Keine zwei Wochen ist es her, seit die internationalen Sanktionen gegen den Iran gefallen sind. Doch bereits hat im Swiss Banking der Run auf den Gottesstaat eingesetzt. Die Risiken sind allerdings hoch.
Das Buhlen um den Iran nimmt mitunter groteske Züge an. So liess die italienische Regierung Anfang Woche antike Plastiken auf dem römischen Kapitol verhüllen, um den zu Besuch weilenden iranischen Präsidenten Hassan Rohani nur ja nicht vor den Kopf zu stossen.
Nichts sollte das Investitions-Abkommen über 17 Milliarden Euro gefährden, dass Italien mit dem Iran plant.
Tatsächlich sind es keine zwei Wochen her, seit die einschneidenden Sanktionen gegen den Gottesstaat am Persischen Golf zu grossen Teilen gefallen sind – und sich das Tauwetter in einen richtiggehenden Föhnsturm verwandelte. Seither liefern sich insbesondere europäische Regierungen, Flugzeug- und Autobauer ein Rennen auf das, was sie als einen der letzten noch unberührten «Frontier»-Märkte der Welt erkennen. Und nicht nur sie.
Bundesrat hebt Meldepflicht auf
Wie sich zeigt, bläst mittlerweile auch das Swiss Banking zum Halali auf den in Sachen Finanzen als unterentwickelt geltenden Iran.
Sie tun das mit hochoffiziellem Plazet: Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) verbreitete am 19. Januar die vom Bundesrat beschlossene Totalrevision der Massnahmen gegenüber Iran – insbesondere wurde die Melde- und Bewilligungspflicht für Geldtransfers von und an iranischen Personen und Organisationen aufgehoben.
Wie die Finma zudem am Donnerstag informierte, wird die iranische Bank Sepah von der Liste der sanktionierten Unternehmen gestrichen. Ein Aufbruchsignal für all jene, die sich in der hiesigen Finanzbranche Gedanken über das Potenzial des Gottesstaat machen.
Beat Wittmann in Teheran
Wie finews.ch berichtete, gehört dazu einer der bekanntesten Banker des Finanzplatzes: Beat Wittmann, Schwellenland-Spezialist und ehemals Top-Kader bei der UBS, CS und der Privatbank Julius Bär, später CEO der Finanzboutique TCMG Asset Management im Raffeisen-Verbund und nun mit seiner eigenen Beratungsfirma Porta Advisors unterwegs.
«Der Iran – aus der Kälte zurück», titelt Wittmann in seinem Reisebericht, den er bereits Ende 2015 publizierte. Er habe in Teheran eine ausgewählte Gruppe an Technokraten und Wirtschaftsvertretern getroffen, berichtet Wittmann. Und schloss aus seinen Erfahrungen, dass die Trends und Chancen im 78-Millionen-Einwohner-Staat «einzigartig» seien und über Jahre hinweg Bestand haben könnten.
Reyl mit iranischem Partner
Als erstes zur Tat geschritten ist nun aber die vom umtriebigen Ex-Investmentbanker François Reyl geführte Banque Reyl in Genf: sie ist mit Turquoise Partners eine Kooperation eingegangen, wie sie ebenfalls am Donnerstag vermeldete. Der Mitteilung zufolge handelt es sich bei Turquoise um einen führenden Finanzdienstleister im Iran.
Von Dubai aus lancieren die beiden Partner einen Fonds, der mittels Privatmarktplatzierungen im Iran investieren soll. Besonders im Visier sind die Branchen Konsumgüter, Gesundheit und Tourismus. Bis im Sommer wollen Reyl und Turquoise dazu 200 Millionen Dollar bei Investoren abgeholt haben.
Derweil bereiten heimische Research-Häuser wie die für ihre findigen Analysen bekannte KK Group in Zürich das Terrain für weitere Investoren und Vermögensverwalter vor.
Chancen über Chancen
So sieht die KK Group interessante Chancen im Bereich der Handelsfinanzierungen oder bei Direktinvestitionen und Joint-Ventures etwa im Autobau, in Pharma- und Telekommunikation oder in der Zementindustrie.
Aktienengagements stellen dabei eine vergleichsweise schnelle und angesichts der bestehenden Börsengesetze relativ einfache Möglichkeit dar, vom Aufschwung des Landes zu profitieren, so KKR.
Chancen über Chancen – und die Risiken treten in den Hintergrund. Dabei ist es nur wenige Tage her, da der Iran nicht zuletzt für Schweizer Banken eine absolute No-Go-Zone war.
Davon kann man bei der Credit Suisse (CS) ein Lied singen. Die Schweizer Grossbank wurde in den USA als Financier des Terrors dargestellt und musste aufgrund ihrer mutmasslichen Iran-Geschäfte im Jahr 2009 ganze 536 Millionen Dollar Busse zahlen.
Risiken so hoch wie nie?
Auch jetzt lauern zahlreiche Risiken, nicht zuletzt vonseiten der USA, die ihre Unternehmen weiterhin nicht dem Iran geschäften lassen.
Und iranische Organisationen wie die berüchtigten Republikanischen Garden – eine paramilitärische Organisation, die bis zu einem Viertel der iranischen Volkswirtschaft kontrolliert – bleiben weiterhin sanktioniert.
Kenner der Region wie Jonathan Friedman, Iran-Experte bei der amerikanischen Ermittlungs- und Forensik-Spezialistin Stroz Friedberg, raten deshalb zu grosser Vorsicht. «Ein ganzes Netzwerk von Sanktionen bleibt bestehen, und es kommen neue hinzu, etwa betreffend des iranischen Raketen-Programms. Gleichzeitig spitzen sich die Rivalitäten der Regionalmächte Saudi-Arabien und Iran zu», sagt er auf Anfrage von finews.ch.
Damit scheinen, so Friedman, die Risiken für Investments in der Region so hoch wie nie.