Genf leidet schwer unter der Misere des Private Banking. Hoffnung bietet in dieser Lage ausgerechnet der Iran – die Rhonestadt könnte sich gar zum Hub für Geschäfte mit dem Gottesstaat mausern.
Wenn sich Grössen wie Yves Mirabaud einen Elektroschock für den Genfer Bankenplatz wünschen, dann dürfte klar sein, wie es dem Standort geht: denkbar schlecht. Der Teilhaber der Bank Mirabaud und Präsident der Branchenvereinigung Fondation Genève Place Financière forderte letzten Herbst ultimativ, dass die noblen «banquiers privés» aus ihrer Lethargie erwachen.
Der Weckruf kommt nicht von ungefähr. Genf ist auf Platz 23 der bedeutendsten Finanzzentren weltweit zurückgerutscht. Kundenvermögen fliessen ab, die Gewinne sind rückläufig, diverse Auslandsbanken kehren der Rhonestadt den Rücken. Und mit ihnen gehen die Jobs.
Ungute Erninnerungen an die Credit Suisse
Kurz: Der Bankenplatz Genf kann jeden Impuls gut gebrauchen, den er kriegen kann. Selbst wenn er von exotischer Seite her kommt. Wobei «exotisch» im Falle des Irans eine wohl unzulängliche Beschreibung ist. «Brandgefährlich» liesse sich als Adjektiv anfügen, auch wenn inzwischen Tauwetter zwischen dem Westen und dem Gottesstaat herrscht und zahlreiche Sanktionen gefallen sind.
In unguter Erinnerung ist der Fall der Credit Suisse (CS). Die Schweizer Grossbank wurde in den USA als Financier des Terrors dargestellt und musste aufgrund ihrer mutmasslichen Iran-Geschäfte im Jahr 2009 ganze 536 Millionen Dollar Busse zahlen.
Bald erste iranische Bank in Genf?
Dennoch herrscht gerade in Genf Aufbruchstimmung bezüglich des Landes der Mullahs, wie einem Beitrag des Westschweizer Wirtschaftsmagazins «Bilan» zu entnehmen ist. So ist für die Genfer Handelskammer (CCIG) der Iran mit seinen 80 Millionen Konsumenten eine Priorität. Letzten April weilte zudem eine Genfer Delegation aus Politik und Wirtschaft im Gottesstaat.
Rasches Handeln sei angezeigt, um gegenüber anderen Unternehmen und Banken im Run auf Teheran nicht ins Hintertreffen zu geraten, so die Genfer Sicht.
Und richtig, in der Calvinstadt lässt man nichts anbrennen. Wie es seitens der CCIG weiter hiess, befindet sich die Handelskammer bereits in Gesprächen mit einer iranischen Bank, die sich in Genf niederlassen möchte.
Banque Reyl als Pionierin
Umgekehrt sind es vor allem Genfer Institute, die sich aus der Schweiz in den Iran vorwagen. Die Banque Reyl ist mit dem iranischen Finanzdienstleister Turquoise Partners eine Kooperation eingegangen, um via Dubai im Iran zu investieren. Das ebenfalls in der Rhonestadt beheimatete Fondshaus Probus Compagnie legt derweil in an der Börse in Teheran gelisteten Unternehmen an.
In Genf zugegen ist auch die türkische BCP Bank, die sich laut «Bilan» als eines der wenigen hiesigen Häuser traut, Konten mit Verbindung zur Islamischen Republik aufzusetzen.
Iran Air will Genf anfliegen
Gerade Deutschschweizer Institute fürchten hingegen den Zorn der USA, wo der neue Präsident Donald Trump eine härtere Gangart gegenüber Teheran angekündigt hat. Sowohl die UBS wie die CS hatten zwar an einer bundesrätlichen Delegation in den Iran teilgenommen, wie finews.ch vor einem Jahr exklusiv berichtete.
Dennoch stoppte die CS gemäss «Bilan» eine Transaktion von 50 Franken, weil diese in Zusammenhang mit einer Iran-Konferenz in Genfer Nobelhotel Kempinski stand.
Derweil hegt man in der Calvinstadt reelle Hoffnungen, zum Schweizer Hub für Geschäfte mit dem Iran zu werden. Anlass dazu gibt auch die Ankündigung der Iran Air, die Linie Teheran-Genf wieder in Betrieb zu nehmen. Vorher braucht die Airline aber noch neue Flieger – und die liefern nicht zuletzt die USA.