Für die meisten Deutschen bleibe die Schweiz einer der sichersten und attraktivsten Finanzplätze der Welt, sagt Roland Fischer von Société Générale/Lyxor im Interview mit finews.ch.
Herr Fischer, die Steuerproblematik zwischen der Schweiz und Deutschland hat sich wieder akzentuiert. Das jüngste Beispiel liefert Uli Hoeness, der hoffte, seine unversteuerten Gelder in der Schweiz im Rahmen der Abgeltungssteuer zu legalisieren. Doch das deutsche Parlament vereitelte diesen Plan, indem es das Abkommen ablehnte. Hatten Sie seinerzeit das Scheitern des Steuerabkommens mit Deutschland kommen sehen?
Ja, auf Grund der Kräfteverhältnisse im deutschen Bundesrat hat sich das frühzeitig abgezeichnet. Allgemein wünschte ich mir von der Schweiz in Finanzplatzbelangen etwas mehr Rückgrat. Schon bei den Verhandlungen mit den USA ist wohl zu leichtfertig eingelenkt worden. Deshalb ist die Autonomie nun eingeschränkt.
Wie geht es aus Ihrer Sicht im Verhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland weiter?
Die meisten Schweizer Banken arbeiten mittlerweile vorwiegend mit versteuertem Geld. Viele Deutsche haben ihr Geld entweder deklariert oder kleinere Beträge von der Schweiz abgezogen. Kommt dazu: Die Politik in Deutschland hat die Steuerflucht populistisch genutzt und gerne mal übertrieben.
«Brutal vor Augen geführt»
Aber eines ist sicher: Für die meisten Deutschen bleibt die Schweiz einer der sichersten und attraktivsten Finanzplätze der Welt, irgendwelche Abkommen hin oder her. Was diese Sicherheit bedeutet, hat die jüngste Zypernkrise allen Vermögenden brutal vor Augen geführt.
Wo steht der Schweizer Finanzplatz in fünf Jahren?
Der Finanzplatz Schweiz wird stark bleiben und noch an Bedeutung gewinnen. Das Schreckgespenst des Geldabflusses nach Asien wird übertrieben. Die meisten Vermögenden suchen einen sicheren und politisch stabilen Hafen, der einen raschen Zugriff auf die Vermögenswerte garantiert.
«Schweizer Tradition spricht gegen Übertreibungen»
Das grösste Risiko für die Fortsetzung der Finanzplatz-Erfolgsstory ist die laufende Regulierungs- und Bürokratisierungswelle. Glücklicherweise spricht die bewährte Schweizer Tradition gegen Übertreibungen in diesem Bereich.
Seit Jahresbeginn finden die Anleger wieder Gefallen an Aktien. Ist damit die Boomphase der Exchange Trade Funds (ETF) vorbei?
ETFs haben sich in der Vermögensverwaltung, speziell im Private Banking, als Anlageinstrument etabliert. Zudem sind sie liquid und kostengünstig. Das erleichtert ihren taktischen Einsatz.
«Unter schwierigen Rahmenbedingungen»
Zudem lässt sich mit ETFs praktisch jede Anlageklasse einfach abbilden. All diese Vorteile sprechen für ein weiteres Wachstum der ETFs. Auf Grund des erreichten Volumens geht dieses Wachstum von einer höheren Basis aus, was die Wachstumsraten etwas dämpft.
Können Sie das auch noch etwas quantifizieren?
Im vergangenen Jahr ist das Volumen des ETF-Markts unter vorwiegend schwierigen Rahmenbedingungen auf 250 Milliarden Euro gestiegen. 2012 war klar das Jahr der Anleihen-ETFs. Die Diskussion, ob ein Index physisch oder synthetisch abgebildet werden soll, ist deutlich sachlicher geworden. Zumal die führenden ETF-Anbieter heute sowohl vollreplizierende wie auch synthetische ETFs anbieten.
«Rund 500 Millionen Euro an Neugeld eingesammelt»
Immer mehr institutionelle und private Anleger erkennen: ETFs sind transparente Bausteine, mit denen sich ein Portfolio risikoorientiert und kostengünstig aufbauen lässt.
Wie hoch war der Neugeldzufluss in der Schweiz?
Hierzulande konnten wir 2012 rund 500 Millionen Euro an Neugeldern einsammeln. Dabei verzeichneten die Aktien-ETFs die höchsten Zuflüsse. Ein wichtiger Grund für dieses Ergebnis ist sicher die stetige Verbesserung von Liquidität und Transparenz.
Wo können Anlegerinnen und Anleger im ETF-Bereich noch Innovationen erwarten?
Die Grundkonstruktion der ETFs eignet sich hervorragend, innovative Strategien rasch umzusetzen. Im vergangenen Jahr zum Beispiel haben sich die Volatilitäts-ETFs durchgesetzt. Für die Anlegerinnen und Anleger entstand damit eine neue Anlageklasse.
«Konsolidierungen wird es auch in der ETF-Branche geben»
In Zukunft sind bei der Abkehr von den traditionellen marktkapitalisierten Indizes hin zu den so genannten «Smart-Beta-Ansätzen» noch mehr Innovationen zu erwarten. Dabei werden gewisse Risikoparameter direkt in den Index aufgenommen, zum Beispiel die Volatilität oder die Korrelation zwischen Indexbestandteilen.
Bei den Banken wird mit erhöhtem Tempo konsolidiert. Gilt das auch für die ETF-Anbieter?
Konsolidierungen wird es auch in der ETF-Branche weitere geben. Zumal wegen der gestiegenen Zahl der Anbieter die Margen unter Druck sind. Das bedroht namentlich die kleineren und die Nischenanbieter. Derzeit verfüge ich allerdings über keine Informationen, dass ein ETF-Anbieter wegen seiner Profitabilität unter Druck ist.
«Lyxor hat europaweit Verkaufsleute angestellt»
Was strebt Lyxor 2013 in der Schweiz an?
Wir wollen unseren Service weiter verbessern und unseren Kundenstamm verbreitern. In allen Marktphasen, namentlich in den von Unsicherheit geprägten, bieten wir Ideen und Lösungen. Dazu nutzen wir vermehrt die Infrastruktur und das Research unseres Mutterhauses.
Viele Bankleute verlieren die Stelle, weil gespart werden muss. Wie steht es bei Ihnen?
Im Hinblick auf die höheren Anforderungen hat unser Mutterhaus schon 2011 das Kapital gestärkt. Davon profitiert nun auch Lyxor. Es gibt keine Personalentlassungen, im Gegenteil: Europaweit wurden im Verkaufsbereich Leute angestellt.
Roland Fischer ist Head of Lyxor ETF Switzerland & Liechtenstein bei Société Générale Corporate and Investmentbanking in Zürich. Er leitet seit Oktober 2011 das Schweizer ETF-Geschäft von Lyxor Asset Management.
Vorher war er bei db x-trackers, der ETF-Plattform der Deutschen Bank, in Frankfurt und Hongkong tätig. Fischer studierte an der Goizueta Business School und der Frankfurt School of Finance and Management mit einem Schwerpunkt auf Quantitative Finance.