Das ist eine Botschaft, welche die Schweizer Banken, ihre Kunden, Gläubiger und Obligationäre gerne hören: Auch dank einer robusten Wirtschaft sind die Aussichten für die Branche günstig. Für die Aktionäre von Banken könnte die Welt aber etwas anders aussehen.
Die Ratingagentur Moody's hat in einer Studie vom Mittwoch dem Schweizer Bankensektor einen stabilen Ausblick attestiert und rechnet für die kommenden 12 bis 18 Monaten mit einem insgesamt positiven Geschäftsumfeld. Moody's bewertet die Kreditqualität von 16 Schweizer Banken, auf die rund zwei Drittel aller Aktiven im Bankensektor entfallen.
Auf der Liste figurieren die drei systemrelevanten Institute UBS, Raiffeisen und die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Dazu kommen weitere grosse Kantonalbanken (Waadtland, St. Gallen, Bern), aber auch Vermögensverwalter wie Julius Bär, UBP, EFG, Vontobel und Pictet. Auch Regionalbanken (Valiant, Clientis) werden von Moody's bewertet, wobei die Ratingspanne (Frankenanleihen) von Aaa (ZKB) bis zu Ba1 (Banque de Commerce et de Placements und Banque Heritage) reicht.
Die Analysten stützen ihr Urteil auf die Analyse von sechs Schlüsselfaktoren.
- Geschäftsumfeld: 2025 und 2026 soll die Schweizer Wirtschaft um 1,5 bzw. 1,7 Prozent wachsen. Die Wirtschaft kann relativ gut mit den geopolitischen und weltweiten ökonomischen Herausforderungen umgehen, ein grosser Teil der Exporte (Pharma) reagiert kaum auf konjunkturelle Zyklen und Wechselkursschwankungen. Eine starke Konsumnachfrage stützt den inlandorientierten Sektor. Die tiefe Inflation bzw. der damit verbundene überschaubare Lohndruck hilft, die Wettbewerbsfähigkeit zu wahren.
- Qualität der Aktiven: Der Anteil der Problemkredite könnte leicht zunehmen, weil der Druck auf bestimmte exportorientierte und zyklische Branchen wächst, was zu mehr Unternehmensinsolvenzen führt. Positiv ist dagegen, dass die tieferen Zinsen die Kreditnachfrage der privaten Haushalte stimulieren und die Arbeitslosigkeit mit rund 2,5 Prozent bis 2026 stabil bleiben soll. Die Banken haben nur wenig Exposure bei unbesicherten Konsumentenkredite, und im Hypothekargeschäft verfügen sie über reichlich Sicherheiten. Auch der inländische Geschäftsliegenschaftenmarkt ist – anders als in anderen Ländern – stabil geblieben.
- Eigenkapital: Zwar werden das Kreditwachstum und die leichte Verschlechterung der Aktivenqualität zu einer moderaten Zunahme der risikogewichteten Aktiven führen. Insgesamt wird der Effekt auf die Kapitalkennzahlen aber begrenzt sein und zum grössten Teil dadurch kompensiert, dass robuste Geschäftsergebnisse es den Banken erlauben, das nötige Kapital selber zu erwirtschaften.
- Rentabilität: Die gesunkenen Zinsen haben bereits 2024 bei den meisten Banken zu einer Delle im Zinsgeschäft geführt. Der negative Effekt der Zinssenkungen auf die Margen der Banken wird 2025 noch stärker ausfallen. Steigende Gebühren und Einnahmen aus dem Kommissionsgeschäft können dies nicht kompensieren, insbesondere angesichts allmählich steigender Betriebskosten und Rückstellungen für Kreditausfälle. Zudem verschärft sich der Wettbewerb um Kundeneinlagen. Die Konsequenz: Die Gesamtkapitalrendite der Banken sinkt, auch wenn die Profitabilität insgesamt solid bleibt.
- Refinanzierung und Liquidität: Weiterhin profitieren die Banken von einer starken und stabilen inländischen Einlagenbasis. Zwar wächst die Kreditnachfrage, doch steht die Möglichkeit offen, dass sich Banken die Mittel dafür am Schweizer Pfandbriefmarkt beschaffen. Zudem halten die Banken grosse Liquiditätsreserven. Allerdings hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit verschiedenen Massnahmen (Zinssenkungen, Mindestreserve) das Halten von Liquidität auf den Girokonten (Sichtguthaben) weniger attraktiv gestaltet. Zudem sind die Liquiditätsanforderungen an systemrelevante Banken verschärft worden. Dafür steht die SNB im Notfall bereit, einer Bank Liquidität zu leihen, wobei das Instrumentarium dafür nach dem Fall Credit Suisse (CS) ausgebaut wird.
- Staatliche Unterstützung: Für Schweizer Banken gilt ein Abwicklungsregime (Resolution), in dem Aktionäre und Gläubiger bei einem Kollaps den grössten Teil der Verluste tragen müssen. Die Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Unterstützung für systemrelevante Banken wird weiterhin als mässig eingestuft. Die staatlich orchestrierte Übernahme der CS durch die UBS mit dem Abschreiber der Additional-Tier-1-Anleihen unterstützt diese Annahme.
Dass Moody's die Aussichten für den Schweizer Bankensektor insgesamt als stabil und damit als günstig einschätzt, ist eine gute Nachricht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Agentur naturgemäss die Perspektive der Gläubiger und Obligationäre einnimmt. Für Aktionäre von Banken kann die Welt 2025 und 2026 ziemlich anders aussehen – denn die Annahme, dass die Geschäftsergebnisse ansprechend ausfallen werden, ist nicht in Stein gemeisselt.
Worauf Bankaktionäre achten sollten
Für Aktionäre wird zum einen entscheidend sein, wie geschickt sich Banken in einem Umfeld bewegen, in dem das Zinsgeschäft weiterhin unter Druck steht und in dem womöglich aufgrund der schwächeren Finanzmärkte auch das Kommissionsgeschäft lahmen könnte. Und schaffen sie es, das Kostenwachstum in den Griff zu bekommen?
Zum anderen ist natürlich insbesondere für UBS-Aktionäre zentral, wie es mit der Verschärfung der Bankenregulierung, die diese Woche im Parlament beraten wird, weitergeht. Dabei steht viel mehr auf dem Spiel als bloss die Frage des Eigenkapitals.