Oswald Grübel, Banker im Unruhestand, geht hart ins Gericht mit der Schweizerischen Bankiervereinigung, räumt Übertreibungen ein und warnt davor, alle Banker für verrückt zu halten.

Der frühere Konzernchef der Credit Suisse und später der UBS, ist bekannt für seine treffenden und nicht immer ganz diplomatischen Worte. Dass seine Aussagen aber nicht nur plakativ und provokativ sind, sondern durchaus auch manchmal überlegt, beweist Oswald Grübel in einem Interview in der der Zeitschrift «Schweizer Monat».

Im Wesentlichen geht es in dem Gespräch, zusammen mit dem Privatbankier Christof Reichmuth und dem FDP-Präsidenten Philipp Müller, um die Zukunftsperspektiven für den Schweizer Finanzplatz, das Bankgeheimnis, aber auch um die Einigkeit innerhalb der Branche.

Durch Widersprüchlichkeiten diskreditiert

Dazu sagt Grübel: «Wir sollten aufhören, auf die Bankiervereinigung zu hören. Denn was das Bankgeheimnis betrifft, hat sie sich durch widersprüchliche Aussagen und Wendungen diskreditiert.»

Die Gründe dafür ortet der Banker in der Zusammensetzung dieses Dachverbands: «Da sind einerseits die zwei Grossbanken, die bezahlen die Rechnung, und andererseits 298 Kleinbanken, die alle eine eigene Meinung haben. Einen solchen Hühnerhaufen bringen Sie nie dazu, eine klare Meinung zu vertreten.»

Kein Halten mehr

Vor dem Hintergrund dieser Uneinigkeit warnt Grübel davor, dass das Bankgeheimnis auch im Inland abgeschafft werde, denn so würden sich die Schweizerinnen und Schweizer rückwirkend als Heuchler darstellen. «Dann würden wir nicht zu unseren Prinzipien stehen, und das Ausland würde mit noch mehr Forderungen kommen und uns das Leben noch schwerer machen. Es gäbe kein Halten mehr.»

Der bald 70-jährige Banker Grübel räumt aber auch ein, dass die geradezu businessmässige Ausnützung des Bankgeheimnisses dazu geführt habe, dass der Schweizer Rechtsstaat ins Wanken kam. Nicht nur die Grossbanken, auch die Kantonalbanken müssten sich bei diesem Punkt kritisch hinterfragen, sagt der gebürtige Deutsche.

Falsche Anreize

«Wir haben übertrieben. Das müssen wir einsehen», erklärt Grübel und mein damit konkret: «Wir haben erstens die Geschwindigkeit der Transparenz unterschätzt, die die Technologie gebracht hat. Obwohl die Banken ihren Kundenberatern vorschrieben, was sie in gewissen Ländern machen und was sie nicht machen dürfen, haben sich viele wegen der Anreize, ich spreche von den Boni, nicht immer an die Regeln gehalten. Und haben sich dazu noch erwischen lassen!»

Kritik übt Grübel im «Schweizer Monat» indessen auch an der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), weil sie es zugelassen habe, dass die bei der UBS unerwünschten US-Kunden sozusagen die Strasse überqueren und zur Konkurrenz gehen konnten.

Einfach naiv

«Als Aufsicht, die genau wusste, wie der Fall läuft, hätte sie (die Finma) doch sagen müssen: Moment mal, es geht nicht, dass die Kunden direkt zur nächsten Schweizer Bank gehen, mitsamt Kundenberater. Das hat schon eine Bank das Leben gekostet, und einige andere werden dafür ein paar Milliarden bezahlen müssen. Das ist einfach naiv», kritisiert Grübel die Finma.

Zum Schluss gibt sich Grübel aber auch versöhnlich, wenn auch mit einer durchaus kritischen Note, wenn er sagt: «Wir (gemeint ist die ganze Branche) haben Geldabflüsse, und die werden noch eine Zeitlang anhalten. Aber wir haben auch enorme Zuflüsse, hauptsächlich aus Asien und von anderen so genannten Wachstumsländern. »

Nicht alle sind verrückt und überbezahlt

Aber der Vollblutbanker findet auch: «Die Schweiz wird attraktiv bleiben, das ist das Positive. Intern sind die Banken unter Beschuss, und mindestens die Hälfte des Volkes glaubt, die Banker seien verrückt und überbezahlt, aber in Asien ist davon nichts zu spüren. Dort gelten Schweizer Banken immer noch als die besten Banken der Welt, und das Vertrauen in sie ist sehr gross.»