SDX deckt sich nicht mit derjenigen der SIX-Gruppe.
Belastung für den Lebensentwurf
Wie das Nachrichtenportal «Swissinfo» am Mittwoch schrieb, waren sich Halblaub und die SIX darüber uneins, wie eng die digitale Börse an die Gruppe angebunden werden soll. Der Manager wollte daraus eine unabhängige Firma machen. Der Verwaltungsrat der Infrastruktur-Betreiberin wollte das Unternehmen unter dem Dach der Holding behalten, wenn auch mit einem separaten Auftritt.
«Ich unterstütze die Ambitionen und das Geschäftsmodell der SDX voll und ganz, und hätte die SDX gern in die Zukunft geführt», sagte Halblaub gemäss dem Memo. «Trotzdem habe ich – angesichts der unterschiedlichen Strategie-Vorstellungen kombiniert mit der Belastung, welche der Posten für meinen Lebensentwurf ist – entschieden, dass ich keine langfristige Verpflichtung als Chef der SDX eingehen kann.»
Ein starker Kandidat
Trotz seines Rücktritts als CEO der SDX steht Halblaub der SIX weiter als Berater zur Verfügung. Auch vor seiner Ernennung als Chef des Digital-Projekts war er bereits seit 2016 im Sold des Unternehmens gestanden.
Kindler (Bild unten), der unter Zeeb stellvertretende Chef Securities and Exchanges bei der SIX, übernimmt den Job vorerst interimistisch. Er sei allerdings ein «starker Kandidat» bei der Suche nach einem definitiven Nachfolger, welche derzeit läuft.
Mit der SDX hat sich die – in der Vergangenheit eher verkrustete – SIX viel vorgenommen. Die auf der Blockchain-Technologie aufbauende Börse soll dereinst den Handel schneller, günstiger und sicherer machen.
Start auf nächstes Jahr verschoben
Dabei könnten über die SDX dereinst nicht nur Aktien, sondern auch tokenisierte Anteile an Gebäuden, Kunstwerken oder anderen – bisher illiquiden – Vermögenswerten gehandelt werden. Derzeit laufen erste Pilotversuche. Der eigentliche Start wurde von diesem Sommer auf nächstes Jahr verschoben, wie SIX-Chef Jos Dijsselhof letzte Woche zur «NZZ am Sonntag» (Artikel bezahlpflichtig) sagte.
Derweil arbeitet auch die Konkurrenz an ähnlichen Projekten. Wobei namentlich die Swisscom einen besseren Leistungsausweis bei der Umsetzung digitaler Initiativen fürs Banking hat als die SIX. So musste die Börsenbetreiberin ihre Ambitionen im Cloud-Computing auf Eis legen.