Die Schweizer Börsenbetreiberin SIX Group will ihr Innovationstempo nochmals beschleunigen. Seit der Fintech-Inkubator auf Hochtouren läuft, ist bereits das nächste Grossprojekt in Planung.
Die SIX tanze auf allen Fintech-Hochzeiten, hatte finews.ch diesen Sommer festgestellt. Und das war nicht despektierlich gemeint, denn die Schweizer Börsenbetreiberin hat sich in der Schweizer Fintech-Landschaft im vergangenen Jahr mit einigem Engagement und finanziellen Mitteln tatsächlich hervorgetan.
Nun plant sie den nächsten Schritt: Die SIX will einen so genannten Accelerator für Fintech-Startups lancieren, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Accelerator sind Einrichtungen, in denen Jungfirmen an einem Ort zusammengeführt und gecoacht werden, um ihre Geschäftsideen weiterzuentwickeln, und um im Ideenaustausch weitere Innovationen zu schaffen.
Über den Tellerrand hinaus
«Der Accelerator ist der nächste logische Schritt unserer langfristig angelegten Innovationsstrategie», sagt Robert Bornträger, CEO der SIX-Division Global IT (Bild), im Gespräch mit finews.ch. Mit Fusion in Genf gibt es in der Schweiz bislang erst einen Fintech-«Beschleuniger».
SIX hat allerdings mehr im Sinn. Getreu der Erkenntnis, dass man mit eigenen Ideen zwar recht weit kommt, doch der Input von Aussen erst zum wahren Innovationsdurchbruch verhelfen kann, will sich die SIX nicht allein auf die Schweiz und Schweizer Startups konzentrieren.
Hohe Schweizer Hürden
«Der Accelerator will weltweit junge Firmen ansprechen. Darum ist auch die Standortfrage noch nicht geklärt,» so Bornträger. Die Schweiz als nicht EU-Land stellt für international ausgelegte Programme wie den SIX-Accelerator arbeitsrechtlich und visatechnisch aber hohe Hürden. Darum ist es durchaus möglich, dass die SIX dafür in Berlin, London oder anderswo einen Standort sucht.
Die Vorwärtsstrategie der SIX in Sachen Fintech-Innovationen hat klare Gründe: Sie ist so etwas wie das Rückgrat des Schweizer Finanzplatzes und hortet enormes Technologie-Knowhow. Ausserdem pflegt sie sehr enge Beziehungen mit den Banken und Aufsichtsbehörden.
Selber gegenüber Disruptoren exponiert
Und ist sie gegenüber disruptiven Technologien exponiert. Insbesondere der Krypto-Technologie Blockchain wird zugetraut, Transaktionsgeschäfte komplett revolutionieren zu können.
Logisch, dass die SIX Erforschung und Anwendungen der Blockchain ganz oben in ihrer Innovationsstrategie angesiedelt hat, neben den Themen alternative Bezahlmethoden und Regulierungsdienstleistungen.
Wettbewerb um beste Geschäftsideen
Darum hat sie das Thema Innovation in ihrer Strategieplanung in Grossbuchstaben rot geschrieben. Und sie macht Nägel mit Köpfen, einen nach dem anderen.
Mit so genannten Hackathons lädt die SIX Programmiertalente zum Wettbewerb um beste Geschäftsideen ein. Der nächste Event findet im kommenden März statt. Diesen Sommer nahm ihr Fintech-Inkubator F10 seinen Betrieb auf.
In Sprints Innovationen entwickeln
Die SIX lässt dort Software-Cracks in so genannten Sprints, das sind mehrwöchige Projektphasen, Finanzinnovationen aushecken. Zudem hat sich die SIX beim Zürcher Innovationslabor Impact Hub eingeklinkt.
Die SIX treibt zudem, zusammen mit der Swisscom sowie der UBS und der Zürcher Kantonalbank, die Entwicklung der mobilen Bezahllösung Paymit voran. Engagiert ist sie auch beim Swiss Fintech Innovation Lab, einem geplanten Innovationspark auf dem alten Flughafengelände von Dübendorf bei Zürich.
Hart und intensiv
Das Themenspektrum allein bedingt, dass die SIX ihre Fühler nach vielversprechenden Startups weltweit ausstrecken will. Rund 500 Jungfirmen sollen zunächst ausgewählt werden, aus denen dann jeweils eine Selektion von etwa zehn Startups in den Accelerator aufgenommen wird.
Solche Programme sind hart und intensiv: Die Startup-Teams werden von den Accelerator-Betreibern monatelang auf allen wichtigen geschäftlichen Ebenen gefordert. Die Absicht: Erst durch Team-Arbeit und regen Austausch kommen die besten Ideen und Ergebnisse zu stande.
Aktien oder Know-how
Verschiedene Konzepte werden gepflegt: Das Startupbootcamp Fintech in London, das unter anderen von Lloyds, Mastercard und der Rabobank gesponsert wird, stellt in einem 13-wöchigen Programm neben Mentoring auch finanzielle Mittel zur Verfügung.
Im Gegenzug verlangen die Betreiber einen Aktienanteil von 8 Prozent eines Teilnehmers. Die Accelerator-Betreiber können auf diese Weise mit der Zeit einen Fintech-Fonds auflegen. Fusion in Genf, wo unter anderen Temenos und Kudelski engagiert sind, fordert hingegen keine Aktien, dafür Know-how.
Vom Innovationsgeist profitieren
Die Frage des Konzeptes und der Technologiebereiche sind bei der SIX noch offen, wie Bornträger weiter sagt. Auch die Frage einer Partnerschaft. Diese hält Bornträger für notwendig, da die Betreibung eines Accelerators Know-how braucht, welches in der SIX so nicht vorhanden ist.
Klar sei aber, dass die SIX mit dem Accelerator keinenVenturefonds lancieren wolle, so der IT-Chef. «Unser Ziel ist vor allem, smarte Leute und Arbeitsteams zusammenzubringen und vom Innovationsgeist möglichst gegenseitig zu profitieren, um Ideen oder auch schon Produktentwürfe weiter entwickeln zu können.»